1974 wird er in Palma geboren - Arme und Beine nur in Ansätzen ausgebildet. ?Ich bin aber kein Contergan-Kind. Ich konnte mich einfach nur nicht richtig im Bauch meiner Mutter entwickeln", erzählt er, während er - ausgepowert nach zwei Stunden Training - in einen süßen Donut beißt. Hilfe braucht er keine. ?Ich komme ganz gut klar." Und das nicht nur im Wasser. Zurzeit zieht er mit seiner Ehefrau in Palma um und muss sich ums Kistenpacken kümmern.

Ansonsten besteht der Alltag des Profi-Schwimmers aus Training: sechs Tage die Woche, morgens und abends jeweils zwei Stunden, dazu Kraft- und Ausdauertraining. Da braucht der Körper Energie. ?Donuts gehen natürlich nicht immer", sagt der Leistungssportler schmunzelnd, der sich gerade auf die Paralympics in Peking vorbereitet. Er zählt dort zu den Favoriten, und wenn es nicht Gold werden sollte, ?dann doch zumindest ein Platz auf dem Treppchen".

Xavi Torres schwimmt, seitdem er neun Jahre alt ist. Dass er es so weit bringen würde, war nicht von vorneherein klar. ?Ich habe aus therapeutischen Zwecken angefangen", erzählt Torres. Die Schwimmerei machte ihm Spaß. ?Als man mich für einen Wettkampf vorschlug, wollte ich erst nicht. Das ist wie bei einem Kind, das den ihm vorgesetzten Teller mit Linsen partout nicht probieren will", erinnert er sich.

Ein Jahr später probierte er es doch aus, nahm an einem Wettkampf teil - und ist seitdem nicht mehr zu bremsen. Trotz der bevorstehenden Paralympics wirkt er gelassen. ?Ich habe schon so viele internationale Wettkämpfe hinter mir. Ich muss mir nichts mehr beweisen. Der Druck ist nicht mehr so groß wie vor einigen Jahren."

Damals arbeitete er mit einem Psychologen zusammen, um mental fit zu sein. ?Jetzt bereite ich mich mit Techniken zur Entspannung und zur Stärkung des Selbstbewusstseins alleine vor." Das empfiehlt er auch anderen Sportlern, schließlich seien heutzutage alle Leistungssportler durchtrainiert, und man gewänne einen Wettkampf nur noch mit dem Kopf.

Bevor der Startschuss fällt, nimmt er seine Prothesen ab. ?Wir schwimmen alle ohne." Je nach Schwere der Behinderung, werden die Sportler in zehn Kategorien eingeteilt. ?Es kann vorkommen, dass neben mir einer schwimmt, der zwar beide Beine hat, aber normalerweise im Rollstuhl sitzt", sagt Torres. Als ihn vor kurzem ein spanischer Journalist fragte, ob er sich Arme und Beine wünsche, stellte Torres die Gegenfrage: ?Vermissen Sie, dass Sie nicht vier Arme haben? Ich habe nie Arme gehabt und vermisse sie daher nicht."

Dieser mentalen Stärke verdankt er es, dass er immer ganz vorne mit dabei ist. Wenn er nicht schwimmt, referiert er darüber. Gemeinsam mit anderen Sportlern hält er Seminare für Manager. ?Jeder hat ein Thema, über das er spricht", erzählt Torres. Sein Thema sei die innere Stärke, mit der er seine körperlichen Behinderungen überwindet.

Wenn er mit dem Schwimmen irgendwann aufhört, will er in diesem Bereich weiterarbeiten und jungen Schwimmern seine Erfahrungen mitgeben. ?Aber bis dahin mach ich noch ein Jahr. Und dann vielleicht noch eines. Mal sehen, wie lange es noch läuft." In der Druckausgabe lesen Sie außerdem:

Fußball I: Auf den letzten Drücker

Fußball II: Rijkaard geht im Guten