Ausgerechnet die sozialistische Regierung schaffte 2007 eine Steuer ab, die nun unter dem Spitznamen „Reichensteuer" neu eingeführt wird. Wir haben drei Sachverständige gebeten, die wichtigsten Aspekte für Deutsche mit Besitz auf Mallorca aufzuschlüsseln: Armin Reichmann (Dr. Reichmann Rechtsanwälte), Alejandro del Campo (DMS Consulting) und Willi Plattes (European Accounting).

Im Grunde wurde die impuesto sobre el patrimonio nie abgeschafft, sondern seinerzeit lediglich eingeschläfert, indem der Gesetzgeber einen hundertprozentigen Nachlass einführte. Dieser Kniff hat der Regierung nun erlaubt, die Steuer per Dekret zu reaktivieren. Allerdings steigt der Steuerzombie in anderer Gestalt aus seinem Grab und soll laut Verordnung zunächst auch nur zwei Jahre lang sein Unwesen treiben: 2011 und 2012.

Die wichtigsten Veränderungen: Diesmal werden nur jene zur Kasse gebeten, deren Vermögen mehr als 700.000 Euro beträgt, wobei vom Wert einer als Hauptwohnsitz genutzten Immobilie für die Berechnung 300.000 Euro abgezogen werden dürfen. Die Latte wird damit gegenüber 2007 deutlich angehoben. Der alte Freibetrag betrug nur 108.000 Euro (auf den Balearen 120.000 Euro).

Der Steuersatz bewegt sich zwischen 0,2 Prozent bis zu einem Höchstsatz von 2,5 Prozent (ab 10.696.996,06 Euro). Spanische Steuerbürger müssen den gesamten Besitz an Gütern und Rechten deklarieren, egal wo sich diese befinden. Wer bei dieser Berechnung auf über zwei Millionen Euro kommt, muss in jedem Fall eine Erklärung einreichen, selbst wenn darunter steuerbefreite Werte fallen (wie Anteile an wirtschaftlich tätigen Unternehmen) und sich am Ende als Steuersumme Null ergibt. Alle anderen müssen die Erklärung nur einreichen, wenn eine Steuer abzuführen ist, also ab 700.000 Euro ­Bemessungsgrundlage.

Für die Anrechnung einer Immobilie wird laut Alejandro del Campo jeweils der höchste der folgenden drei Werte herangezogen: Katasterwert, Anschaffungswert oder der vom Finanzamt geschätzte Wert, so vorhanden. Eine Regelung übrigens, die zu grotesken Ungleichheiten führen kann.

Bei Nichtresidenten – also zum Beispiel deutschen Steuerbürgern – kann die Sache noch komplexer werden, weil auch das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Spanien und Deutschland zu berücksichtigen ist. Letzteres hat, wie Willi Plattes betont, stets Vorrang vor nationalem Recht.

Zwei Fragen sorgen für Diskussion. Eine betrifft spanische Bankguthaben deutscher Steuerbürger. In manchen Veröffentlichungen wurde behauptet, diese fielen unter die spanische Vermögenssteuer, was die befragten Experten unter Bezug auf Artikel 22 des Doppelbesteuerungsabkommens verneinen. Reichmann rät Nichtresidenten dennoch, bei einem spanischen Immobilien- und Geldvermögen von über 700.000 Euro eine Erklärung einzureichen und darin auf die Steuerbefreiung der Bankguthaben laut Doppelbesteuerungsabkommen hinzuweisen, um auf Nummer sicher zu gehen.

Unterschiedliche Auslegungen gibt es auch in der Frage des spanischen Immobilienbesitzes von Nichtresidenten. Alejandro del Campo vertritt die Meinung, dass in diesem Fall eine formale Frage darüber entscheidet, ob zum Beispiel für eine 5-Millionen-Villa Vermögenssteuer erhoben wird oder nicht. „Ist der Nichtresident direkter Besitzer, wird die Steuer fällig. Steht dasselbe Objekt im Besitz einer sociedad patrimonial, einer Vermögensgesellschaft, die ihrerseits dem Nichtresidenten gehört, wird die Steuer nicht fällig."

Willi Plattes hingegen weist darauf hin, dass es zu diesem Thema unterschiedliche Expertenmeinungen gibt. Aus Gründen der Rechtssicherheit will der Inhaber der Buchhaltungs- und Steuerberatungsfirma European Accounting bei den Finanzbehörden nun eine verbindliche Auskunft in dieser Sache einholen.

Im Mittelpunkt der Diskussion steht der Artikel 22 des geltenden Doppelbesteuerungsabkommens, in dem alle Vermögenswerte aufgezählt werden, die in jenem Staat besteuert werden können, in dem sie sich befinden, beispielsweise Immobilien. Die Liste dieser Werte ist jedoch kurz, und der Absatz 4 besagt wörtlich: „Alle anderen Vermögensteile einer in einem Vertragstaat ansässigen Person können nur in diesem Staat besteuert werden."

Die Liste der Vermögenswerte, die im Land des Standortes besteuert werden, könnten jedoch mit dem neuen, bereits unterzeichneten, aber noch nicht vom Bundestag verabschiedeten Doppelbesteuerugsabkommen um einen entscheidenden Punkt erweitert werden: die vermögenshaltenden Gesellschaften. Das neue Abkommen wird jedoch frühestens per 1.1.2013 wirksam. Genau dann also, wenn die Vermögenssteuer eigentlich wieder in den Tiefschlaf versetzt werden soll.

Darauf würde Willi Plattes kein Geld setzen, seiner Ansicht nach besteht durchaus die Möglichkeit, dass der klamme spanische Staat die Steuer nicht wie geplant Ende 2012 „sterben lässt", obwohl PP-Wirtschaftschef Cristóbal Montoro dies angekündigt hat.

Einige praktische Aspekte hängen noch in der Luft. So werde die Frist für die Vorlage der Steuererklärung wohl erst im Frühjahr bekannt gegeben, sagt del Campo. Sollte die Abgabefrist mit 30. Juni festgelegt werden, was wahrscheinlich sei, dann bleibt nur ein relativ kurzer Zeitraum, um die Erklärung vorzulegen.

Willi Plattes rät in jedem Fall, den Vermögensstand per 31.12.2011 frühzeitig zu ermitteln und die entsprechenden Belege zu sammeln. Denn die Bemessungsgrundlage der Vermögenssteuer wird genau auf den Stichtag, das ist der 31.12. des entsprechenden Jahres, festgesetzt.

Wichtiger Nachtrag: Zuständig für die Erhebung und Eintreibung der Vermögenssteuer sind die autonomen Regionen. Zwar ist schwer vorstellbar, dass irgendeine comunidad autónoma auf diese Einnahmequelle verzichtet, doch theoretisch besteht die Möglichkeit. Die Balearen-Regierung hat signalisiert, dass die Regelungen unverändert übernommen werden. Reichmann traut dem Frieden nicht, er argwöhnt, dass Ministerpräsident Bauzá mit einer Absenkung des Freibetrags liebäugelt. Nichtresidenten wáren davon aber nicht betroffen. Für sie gelten unabhängig vom Standort des Besitzes in jedem Fall die Regelungen der Zentralregierung in Madrid.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 17. November (Nummer 602) lesen Sie außerdem:

- Fallbeispiel: So ungerecht kann Steuerrecht sein

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