Die Nervosität ist bei Gabriele Fritsch am Donnerstagmorgen (1.9.) der Freude gewichen. Die Schulleiterin der deutschen Schule Eurocampus begrüßte kurz nach 9 Uhr eine große Mehrheit der 111 Kinder und Jugendlichen, die gemeinsam mit ihren Eltern den Beginn des neuen Schuljahres feierten, in der Kirche auf dem Gelände. Kurz darauf betraten die Schüler dann erstmals ihre neuen Klassenzimmer. Der Eurocampus ist diesen Sommer vom früheren Standort in einer Villa in Palmas Stadtteil El Terreno auf das Areal des Franziskaner-Konvents La Porciúncula gezogen, nur einen Steinwurf vom Ballermann entfernt.

Den ganzen Sommer über wurde in der neuen Heimat des Eurocampus gehämmert und gestrichen, um einen seit einiger Zeit ungenutzten Flügel des Konvents für die Schüler herzurichten. Die Klassenzimmer sind inzwischen neu geweißelt, in den meisten müssen nur noch ein paar Schönheitsreparaturen zu Ende gebracht und die Tische und Stühle aufgestellt werden, die sich bereits alle in den Zimmern befinden und unter Plastikplanen abgedeckt sind. Gabriele Fritsch ist die Vorfreude auf den Beginn anzumerken. „Das ist ein Meilenstein für uns. Endlich haben wir den Platz, den wir brauchen, und so können wir in Zukunft problemlos deutlich wachsen."

Nachdem es zu Beginn der Wirtschaftskrise in den Jahren 2008 und 2009 einen dramatischen Einbruch gegeben hatte, verzeichnet die Schule inzwischen wieder stetig steigende Anmeldungen. Damals halbierte sich die Schülerzahl beinahe auf 54. Viele Eltern waren im Immobiliensektor tätig und ­konnten sich die bis zu knapp 8.000 Euro Schulgebühren pro Jahr nicht mehr leisten. Einige traten auch den Heimweg nach Deutschland an. Doch seit ein paar Jahren scheint beim Eurocampus die Krise überwunden zu sein.

Fritsch rechnet mit einem noch größeren Zulauf in den nächsten Jahren. „Hier haben wir Platz für an die 300 Schüler." Dazu müssten freilich noch ein paar mehr Klassenzimmer hergerichtet werden. Für das neue Schuljahr hat Fritsch erst einmal elf Klassenräume vorgesehen. Hinzu kommen ein Lehrerzimmer für die 16 Lehrkräfte, ein Verwaltungsbereich und ein eigener Kindergarten, in dem zurzeit rund 15 Kinder betreut werden, sowie ein zum Teil überdachter Schulhof.

Für den Sportunterricht können die Schüler die Einrichtungen der benachbarten halbstaatlichen Schule Col·legi La Porciúncula mitbenutzen, wo es unter anderem auch ein Freibad gibt. Auch mittags sollen die Kinder und Jugendlichen die paar Schritte hinüber ins ehemalige Konvent hinübergehen. Dort wird das Essen an Ort und Stelle zubereitet. „Das ist auf jeden Fall ein Qualitätssprung", sagt Fritsch.

Gestartet war das Projekt Eurocampus vor inzwischen 14 Jahren mit dem Kindergarten. Und zwar genau an dem Ort, wo Fritsch ab Donnerstag (1.9.) die Schüler begrüßen wird. Zu Beginn des Schuljahres 2002/2003 eröffnete die aus der Nähe von Köln stammende gelernte Erzieherin in dem Gebäude der Porciúncula den deutschen Kindergarten, der damals vier Räume umfasste. Pere Ribot Mestre, den ehemaligen Direktor des colegio concertado auf dem Gelände, hatte Fritsch bereits sechs Jahre zuvor kennengelernt. Die beiden verstanden sich von Beginn an bestens. Ribot nennt Fritsch eine „engagierte Träumerin" für ihre Projekte. Das habe ihm gleich gefallen.

Fritsch lebte damals in Binissalem, wo es eine private deutsche Schule gab, die ihre beiden Söhne besuchten. Die wurde dann aber Anfang der 90er-Jahre geschlossen, und mit ihr zu jener Zeit die einzige Möglichkeit für deutsche Eltern, ihre Kinder in ihrer Muttersprache zu unterrichten. Das störte die Kölnerin und sie begann mit den Planungen für eine eigene Schule. Bis aus den ersten Ideen Realität wurde, vergingen aber Jahre. Im Jahr 2000 gründete Fritsch den Schulverein und zwei Jahre später waren die ersten Kindergartenkinder da.

Inzwischen ist am Eurocampus auch das Abitur möglich, 2015 gab es die ersten beiden Absolventinnen, die im Verbund mit der Deutschen Schule in Barcelona hier auf der Insel ihre Prüfungen ablegen konnten.

Das neue Schuljahr beginnt am Donnerstagmorgen mit einer gemeinsamen Feierstunde von Schülern und Eltern in der Kirche. Danach startet bereits am selben Tag der Unterricht - elf Tage früher als an den spanischen Schulen. Damit die Kinder auch rechtzeitig kommen, hat Fritsch mit den Eltern einen Schulbus organisiert, der um 8 Uhr am Auditorium in Palma abfährt und nach Unterrichtsschluss um 15.15 beziehungsweise 16 Uhr wieder dorthin zurückfährt. Organisiert hat Fritsch soweit also alles. Fast alles: „Eigentlich wäre ich jetzt urlaubsreif, aber das kann ich meinen Lehrern und Schülern zum Start wirklich nicht antun."