Von Thomas Zapp Die Trainer: umstritten versus beliebt

Spaniens Coach Aragonés hat zwar eine ausgezeichnete Länderspielbilanz vorzuweisen (31 Siege bei 4 Niederlagen in 46 Spielen), ist aber nicht beliebt. Er gilt als launisch, streitbar, nach einem abfälligen Spruch gegenüber einem schwarzen Spieler haftet ihm sogar das Image eines Rassisten an. Nachdem er nach der Niederlage im EM-Qualifikationsspiel gegen Nordirland im November 2006 Stürmerlegende Raúl aus dem Kader strich, ging der mediale Protest so weit, dass der Trainer und der Stürmer eine gemeinsame Pressekonferenz veranstalten mussten, auf der sie sich ihres gegenseitigen Respekts versicherten. Zuletzt zeigte sich der medienscheue Aragonés im beliebten TV-Format „Tengo una pregunta para usted" („Ich habe mal eine Frage an Sie"), zu der normalerweise Politiker eingeladen werden. „In Spanien wird nichts mehr respektiert, und das geht bis zur persönlichen Beleidigung", wetterte der 70-jährige Trainer-Senior. „Mein Ansehen wird von Leuten beschädigt, die mich nicht einmal kennen." Für Aragonés ist nach der EM definitiv Schluss. Schon vor dem ersten Anpfiff steht fest, dass ihn der ehemalige Real-Madrid-Coach Vicente del Bosque auf dem Trainerstuhl nachfolgen wird.

Vor dem Turnier den Nachfolger bekannt zu geben, wäre in Deutschland undenkbar. Joachim „Jogi" Löw (14 Siege und 2 Niederlagen in 19 Spielen) gilt als Gentleman und profitiert vom Sympathiebonus als Trainerassistent von Jürgen Klinsmann bei der begeisternden WM 2006. Falls er Wackelkandidat Kevin Kuranyi nicht nominieren sollte, zöge er sich maximal den Zorn der Schalke-Anhänger zu.

Bekanntgabe: Routine versus PR-Gag

Die Nachfrage beim spanischen Verband, ob die Verkündung des Kaders wie in Deutschland auf dem höchsten Berg Spaniens stattfinden würde, sorgte für Heiterkeit bei Pressesprecherin Paloma Antoranz. „Wir machen das in der Ciudad del Fútbol, wo sonst?" Voraussichtlich wird die Bekanntgabe am 16. Mai stattfinden. Das Sportzentrum des spanischen Verbandes RFEF liegt 20 Minuten von der Hauptstadt Madrid entfernt. Dort gibt es fünf Plätze, eine Mehrzweckhalle, ein Wohnheim für die Spieler, Ausbildungsräume und eine medizinische Abteilung. Vermutlich wird ein grimmiger Aragonés den Kader vor dem Wappen des spanischen Fußballverbands vorlesen. Gute Chancen, genannt zu werden, hat Mallorcas Dani Güiza, momentan der beste spanische Torschütze der Liga.

Joachim Löw wird dagegen spektakuläre Aussichten auf die Alpen genießen. Er wird den Kader ebenfalls am 16. Mai in fast 3.000 Metern in der gläsernen Panoramalounge auf der Zugspitze bekannt geben. Mit dabei sein wird auch Teammanger Oliver Bierhoff.

Vorbereitung: Madrid versus Mallorca

Die spanischen Spieler werden sich ab dem 26. Mai in der Ciudad del Fútbol einfinden und dort bis zur Abreise nach Österreich bleiben. Spanien bestreitet am 31. Mai in Huelva ein Testspiel gegen Peru, am 4. Juni in Santander gegen die USA. Wie ­Paloma Antoranz versichert, sind die meisten Trainingseinheiten öffentlich. Es gebe auch Einheiten unter Ausschluss der Öffentlichkeit, aber das sei die Ausnahme.

Anders bei den Deutschen. In ihrem Trainingslager auf Mallorca werden öffentliche Trainingseinheiten im Ono-Stadion die Ausnahme sein. Auch die letzten Testspiele vor der Anreise in die Schweiz (voraussichtlich am 3. Juni) werden nicht auf der Insel stattfinden: Am 27. Mai fliegt die Mannschaft für 36 Stunden nach Deutschland, um in Kaiserlautern gegen Weißrussland zu spielen, am 31. Mai geht es in Schalke gegen Serbien. Anschließend ruhen die Kicker zwei Tage bei ihren Familien aus.

Wohnen: Feudal versus rustikal

Die Spanier werden in den österreichischen Skiort Neustift im Stubaital fahren. Im Milderer Hof (vier Sterne) rechnet man ab dem 1. Juni mit der selección, der genaue Anreisetag werde noch bekannt gegeben, heißt es. Die Spanier setzen auf rustikale Gemütlichkeit, mit viel Holz und hohem Erholungsfaktor, zum Beispiel in der „Wellness-Oase Marienbad". Die Zimmerpreise sind mit 85 Euro aufwärts noch relativ moderat im Vergleich zur deutschen Herberge.

Die DFB-Elf wohnt eines angehenden Europameisters angemessen: Eingebettet in eine spektakuläre Parklandschaft bietet das Il Giardino in Ascona (Schweizer Tessin) Luxus pur. Ab dem 3.6. wird die Mannschaft dort Quartier beziehen. Wer sich hier als Normalsterblicher in der Vorsaison einquartieren möchte, ist mit 510 Euro für das Doppelzimmer dabei. Für die edle Unterkunft nehmen die Deutschen auch längere Anfahrten in Kauf. Wie die Schweden wohnt das deutsche Team in der Schweiz, obwohl es alle Vorrundenspiele in Österreich absolviert.

Gruppengegner: Russland versus Polen

Spanien startet am 10. Juni gegen Russland ins Turnier (18 Uhr), spielt am 14. Juni gegen Schweden (18 Uhr) und am 18. Juni gegen Titelverteidiger Griechenland. Deutschland spielt am 8. Juni in Klagenfurt gegen Polen (20.45 Uhr), am 12. Juni gegen Kroatien (18 Uhr) und am 16. Juni in Wien gegen Österreich (20.45 Uhr). Spätestens dann wird man wissen, was die Vorbereitung gebracht hat.

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