Sie trinken Wasser. Einmal Sportler, immer Sportler?

Ich habe mir bei den Gastspielen des FC Bayern in Indien und Indonesien den Magen verdorben. Ärgerlich.

Spielen Sie so emotional Golf, wie Sie Fußball gespielt haben?

Nee, nee. Emotionen bringen einen beim Golf nur raus aus dem Spiel. Bei diesem Sport wirken andere Mechanismen als beim Fußball.

Wie sehr sind Sie gedanklich noch mit dem Fußball verbunden?

Ich glaube, es gelingt mir ganz gut, Abstand zu gewinnen. Auch weil ich die Distanz suche. Ich werde mir bei der EM das eine oder andere Spiel anschauen, sicher auch von der deutschen Mannschaft. Aber ich bin ab dem 14. Juni erst mal eine Woche bei den Golf-US-Open in Amerika und werde insgesamt wahrscheinlich nicht viel mitbekommen.

Haben Sie den Termin bewusst gewählt?

Nein, aber wissen Sie, ich habe jetzt einfach Lust, Dinge zu tun, für die ich früher nie Zeit hatte. Irgendwas war immer: Bundesliga, Europameisterschaft, Weltmeisterschaft ?

Dann wird man Sie also jetzt öfter auf Mallorca sehen.

Das kann schon sein. Wir waren ja mit unser Golftruppe vom FC Bayern oft hier, meist kurz vor Weihnachten.

Für Ihre ehemaligen Kollegen der Nationalelf wird es bald ernst. Wie haben Sie sich früher auf ein großes Turnier vorbereitet?

Ich habe mich immer zurückgezogen und Ruhe gesucht. Die heutige Generation ist ein wenig anders. Die einen spielen Karten, die anderen Playstation, manche hören Musik. Einige lesen Bücher.

Wie haben Sie abgeschaltet?

Zuletzt habe ich immer ein paar Löcher Golf gespielt, natürlich keine 18. Früher habe ich mir auch mal ein Programm neben dem Fußball zusammengestellt. Wenn man nur im Hotelzimmer hockt, wird man verrückt. Ich habe viel gelesen, Romane, Sachbücher oder fürs Studium.

Haben Sie Angst, in das berühmte schwarze Loch zu fallen?

Momentan fühlt sich das alles eher noch an wie Urlaub, und ich bereue nicht, dass ich aufgehört habe. Ich habe 20 Jahre Fußball gespielt. Das ist eine verdammt lange Zeit. Da sagt man nicht, schade, dass alles vorbei ist, sondern: Es reicht. Das Loch kommt vielleicht, wenn die Saison wieder losgeht. Aber es wartet ja eine neue Aufgabe auf mich, wenn ich ab September für das ZDF die Spiele der Nationalelf kommentiere. Fatal wäre, wenn man nach der Karriere nur noch vor der Playstation sitzt und mit Freunden abhängt.

In Ihrem neuen Buch schildern Sie gleich zu Beginn, wie Jürgen Klinsmann Ihnen mitteilte, dass Sie nur noch Nummer zwei sind. War dies der einschneidendste Augenblick Ihrer Karriere?

Es war nicht der, sondern ein einschneidender Augenblick. Ich kannte ja nichts anderes, als die Nummer eins zu sein und zu spielen. Für mich war die WM im eigenen Land ein Traum. Das zu bewältigen, war nicht einfach.

Haben Sie Mitleid mit Timo Hildebrand, der Ähnliches erlebt hat?

Nein, Mitleid nicht, aber ich kann nachvollziehen, wie er denkt. Da mischen sich alle möglichen Gefühle: Wut, Unverständnis, man fühlt sich ungerecht behandelt.

War die Entscheidung richtig?

Das kann ich nicht bewerten. Man hat von Timo wenig gesehen. Das war wohl auch das Problem. Wenn er in Deutschland geblieben wäre, wäre er vielleicht bei der Europameisterschaft dabei. Trainer müssen eben auch harte Entscheidungen fällen. In der Druckausgabe lesen Sie außerdem:

EM I: Nach dem Casting ist vor dem Finale

EM II: Oliver Kahn im Interview

EM III: Chancen-Check vor dem Anpfiff

EM IV: Der MZ-Spielplan

Fußballclub Atlético Baleares und der Flug in die dritte Liga