Von den Medien wird er hochgejubelt, in seiner Heimat Manacor gilt er als normal gebliebener Mitbürger mit Bodenhaftung: der mallorquinische Tennisstar Rafael Nadal. Die ganze Stadt drückt ihrem Weltstar die Daumen, dass er sich schnell wieder von seiner Knieverletzung erholt. „Wir sind da ganz ruhig. Rafa hat so etwas immer gut hinbekommen. Jetzt arbeitet er intensiv an seiner Reha, hat einen eigenen Therapeuten“, sagt sein Onkel Juán Parera, der im Zentrum ein Möbelgeschäft betreibt.

Dass der 23-Jährige seinen Wimbledon-Titel verletzungsbedingt nicht verteidigen kann und möglicherweise seinen Spitzenplatz in der Weltrangliste an den Schweizer Roger Federer oder den Schotten Andy Murray verlieren könnte, bringt die Manacoris nicht aus ihrer mallorquinischen Gelassenheit. „Wir kennen Rafa, sehen ihn gelegentlich abends beim Ausgehen und wechseln dann auch ein paar Worte. Die Verletzung haut ihn sicher nicht um“, so Joan Gómez (18) und Enrique Donat (16) - ohne genau zu wissen, wie es um den Tennisprofi steht. Nach der jetzt bekannt gewordenen Trennung seiner Eltern Sebastián und Ana María wird auch über mentale Probleme des Familienmenschen spekuliert.

Eigentlich ist Nadal extrem beharrlich und ein großer Kämpfer. Erst im Oktober 2008, nach viereinhalb Jahren als Nummer zwei, gelang es dem jungen Mallorquiner, seinen erfahreneren Schweizer Konkurrenten Roger Federer (27) von Platz eins der ATP-Weltrangliste zu verdrängen.

Nun könnte sich die Situation wieder drehen: Nadal verlor im Dauerduell zwischen den beiden Rivalen nicht nur das Finale in Madrid, sondern musste sich bei den French Open auch vorzeitig gegen den Schweden Söderling geschlagen geben, während Federer wie ein Schweizer Uhrwerk funktionierte und den Titel holte. Wegen seiner aggressiven und körperbetonten Spielweise leidet Rafael Nadal regelmäßig unter Problemen mit dem Bewegungsapparat, war seit Monaten angeschlagen und quälte sich nur noch durch die Turniere.

Seine Mitbürger in Manacor lassen sich deswegen aber noch lange nicht aus der Reserve locken. In Manacor kennen sich alle irgendwie oder sind sogar miteinander verwandt. Nach außen hält man zusammen, lässt sich nicht so gerne zitieren, geschweige denn fotografieren. Grundtenor: „Es wird schon nicht so schlimm sein. Rafa weiß, wie er wieder auf die Beine kommt.“ „Wenn es irgendwie ginge, würde er sicher in Wimbledon antreten“, sagt eine Gemüseverkäuferin auf dem Markt, „seine Großmutter ist Kundin bei mir.“ Überhaupt ist der 23-Jährige im Ort beliebt. Er besucht regelmäßig seine Stammkneipe „Bauxa“. Kritische Fragen sind tabu, zum Beispiel wenn es um die Trennung der Eltern und deren psychologische Konsequenzen geht - oder um die Schelte seines Trainers und Onkels Toni, der das pfeifende Publikum in Paris kritisiert hatte. Auch über einen umstrittenen Millionenvertrag mit der Balearen-Regierung wird nicht so gerne geredet.

Das Palais der Familie Nadal an der Plaça Rector Rubí gegenüber der Kirche Nostra Senyora dels Dolors, wo auch Rafael ein Apartment hat, macht unterdessen einen verwaisten Eindruck. Im Schatten des Innenhofs steht ein Turm aus dem 14. Jahrhundert, der Torre Palau, ein Wahrzeichen von Manacor. Das Café im Erdgeschoss ist fest in deutscher Hand. Dort sitzen Touristen mit deutschen Zeitungen und Tüten aus der nahe gelegenen Drogerie Müller. Familie Nadal - mit Rafael, aber ohne die ausgezogene Mutter Ana María - weilt unterdessen in ihrer Sommerresidenz am Meer in Porto Cristo. Zurück in Manacor geblieben sind lediglich die Verwandten mütterlicherseits.

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