Mit einem Sieg abtreten: Was den meisten Spitzensportlern in ihrer Karriere verwehrt bleibt, hat Mallorcas Bahnrad-Legende Joan Llaneras geschafft. Am 8. Januar dieses Jahres gewann er bei den Six-Days von Rotterdam sein letztes Rennen in der Disziplin Madison an der Seite des Holländers Peter Schep. Das Timing war perfekt: Im kommenden Mai wird Llaneras 40, und die nächste Aufgabe hat er bereits angetreten. Bis zu den Olympischen Spielen 2016 soll er in der Palma Arena ein staatlich gefördertes Hochleistungszentrum für Bahnradsportler aufbauen.

Zum Interview hat der zurückhaltende Rad-Star in sein Büro mit neuen Möbeln geladen. Die Betonwände sind noch ungestrichen und verbreiten Baustellencharme. Llaneras‘ neuer Arbeitsplatz befindet sich in Palmas teuerster und umstrittenster Sportstätte. Offiziell heißt seine Position, die er seit Mitte Februar bekleidet, Technischer Direktor. Er soll den Ruf der Palma Arena, die zuletzt wegen maßlos überzogener Baukosten und Baumängeln in den Schlagzeilen stand, wieder aufpolieren. Das Stadion war in der Regierungszeit des ehemaligen balearischen Ministerpräsidenten Jaume Matas (PP) in Rekordzeit gebaut worden. Die Arena weist erhebliche Baumängel auf.

Obwohl vor zwei Jahren dort eine Weltmeisterschaft stattfand, hat der Radsport-Weltverband UCI vor einigen Tagen drei Experten zu einer erneuten technischen Abnahme nach Palma geschickt. Grund sind die aufgetretenen Schäden. „Die Holzpiste muss ausgebessert werden, wir sprechen zurzeit mit dem Architekten“, sagt Llaneras leise und konzentriert. Solche Baumängel dürfe es eigentlich geben, aber er kenne die Ursachen. „Dieses Monstrum von Installation hat man in 14 Monaten hochgezogen. Wir kriegen die Probleme aber in den Griff.“ Das Wort „Monstrum“ spricht Llaneras beinahe liebevoll aus, die Palma Arena gehört seiner Meinung nach zu den besten Velodromen der Welt. „Ich wusste ja, was mich erwartet. Mein bisheriges Leben als Sportler bestand aus ständigen Herausforderungen. Hier ist es so ähnlich, nur auf einer anderen Ebene“, sagt er.

Zwar kannte er seine neue Arbeitsstätte schon von vielen Trainingseinheiten, aber zum ersten Mal hat er sie erst jetzt genauer in Augenschein genommen. „Wenn du einmal hier bist, stellst du fest, wie riesig die Arena ist. Du drehst hier eineinhalb Stunden Runden und hast immer noch nicht alles gesehen.“

Für die Umstellung vom umjubelten Sportstar, der bei der Abschiedsfeier der Olympischen Spiele in Peking die spanische Fahne tragen durfte, zum Direktor der Arena, hatte er wenig Zeit. „Der Wechsel war ziemlich abrupt. Nach meinem Sieg in Rotterdam hatte ich nur 15 Tage Pause.“

Llaneras ist mit zwei Olympiasiegen auf Mallorca eine lebende Legende. Das bringt ihm für seine neue Aufgabe einen Sympathie-Bonus, aber keine Lösung der vielfältigen Probleme. Statt auf dem Rennsattel, sitzt er jetzt den größten Teil des Tages hinter einem Computer, seinem Sport widmet er sich nur noch drei, vier Tage in der Woche. „Mir fehlt die tägliche Anstrengung“, gibt er zu. Häufig fährt er dann neben den Amateurfahrern im Velodrom. Wer Glück hat, kann also plötzlich neben einem Olympiasieger fahren. „Ich bin jetzt ein normaler Bürger, die Karriere ist Vergangenheit, jetzt muss ich meinen Fans und Unterstützern etwas zurückgeben“, sagt er. Wie sehr er sich Mallorca und seinem Arbeitsplatz verbunden fühlt, zeigt die Antwort auf die Frage nach dem wichtigsten Sieg seiner glanzvollen Karriere. „Ganz klar der Gewinn der Weltmeisterschaft in der Palma Arena hier im Jahr 2007. Wer das erlebt hat, weiß warum.“

Daraus zieht er die Motivation für seine wichtigste Aufgabe, den Aufbau des Hochleistungszentrums. Bis 2016 will er ein schlagkräftiges Team aufstellen. Es bleiben also sieben Jahre Zeit für den stillen Spitzensportler, dieses große Ziel zu erreichen. Er könnte der richtige Mann für diese Aufgabe sein, schließlich hat er sein Talent für perfektes Timing schon einmal bewiesen.

Zur Person

Joan Llaneras Rosselló (Porreres, 1969) hat in seinen Spezialdisziplinen Punktefahren und Madison (Zweier-Team-Fahren) zwischen 2000 und 2008 bei Olympischen Spielen zwei Gold- (Punktefahren in Sydney 2000 und in Peking 2008) und zwei Silbermedaillen gewonnen. Dazu kommen sieben Goldmedaillen bei Weltmeisterschaften und zahlreiche nationale Titel sowie Siege bei Sechs-Tage-Rennen. Er lebt mit seiner Frau und den beiden Söhnen in Porreres.

In der Printausgabe lesen Sie außerdem

- Fußball-Erstligist Real Mallorca erspielt (über-)lebenswichtigen Sieg

- Regatta „Princesa Sofía“: Deutsche Segler erfolgreich