Anmerkung: Der Artikel erschien erstmals im Juni 2017

„Wenn du Mitglied im Raucherclub werden willst, dann musst du von einem anderen Mitglied geworben werden", sagt Onofre (Name wurde von der Redaktion geändert) am Telefon kurz angebunden. Der Gründer eines Coffeeshops in Palma lässt sich überzeugen, ein Interview zu geben und der MZ den Club zu zeigen. „Aber ohne Namen und Fotos! Ich brauche keine Werbung." Die clubes de fumadores agieren in einer rechtlichen Grauzone. Sie bauen für ihre Mitglieder Cannabis an und verteilen dann das Marihuana im Club. Zudem gestatten sie das Kiffen in den eigenen Räumen.

Preise auf dem Schwarzmarkt zu teuer

Vor drei Monaten hat der 23-jährige Onofre mit seinem Bruder und einer Gruppe von Freunden den Club gegründet. „Die Preise auf dem Schwarzmarkt waren mir mit 10 Euro pro Gramm viel zu hoch", sagt er. „Und die beiden anderen Coffeeshops in Palma haben kein gutes Gras."

Der erste Schritt war die Kontakt­aufnahme zu David Rabé. Er ist der Koordinator auf den Balearen des spanienweiten ­Cannabis-Verbandes FAC und kämpft seit Jahren für die Legalisierung von Marihuana. 30 Coffee­shops betreut er auf Mallorca. „Er hat uns erklärt, wie wir den Club als Verein eintragen lassen und die Mit­gliedschaft regeln." Onofre und seine Freunde haben zusammengelegt und ein Lokal angemietet. Der Eigentümer habe mit dem Club keine Pro­bleme. Auch die Eltern der Brüder wüssten über die Aktivitäten ihrer Söhne Bescheid. „Eines Tages werden sie sich daran gewöhnen", weicht Onofre auf die Frage aus, ob sie es gutheißen.

Sind die Kifferclubs erlaubt?

Da es auf der Insel keine klare Gesetzgebung zu den Raucherclubs gibt, richtet sich der 23-Jährige nach den Regeln von Barcelona. In der katalanischen Hauptstadt sind die Kiffervereine seit einem Jahr gesetzlich anerkannt. Die Bedingungen: Die Mitglieder sind mindestens 18 Jahre alt und müssen eine Wartezeit von zwei Wochen vor Beginn der Mitgliedschaft durchlaufen. Damit sollen Touristen aus den Clubs ausgeschlossen werden. Außer Marihuana dürfen keine weiteren Rauschmittel angeboten werden. „Besonders wichtig ist, dass wir als Verein keine Gewinne erwirtschaften", sagt ein Deutscher, der bei Onofre Mitglied ist.

So sieht es im Kifferclub aus

Die neongrün leuchtenden Fenster des Clubs sind nicht wirklich dezent, ein Name ist draußen aber nicht zu lesen. Nur an einem kleinen Zettel stehen die Öffnungszeiten: 11 bis 22 Uhr in der Woche, Samstag und Sonntag ab 13 Uhr. Bereits in dem kleinen Vorraum riecht es stark nach Marihuana. An einem Arbeitsplatz werden die Mitglieder registriert. 10 Euro kostet die Einschreibung, 15 Euro der Mitgliedsbeitrag für drei Monate.

Hinter einer Schiebetür geht es in einen Gemeinschaftsraum. Etwa ein Dutzend junger Leute lümmelt auf Liegen und Sofas - und kifft. Im Hintergrund läuft leise Lounge­musik. Über eine Wendeltreppe geht es in den Keller. Farbeimer und Abdeckfolie stehen noch in einer Ecke. Ein Billardtisch füllt den Raum aus. Drei weitere Zimmer grenzen an: eines mit Kickertisch, eines mit Fernseher samt Spielekonsole und eines mit Sofas. „Hier probt wöchentlich eine Band", sagt Onofre.

Das kostet das Marihuana

Wir gehen wieder nach oben in einen kleinen Nebenraum des Gemeinschaftszimmers. Unter einer gläsernen Theke liegen auf Schälchen mehrere Klumpen Marihuana. Sie sind mit Schildern beschriftet: Amnesia Haze, Special Queen oder Northern Lights. White Widow sei das beliebteste Gras im Club, sagt Onofre. An einer Tafel an der Wand stehen die Preise. Sie rangieren zwischen 4,50 und 6 Euro das Gramm. Neben Marihuana gibt es hier auch Feuerzeuge, Papers, Getränke und Snacks zu kaufen. „Eines der Highlights ist die Cannabis-Creme für 10 Euro. Sie heilt kleine Wunden besser als Aloe vera", sagt Onofre.

Mit den Einnahmen werden die Unkosten - Miete, Strom, Wasser - gedeckt sowie der Cannabis-Anbau der Mitglieder finanziert. Im Gegensatz zu anderen Clubs verfügt der Verein von Onofre über keine eigene Plantage und kauft auch nicht auf dem Schwarzmarkt ein. „Wir haben ein uneigennütziges System. Manche Mitglieder haben die Möglichkeit, die Cannabis-Pflanzen zu Hause anzupflanzen, die versorgen dann den ganzen Club." Diese Mitglieder erhalten von Onofre Erde und Samen, die er in den Grow Shops erwirbt. Die Polizei duldet den Anbau von Cannabis für den Eigenbedarf. Als Mitglieder des Clubs dürfen die Cannabis-Züchter stellvertretend für die anderen mitanbauen. Besonders wichtig ist Onofre die Qualität. „Wir sortieren kranke Pflanzen aus oder stellen Mittel zur Verfügung, um Schädlinge zu bekämpfen", sagt er. „Auf dem Schwarzmarkt macht das niemand, da es die Gesamtmenge verringert und die Einnahmen schmälert. Das schlechte Marihuana kann dann die Lunge schädigen."

25 Gramm pro Woche ist das Maximum

Auf einer Liste hält Onofre fest, wer wie viel Marihuana kauft. 25 Gramm die Woche sind das Limit pro Mitglied. „Das schafft keiner. Unser Rekord liegt bei 15 Gramm." Das Einkaufslimit soll verhindern, dass das Gras teuer weiterverkauft wird.

Während Onofre hinter dem Tresen sitzt und auf einer Waage die Mengen abmisst, klingelt es alle paar Minuten. Auf einem kleinen Bildschirm der Gegensprechanlage kontrolliert er die Neuankömmlinge. Es sind durchgehend junge Leute. Doch die Altersstruktur der aktuell etwa 125 Mitglieder sei gemischt, meint Onofre. „Unsere älteren Mitglieder mögen es nicht, gesehen zu werden. Sie kommen meist tagsüber, versorgen sich schnell mit Gras und verschwinden wieder."

Ausflug auf den Schwarzmarkt

Es ist 22 Uhr. Die Brüder sperren den Club ab. In einer Bar nebenan sitzen ein paar ältere Herrschaften. Man grüßt sich freundlich. Zum Abschluss der Cannabis-Tour zeigt Onofre noch den Schwarzmarkt. Wir fahren durch Corea, einer der sozialen Brennpunkte in Palma. „Hier baut fast jeder Cannabis an. Wenn du an diese Tür klopfst, kommst du in eine Art Marihuana-Supermarkt", sagt Onofre und deutet auf ein Haus. Mit dem Reporter hineingehen will er nicht.

Wir fahren weiter nach Son Banya. „Im FAN gibt es Klamotten, bei Mercapalma Gemüse und direkt dahinter Drogen", sagt Onofre. Während im Einkaufszentrum und auf dem Areal des Großmarktes kaum noch ein Licht brennt, tobt das Leben im Elendsviertel. Mehrere Autos fahren die einzige, von Schlaglöchern übersäte Straße der Barackensiedlung entlang. „Halt bloß nicht an", sagen die Brüder leicht panisch. Ab und zu seien sie hier gewesen, um kleine Mengen Marihuana zu testen. Es sei aber das Geld nicht wert. „Dafür gibt es hier das beste Kokain der Insel."

Junge Männer laufen über die Straße und schauen uns hinterher. Wir fahren an Frauen und einer Gruppe spielender Kinder vorbei. Am Ende der Straße biegen wir um einen Block und manövrieren uns in einen Hinterhof. Abgefackelte Autos stehen herum, ein kleiner Hund bellt unentwegt. Wir wenden und verlassen fluchtartig das Drogendorf. Dass man als Cannabis-Liebhaber hier nicht ­einkaufen mag, ist verständlich. Im Raucherclub geht es auf jeden Fall entspannter zu.