Keine überschwängliche Freude, keine Autogrammwünsche. Wenn Nuria Llagostera die Tennisanlage Can Simó in Cala Millor betritt, ist eigentlich alles so wie immer. Die frischgebackene Tennis-Masters-Siegerin, die mit ihrer Partnerin María José Martínez vor knapp zwei Wochen in Doha die inoffizielle Tennis-Weltmeisterschaft im Doppel gewann, ist auf der Anlage kein Star. Sie ist dort zu Hause, sie gehört dazu.

Die heute 29 Jahre alte Mallorquinerin hat ihre Jugend auf diesem Areal verbracht. Es gibt hier neben einem Clubhotel fünf Ascheplätze. Und wenn Jimi Amengual, Direktor der Anlage und zugleich auch Präsident des balearischen Tennisverbandes, von ihr spricht, dann tut er dies auf eine ganz und gar unaufgeregte Weise: Die „Nuri", sagt er ganz ruhig, habe halt schon immer Talent und vor allem auch Ehrgeiz gehabt.

Am Tag des MZ-Besuchs ist Amengual sehr beschäftigt. Zum 14. Mal wird auf der Anlage ein internationales Jugendturnier ausgetragen. Mit dabei sind vielversprechende Nachwuchsspielerinnen aus der Ukraine, aus

Russland und aus anderen Ländern. Es geht um eine fünfstellige Siegesprämie. Im Tennis wird viel Geld verdient – bereits in den Jugendklassen.

Auch Nuria Llagostera hat in diesem Jahr viel verdient: mehr als 600.000 Dollar an Preisgeld. Das ist fast ein Drittel des gesamten Preisgeldes, das sie seit ihrem 16. Lebensjahr eingespielt hat. Viel Geld möchte man meinen, doch es sei hart erarbeitet, sagt sie. Zudem seien die Preisgelder im Doppel bei weitem nicht so hoch wie in den Einzelwettbewerben. Doch Llagostera hat sich jetzt dazu entschlossen, alles auf die Doppel-Karte zu setzen. Deshalb ist sie in der Einzel-Weltrangliste auf den 150. Platz abgerutscht. Bei den großen Grand-Slam-Turnieren muss sie nun jeweils durch die Qualifikationsrunden. Doch das macht ihr nichts aus, solange sie im Doppel mit den ganz großen Spielerinnen wie den Williams-Schwestern mithalten kann. Die hatte sie beim Masters in Doha bereits im Halbfinale ausgeschaltet. „Ein unglaubliches Gefühl war das", freut sich Llagostera. Auf Mallorca gönnt sie sich jetzt erst einmal drei Wochen Ferien. Eigentlich möchte sie nur feiern, mit ihren Freunden und ihrer Familie. So glücklich sei sie nach dem für so positiv verlaufenen Jahr.

Das war nicht immer so. Llagostera musste auch private Tiefschläge verkraften. Vor neun Jahren starb ihr einziger Bruder bei einem Moped-Unfall. Auch sportlich lief es lange nicht gut. Mitunter klagte sie über fehlende Aufmerksamkeit für das Damentennis. Im Schatten von Carlos Moyà und dem Tennisgiganten Rafael Nadal war es nicht immer einfach für sie, sich ins rechte Licht zu rücken.

Für Aufmerksamkeit sorgte sie dann vor zwei Jahren mit Nacktbildern auf dem Tennisplatz, die sie aber auch heute nicht bereut. Es sei ja nicht wirklich etwas zu sehen gewesen, sagt sie. Ihre Familie und auch ihre Freunde hätten die Aktion gut gefunden. Das sei für sie das Wichtigste. Das Interesse an ihr verpuffte jedoch schon bald wieder nach der Veröffentlichung der Bilder im People-Magazin „Interviú".

Heute hat sie eine derartige PR nicht mehr nötig. Alle spanischen Zeitungen feierten sie nach dem Erfolg von Doha – „selbst wenn das Mastersfinale noch nicht einmal live im Fernsehen zu sehen war". Das nächste große Turnier steht für sie erst im Januar an – die Australian Open in Melbourne.

Bei ihrem Lieblingsturnier möchte sie dann das erste Mal auch einen Gran-Slam-Sieg im Doppel erspielen. Die Williams-Schwestern seien gewarnt.