Regen, schlappe neun Grad Cel­sius. Das sind nicht gerade die Bedingungen, die man sich auf der Flucht vor dem deutschen Winter wünscht. Doch Friedhelm Funkel nimmt´s gelassen. „Wer sich bewegt, der friert nicht", sagt der Trainer von Hertha BSC Berlin.

Er steht auf dem Trainingsplatz von Real Mallorca vor den Toren von Palma. Der Regen prasselt unaufhörlich auf sein Haupt. Im Winterquartier auf der Insel will der Fußball-Lehrer den Grundstein legen für das, was dann wohl als das „Wunder von Berlin" bezeichnet würde.

Zum Ende der Hinrunde in der Fußball-Bundesliga trennen Hertha BSC Berlin zehn Punkte von der Relegation – das hat es in der ­Eliteklasse noch nie gegeben. Dabei ist es nur gut ein halbes Jahr her, da war der Club dort, wo jetzt Gastgeber Real Mallorca in der Primera División steht: auf einem Champions-League-Platz. Was dann passiert ist, beschreibt Herthas Manager Michael Preetz später in kleiner Runde beim Empfang der Balearen-Regierung im Schlosshotel Son Vida schlichtweg als „eine Katastrophe". Ganze sechs Punkte aus 17 Spielen lautete die Ausbeute nach Abschluss der Hinserie.

Friedhelm Funkel möchte gar nicht erst zurückblicken, sondern sich darauf konzentrieren, was vor ihm und seinem Team liegt. Im Herbst hatte er seinen glücklosen Schweizer Vorgänger Lucien Favre abgelöst. Die Entscheidung über sein Engagement in Berlin traf Funkel in Cala Ratjada, wo er seit Jahren eine Ferienwohnung besitzt. Aber auch unter Funkels Ägide ist es bisher nicht wieder bergauf gegangen mit Hertha BSC.

Über die Weihnachtsfeiertage und den Jahreswechsel hat der Coach seiner Mannschaft so lange freigegeben wie kein anderer Übungsleiter der Liga. „Damit die Spieler mal richtig abschalten und die Sache der Hinrunde vergessen konnten", sagt er. In der Hauptstadt wurde er dafür kritisiert – zu Unrecht wie Funkel findet. Denn die Mannschaft habe ihre Hausaufgaben bekommen und auch gemacht. Die Jungs seien körperlich dort, wo sie sein müssten.

Für Wirbel sorgte auch die mondäne Unterbringung in Palmas Luxus-Hotel in Son Vida. „So nobel steigt Hertha ab", frotzelte die „Bild am Sonntag" und legte noch einen nach: „Diesen Luxus gönnte sich nicht mal die Nationalmannschaft bei ihrer EM-Vorbereitung 2008." „Im Tabellenkeller schlägt eben alles auf uns ein", seufzt ein Mitglied des Berliner Betreuerstabs – manchmal auch zu Unrecht. Denn der Club zahle für die Unterbringung in Palmas Nobelherberge nicht einen einzigen Cent. Auch das Trainingsgelände, das Real Mallorca früher für eine Tagespauschale von rund 3.000 Euro zur Verfügung stellte, dürfen die Berliner während ihres Inselaufenthaltes kostenlos nutzen. Die gesamten Kosten würden von der balearischen Landesregierung übernommen, die sich von dem Aufenthalt eine Sogwirkung auf andere Clubs der Bundesliga erhofft.

Mallorca soll anderen Winterzielen wie Belek in der Türkei oder Málaga in Andalusien Konkurrenz machen. Dass mit Hertha BSC Berlin ausgerechnet der Tabellenletzte auf die Insel gelockt wurde, stört die Verpächter von Real Mallorca weniger. „Hertha BSC ist ein deutscher Traditionsverein. Außerdem wird man das potenzielle Wunder von Berlin später immer mit dem Trainingslager auf Mallorca verbinden", hofft der Marketing-Chef des Clubs, Juanjo Amengual.

Wenn es nach Hans-Jürgen Heuer, Carsten Kressner und Andre Plenzdorf ginge, dann würde Hertha das Trainingslager in den kommenden Jahren wieder woanders ausrichten. An einem Ort, der wärmer und mit öffentlichen Verkehrsmitteln leichter zu erreichen ist, sagen die drei mitgereisten Mitglieder des Fan-Clubs Berlin. Von der Bushaltestelle zum Trainingsgelände Son Bibiloni mussten sie zweieinhalb Kilometer laufen – bei Regen und Kälte, sagt Heuer fröstelnd auf der Tribüne. Einziger Trost: Der Rückweg blieb ihnen erspart. Hertha-Präsident Werner Gegenbauer persönlich chauffierte sie mit dem Auto nach Palma. Die Not schweißt eben zusammen. Bei Hertha BSC gilt das in diesen Tagen ganz besonders.

In der Printausgabe lesen Sie außerdem:

-Aragonés und Reals 8. Heimsieg 17

Ein Tässchen Glühwein am Bunker:

Die Buggy-Bar auf dem Golfplatz

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