Real Mallorcas bislang erfolgreichste Epoche in der spanischen Primera División ist untrennbar mit drei argentinischen Nationaltorhütern verbunden: Zwischen 1998 und 2004 (in diese Zeit fallen das Europacupfinale 1999 und der Königspokal 2003) lösten sich Carlos Roa, Germán Burgos und Leo Franco nicht nur beim Inselclub, sondern auch im Tor der argentinischen selección ab.

Vom Charakter her konnten die drei Keeper unterschiedlicher kaum sein. „Drei Spieler, drei Welten“, meint Miki Garro. Der Mallorquiner, heute Leiter der Stiftung von Real Mallorca, stand als Torwart im Schatten der drei und gemeinsam mit ihnen auf dem Trainingsplatz. Während Leo Franco eher der leise und introvertierte Arbeiter war, eben ein Torwart der Kategorie normal, sorgten Burgos und Roa mehr neben als auf dem Spielfeld für Furore. Denn für beide stand der Fußball nicht an erster Stelle.

Der Gläubige

Carlos Roa, der 1997 gemeinsam mit seinem Landsmann und Trainer Hector Cúper auf die Insel gekommen war, erklärte 1999 von einem Tag auf den anderen seinen Abschied. Als Anhänger der Adventistenkirche konnte er die Wochenendarbeit auf dem Fußballplatz nicht mehr mit seinem Glauben vereinbaren. Er traf die Entscheidung damals auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Im gleichen Jahr war er zu Spaniens Torhüter des Jahres gewählt worden. Zuvor hatte er mit Real Mallorca das Finale des Europapokals der Pokalsieger erreicht (1:2 gegen Lazio Rom in Birmingham) und war bei der WM 1998 bei Argentiniens Sieg über den Erzrivalen England als Held im Elfmeterschießen gefeiert worden.

Auch ein Millionenangebot des englischen Top-Clubs Manchester United konnte Roa zunächst nicht zur Fortsetzung seiner Karriere bewegen. Erst ein Jahr nach seinem Rücktritt kehrte der Schlussmann wieder zwischen die Pfosten zurück - zu einem Zeitpunkt, an dem Manchester schon anderweitig fündig geworden war. Roa heuerte erneut bei Mallorca an, erreichte aber nie wieder seine alte Form. Gleich zu Beginn der Saison zog er sich eine schwere Schulterverletzung zu, die ihn zu einer langen Pause zwang.

Überhaupt war seine Karriere von Verletzungen und Krankheiten geprägt. Schon 1990 wäre er beinahe an Malaria gestorben. Mit dem Virus hatte er sich bei einer Afrika­reise mit seinem damaligen argentinischen Verein Racing Club de Avellaneda infiziert. 2004 in Albacete, seiner vorletzten Station als Profi, wurde bei ihm Hodenkrebs diagnostiziert, von dem er sich jedoch erholte. Für Real Mallorca absolvierte Roa insgesamt 75 Pflichtspiele, in der argentinischen Nationalmannschaft hütete er fünfmal das Tor. Heute lebt er mit seiner Familie wieder in Argentinien.

Der Rocker

Auch die Karriere von Germán Burgos wurde 2004 von einer schweren Krankheit beendet. Zwar überlebte Burgos den bösartigen Nierentumor, die Fußballschuhe hängte er jedoch danach an den Nagel. Seitdem tritt er in Spanien als Fernsehkommentator in Erscheinung und arbeitet weiterhin an seiner musikalischen Karriere, die er schon während seiner Zeit als Fußballer bei Real Mallorca begonnen hatte.

In Argentinien ist er als Sänger ebenso bekannt wie als Nationaltorwart. Seine erste Scheibe „Jaque al rey“ (Schach dem König) verkaufte sich in seinem Heimatland mehr als 120.000 Mal. Mehr noch als den Fußball liebte „Mono“ (Affe) Burgos die Blues-Legende John Lee Hooker und die Rolling Stones. Rund 3.000 CDs befanden sich im Plattenschrank des Vollblutmusikers in seiner Wohnung an Palmas Paseo Marítimo. Er hatte viel Zeit dafür, denn bei Real Mallorca kam Burgos nur zur wenigen Einsätzen, nachdem er es sich durch eine Tätlichkeit im Spiel gegen den FC Barcelona beim damaligen Real-Coach Fernan-do Vázquez verscherzt hatte. Burgos bekam eine Sperre von 13 Spielen vom Verband aufgebrummt und wurde nachher von seinem Trainer nicht mehr eingesetzt.

Seinen Aussetzer erklärte er im MZ-Interview so: „Meistens handele ich intuitiv, erst dann schalte ich den Kopf ein.“ Dennoch sei Burgos „ein Pfundskerl“ gewesen, sagt Miki Garro. Burgos stand 38 Mal im Tor der selección und absolvierte damit für Argentinien mehr Spiele als für Real Mallorca. Seine Karriere beendete er 2004 nach dem Wiederaufstieg mit Atlético Madrid in die erste Liga.

Der Schüchterne

Leo Franco hatte mit dem Gewinn des Königspokals im Jahr 2003 den größten Erfolg der drei Keeper, ist dem deutschen Publikum aber vor allem wegen des Viertelfinalsspiels der WM 2006 gegen Deutschland ein Begriff. Er war nach einer Verletzung von Stammtorhüter Roberto Abbondanzieri beim Stand von 1:0 für Argentinien eingewechselt worden, musste aber kurz darauf den Ausgleich durch Miroslav Klose hinnehmen. Im Elfmeterschießen hielt er nicht einen einzigen Ball. Dem baumlangen Keeper hatte eben niemand einen Zettel mit den Vorlieben der Schützen zugesteckt wie seinem Gegenüber Jens Lehmann.

Franco hatte Mallorca 2004 verlassen und war Gregorio Manzano damals zu Atlético Madrid gefolgt. Dort spielte er vier Jahre. Derzeit steht er bei Fenerbahçe Istanbul in der ersten türkischen Liga unter Vertrag. Sein Trainer ist übrigens ein deutscher Wahlmallorquiner: Christoph Daum.

Nur noch drei Latinos im Kader

Die Zahl der Südamerikaner im aktuellen Kader von Real Mallorca ist geschrumpft. Mit Chori Castro, Paulo Pezzolano (beide Uruguay) und Germán Lux (Argentinien) sind nur noch drei „Latinos“ im Aufgebot. Lux führt als Ersatzkeeper die argentinische Torwarttradition bei Real Mallorca fort. Allerdings galt er bei seinen bisherigen Einsätzen stets als Unsicherheitsfaktor in der Abwehr der Mannschaft. Am Stammplatz des israelischen Stammtorwarts Dudu Aouate kann er nicht wirklich rütteln. Einziger Stammspieler ist Chori Castro.

In der Printausgabe vom 15. April (Nummer 519) lesen Sie außerdem:

- Fußball: Dreikampf in der Primera División

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- Golf: Warum jeder das Loch Nr. 18 in Santa Ponça II spielen will

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