Nach Jahren des Niedergangs, der Anfang 2013 in der Pleite des etwa 1.000 Mitarbeiter zählenden Reisekonzerns Orizonia gipfelte, laufen die Geschäfte im Parc Bit wieder deutlich besser. „Die positive Entwicklung begann im vorigen Jahr", sagt Pere Fuster, der Chef der für das Management des mallorquinischen Silicon-Winkels zuständigen Stiftung Parc Bit. „Von Juli 2015 bis jetzt hat sich die Zahl der Firmen um 17 Prozent erhöht."

In den zwölf ab dem Jahr 2000 zum Teil von namhaften Architekten in Gebirgsnähe zwischen Bäumen und Feldern errichteten Gebäuden nördlich von Palma wuseln inzwischen wieder etwa 2.000 Beschäftigte herum. So wie das vor 2009 der Fall war, als sich die spanische Wirtschaftskrise noch nicht vertieft hatte. „Jetzt gibt es im Parc Bit gut 140 private Firmen", weiß Pere Fuster.

Von diesen Unternehmen werden im Augenblick 34 noch finanzschwache Start-ups mit Subventionen der balearischen Landesregierung in einem sogenannten Inkubator unterstützt. „Wenn Jungunternehmer dort hinein wollen, müssen sie uns einen Erfolg versprechenden Geschäftsplan vorlegen", sagt Pere Fuster. Eine Prüfungskommission entscheidet dann über die Aufnahme (Einzelheiten zur incubadora siehe rechts).

Die Firma Travel Compositor etwa schaffte es in den vergangenen Jahren dank dieser staatlichen Unterstützung auf einen Jahresumsatz von mittlerweile rund zwei Millionen Euro. Und die ehemals in diesem Brutkasten gepäppelte Computerspielfirma Kitmaker mit inzwischen 200 Mitarbeitern will im Parc Bit sogar ein eigenes Gebäude beziehen.

Bereits im Bau ist ein staatlicher Forschungskomplex, der im kommenden Jahr eröffnet werden soll. Damit die positive Entwicklung in Mallorcas Silicon-Winkel anhält, hat die Landesregierung laut Pere Fuster erst jüngst 800.000 Euro bereitgestellt, um Jungunternehmer bei der Schaffung von Arbeitsplätzen zu unterstützen. „Und in den nächsten drei Jahren soll noch eine Million Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt werden." Damit sollen die Wartungskosten des Parc Bit mitbezahlt werden, die momentan noch die privaten und öffentlichen Besitzer der Gebäude allein begleichen müssen.

Die Landesregierung will den Parc Bit zudem international bewerben, um Firmengründer aus dem Ausland ­anzulocken, und auch die Stiftung selbst stärker finanziell unterstützen, damit sie zunehmend in Eigenregie agieren kann.

„Wir entwickeln hier im Parc Bit im Auftrag der Landesregierung zum Beispiel gerade ein Big-Data-Projekt, mit dem weltweit sämtliche Tweets mit Balearen-Bezug erfasst werden sollen", sagt Pere Fuster. „Das Tourismusministerium will halt wissen, was die Leute denken."

Wireless DNS: das Netzchaos im Griff

Das im Juli 2014 gegründete Start-up betreut Handynetzbetreiber in aller Welt. „Solche Netze sind chaotische Systeme", weiß Gründer José Mañas Jiménez, der in einer Garage in Marratxí anfing. „Unsere Telekommunikationsingenieure weisen die Kunden zum einen darauf hin, wo gerade ein Kollaps drohen könnte, und stellen ihnen zum anderen Software zur Verfügung, die das Chaos-Niveau misst."

Dick im Geschäft ist Wireless DNA derzeit in Mexiko, wo 20 Mitarbeiter tätig sind. Von Mallorca aus betreut man auch Handynetze in Peru und Costa Rica. Die Mitarbeiter in Palma verfolgen das dortige ­Geschehen auf den großen Bildschirmen; ihr Büro erinnert ein wenig an die Kommandobrücke des Star-Trek-Raumschiffs. Im Parc Bit und mittels Homeoffice vom spanischen Festland aus arbeiten derzeit 15 Beschäftigte für die Firma. José Mañas setzt bewusst auf eine Vermählung von Arbeit und Vergnügen. Deshalb findet sich im Büro neben futuristischen Sesseln auch grüner Kunstrasen. „Wir wollen Leute provozieren, die anders als wir gestrickt sind." Wireless DNA wächst so explosionsartig wie kaum eine andere Insel-Firma. „2017 wollen wir eine Personalstärke von 100 Mitarbeitern erreichen", sagt José Mañas.

Travel Compositor: Schnell mal eine Reise gebucht

Die weiterhin von der Landesregierung bezuschusste Firma hat sich mit ihren inzwischen 20 Mitarbeitern darauf spezia­lisiert, Reisebüros und andere Unternehmen der Tourismusbranche mit der Software eines neuartigen Reservierungssystems zu beliefern. „Unsere Kunden können damit besonders schnell komplexe Reisepakete für ihre Kunden zusammenstellen", sagt Vertriebsleiter Marcelo Bresin. „Früher musste man dafür mühevoll unterschiedlichste Websites abgrasen." Die vor zwei Jahren unter der Leitung von Gründer Manuel Aragonés zur Marktreife gebrachte Idee ist inzwischen schon mehrfach ausgezeichnet worden. Im vergangenen Jahr erhielt die Firma den von der Bank La Caixa Bank und dem balearischen Tourismusministerium gestifteten „Premio Emprendedor XXI". Auch der in Madrid verliehene „South Summit"-Preis ging dieses Jahr an das Mallorca-Start-up. Auch an Aufträgen mangelt es nicht, und so kann Travel Compositor weiter expandieren: „Wir stellen derzeit fast jede Woche einen zusätzlichen Informatiker ein", sagt Marcelo Bresin

Lipopharma: Neue Mittel gegen Tumore

Pablo Escribá ist ein alter Parc-Bit-Hase. Der auch an der Balearen-Universität wirkende Molekular-Biologe arbeitet schon seit Jahren in dem 2002 gegründeten pharmazeutischen Labor Lipopharma, das 15 Beschäftigten Arbeit gibt und dem er inzwischen vorsteht. Ein großer Coup der bei Lipopharma arbeitenden Biologen, Biochemiker, Pharmazeuten, Mediziner und Chemiker ist ein Mittel namens Minerval, an dem man schon seit Anfang der 90er forscht, das sich aber noch im klinischen Versuchsstadium befindet und - wie inzwischen festgestellt wurde - bösartige Gehirntumore bekämpft. „Minerval ist allerdings noch nicht marktreif", so Pablo Escribá. Ebenfalls Erfolg versprechend ist eine von Lipopharma hergestellte Substanz namens HDHA, die aus Fischöl gewonnen wird und das Fortschreiten von Alzheimer erwiesenermaßen bremsen kann. Lipopharma verdient anders als viele Firmen im Parc Bit nicht aus sich heraus Geld, sondern kann nur dank der Unterstützung durch private und staatliche Geldgeber weiterexistieren.

Der Inkubator: Erste Hilfe für die Jungunternehmer

Einer der Leiter des Inkubators im Parc Bit ist David Bustos. Die Aufgabe des Telekommunikationstechnikers besteht unter anderem darin, im von der Stiftung betriebenen Großraumbüro Firmengründern Internetanschlüsse und Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen und ihnen mit Rat und Tat in Computerfragen zur Seite zu stehen. David Bustos schätzt auch die Zukunftsträchtigkeit von Projekten ein und hilft den Jungunternehmern bei der internationalen Vernetzung.

Die Firmengründer können in einer ersten Phase höchstens ein Jahr lang die Arbeitsplätze und anderen Annehmlichkeiten im Großraumbüro nutzen. Schaffen sie es, etwas Vielversprechendes auf die Beine zu stellen, beginnt die zweite Phase. Diese dauert bis zu drei Jahre und wird ebenfalls von David Bustos und weiteren Kollegen beaufsichtigt. Die emprendedores bekommen dann 50 bis

60 Quadratmeter große Büroräume zur Verfügung gestellt, für die sie lediglich geringe Mieten zwischen 100 und 150 Euro im Monat zahlen müssen.

Karmaklub: Geld sparen und Gutes tun

Erst im August hat das fünfköpfige Team um Jaime Mota und Paula Girart die App Karmaklub auf den Markt gebracht. „Wer in Palma beim Einkaufen oder Essen mindestens 20 Prozent sparen will, sollte sie sich herunterladen", sagt Paula Girart, die in dem Start-up für das Marketing zuständig ist. Es gibt die App sowohl für IOS als auch für Android-Geräte. „Gewinn machen wir durch einen monatlichen Beitrag von 3,90 Euro, die jeder Nutzer zahlen muss." Der Witz des Ganzen ist, dass man einen Teil der gesparten Summe einer wohltätigen Organisation zukommen lassen kann - derzeit Aspanob (Kinderkrebs-Hilfe), Alas (Aids) und Sonrisa Médica (Krankenhaus-Clowns).

„Dadurch kann man sein Karma verbessern." Mehr als 30 Unternehmen - darunter Friseure, Restaurants, Bekleidungsgeschäfte und Veranstaltungslokale - machen inzwischen mit. Karmaklub ging aus dem weiterhin bestehenden, vor zweieinhalb Jahren gegründeten Start-up imotics hervor. „Mit imotics entwickeln wir weiterhin Apps für Gemeindeverwaltungen", sagt der Tele­kommunikationsingenieur Jaime Mota.

Mallorca Golf Tours: Skandinavier aus der Kälte anlocken

Bereits 2013 witterte der aus Madrid stammende Wirtschaftswissenschaftler Felipe Marciel seine Geschäftsnische: „Komplett organisierte Golfreisen an Skandinavier verkaufen." Im Mai 2014 eröffnete er sein Online-Reisebüro Mallorca Golf Tours. Das Geschäft laufe inzwischen bestens, die gut gebuchten Monate seien März, April, Juni, Oktober und November.

Marciel betreibt sein Start-up-Unternehmen ganz allein mit Manuel Aragonés, dem Gründer von Travel Compositor. Dem war aufgefallen, dass die Menschen aus dem monatelang kalten und dunklen Nordeuropa in der Nebensaison zwar zunehmend nach Mallorca strömten, für sie aber noch kein Angebot für Golfreisen existierte. Und das, obwohl es so viele Golfplätze auf der Insel gibt. Ohnehin würden die Balearen anders als etwa die Kanaren nicht groß dafür werben, so Marciel. Der sah für sich seine Chance, da allein in Schweden bei nur 9 Millionen Einwohnern 500.000 Menschen Golf spielen. „In Deutschland gibt es dagegen bei 82 Millionen Menschen nur 800.000 Golfspieler."