Das Taxigewerbe auf Mallorca steht vor einer Zeitenwende, da ist sich Pau Arias (53) ganz sicher. Der Mallorquiner hat sich vor 15 Jahren eine der rund 200.000 Euro teuren und raren Taxilizenzen gekauft und ist seitdem als selbstständiger Fahrer in Palma unterwegs. Wir treffen ihn auf einen Kaffee am Hotel Meliá Bay in Palma, um mehr über das Leben eines Taxifahrers auf Mallorca zu erfahren. Der Taxameter hat er ausgemacht.

„Ich war 38 als ich eine Veränderung in meinem Leben brauchte, vorher habe ich als Verkäufer Supermärkte beliefert", sagt er. Das Geld für die Lizenz hat er sich von der Bank geliehen, als Sicherheit dient sein Haus, in dem er mit seiner Frau und der gemeinsamen Tochter wohnt. Bereut hat er die Kaufentscheidung nicht, auch wenn er wenig Zeit für seine Familie hat.Im Takt des Taxameters

„Das Leben eines Taxifahrers dreht sich um diese kleine Maschine im Fahrerraum", sagt Arias und zeigt auf den Taxameter. Im Sommer kann er ihn ab sechs Uhr morgens aktivieren, dann beginnt die Uhr zu laufen. 16 Stunden hat Arias dann Zeit, um Geld einzufahren. Bei Pausen deaktiviert er das Gerät, nach 16 Stunden schaltet der Fahrpreisermittler in einen achstündigen Ruhemodus. „Das ist die vorgeschriebenen Erholungspause", sagt Arias.

16 Stunden fahren, das sei schon der Wahnsinn. Darum teilen sich einige der 1.246 Taxifahrer in Palma das Auto. „Es gibt drei Typen von Fahrern", sagt Arias. „Die Selbstständigen, die wie ich ganz allein arbeiten." Etwa 800 handhaben das so. „Dann gibt es rund 450 Selbstständige, die sich ihr Taxi mit einem Verwandten oder Angestellten teilen." Die angestellten Fahrer fallen in die dritte Gruppe.

„Jede Gruppe hat andere Inte­ressen", sagt Arias. Ab und an käme es zu Diskussionen, wobei der Zusammenhalt insgesamt sehr groß sei. Das möge er an seinem Job und dass er mit vielen Leuten reden kann und immer wieder neue Orte auf der Insel kennenlernt. Wie die meisten selbstständigen Fahrer ist Arias Mitglied in der größten Vereinigung der Taxifahrer, der Asociación Sindical de Autónomos del Taxi de Mallorca. Es gibt noch zwei weitere dieser gewerkschaftsartigen Zusammenschlüsse, sie alle kämpfen derzeit gegen einen gemeinsamen Feind: Uber (Mehr dazu lesen Sie im E-Paper).

Kommentar: Vereinheitlicht die Lizenzen zum Taxifahren auf Mallorca

Noch gibt es den Fahrdienstvermittler nicht auf der Insel, aber: „Wir bereiten uns darauf vor", sagt Pau Arias. Die Taxifahrer planen, gemeinsam eine Applikation für mobile Endgeräte herauszugeben, in der alle Taxis auf Mallorca erfasst sind und über die man künftig die Wagen rufen kann. „Im Sommer kommt die Taxi-App", sagt Arias, der ein leitendes Mitglied der Taxi­gewerkschaft ist und mit deren Präsidenten Gabriel Moragues um die Umsetzung der App kämpft.

Vier Taxizentralen

Gegen das neue System sträuben sich vor allem die Taxirufgesellschaften. Vier große Zentralen gibt es in Palma: Radio Taxi, Taxis Palma Radio, Fono Taxi und Tele­taxi. „Zu viele", sagt Arias. „Sie haben zum Teil eigene Applikationen, Rufnummern und verdienen an der Vermittlung." Dazu teilen sich die Taxirufe die 68 festen Haltestellen in Palma, die Platz für 409 Wagen bieten.

Bis vor einigen Monaten hat auch Arias den Dienst einer dieser Zentralen in Anspruch genommen. „Wenn man dort als Kunde anruft, ermitteln sie die Haltestelle in der Nähe des Anrufers und schicken einen Wagen los." Mittlerweile geht Arias selbst auf Kundenfang, um die bis zu einstündigen Wartezeiten an den Haltestellen zu vermeiden.

Im Winter zwei Schichten

Jetzt im Winter ticken die Uhren sowieso anders. Es gibt zwei feste Schichten, in denen gefahren wird. „Man kann von 14 Uhr bis zwei Uhr nachts arbeiten oder umgekehrt", sagt Arias. Er zieht die Tagesschichten vor, da sind weniger Betrunkene unterwegs. „Die beiden ­größten Ärgernisse für einen Taxifahrer sind Betrunkene, die in den Wagen kotzen, oder nasse Strandbesucher, die einen den Sand ins Auto bringen." Ansonsten gebe es wenig Zwischenfälle auf der Insel, ab und zu will ein Kunde nicht zahlen, dann rufe er die Polizei.

Taxifahren sei vor allem ein Glücksspiel. „Du fragst dich jeden Tag aufs Neue, wo sind die Kunden?" Fehlendes Glück müsse man mit zusätzlichen Stunden hinter dem Steuer ausgleichen.Fahrt zum Flughafen

Arias könnte auch zum Flughafen fahren, wo es immer Kunden gibt. Dafür sind dort aber auch die Wartezeiten länger. Und dann will der Kunde vielleicht nach Arenal, und er verdient nur 15 Euro. Die Zuschläge (siehe Kasten) würden das nicht aufwiegen. Ebenso wenig große Flug­hafen-Touren, die etwa bis nach Alcúdia gehen. Arias rechnet vor: „Eine Stunde warten, eine Stunde nach Alcúdia fahren, eine Stunde Rückweg sind drei Stunden - und man verdient 60 Euro. Das ist angesichts der Zeit wenig besser als eine Fahrt an die Playa." Auf dem Rückweg aus den anderen Gemeinden ist es in der Regel nicht erlaubt, neue Fahrgäste mitzunehmen.

„Die Leute denken, wir verdienen viel, aber das stimmt nicht. Ich muss im Schnitt doppelt so lange arbeiten wie ein normaler Angestellter, um auf das gleiche Gehalt zu kommen." Auch mit den Regentagen sei das so eine Sache. Zwar stimme, dass dann mehr Leute ein Taxi nehmen, aber es bildeten sich auch Staus in der Stadt oder auf dem Weg zum Flughafen. „Da braucht man dann eine Stunde hin und eine Stunde zurück." Ein weiteres Problem sei, dass die Taxirufe bei Regen nicht mit den Bestellungen hinterherkommen. „Dabei gibt es Taxis genug", sagt Arias. Auch hier sei eine App die Lösung. Und was machen dann die Taxi­zentralen? „Die werden sich anpassen müssen", prophezeit Arias.

Lesen Sie im E-Paper, wie die Taxifahrer gegen Uber kämpfen