Kurz vor seinem Abflug nach Madrid, wo Carlos Moyà am Mittwochnachmittag offiziell seinen Abschied vom Profi-Tennis verkünden wollte, stellte er sich den Redakteuren des „Diario de Mallorca“ und der „Mallorca Zeitung“ für ein Exklusiv-Interview zur Verfügung.

Herr Moyà, fühlen Sie sich schon als Ex-Profi?

Ja, eigentlich schon seit längerem. Aber ich wollte meinen Abschied jetzt erst offiziell machen, weil ich mir meiner Sache 100 Prozent sicher sein wollte. Es ist eine Entscheidung, die lange gereift ist.

Was ist der Grund für Ihren Rückzug?

Hauptsächlich mein Fuß. Die Operation war nicht so erfolgreich, wie ich es mir erhofft hatte.

Schmerzt es Sie adiós zu sagen, oder sind Sie vielmehr erleichtert?

Es ist eine Mischung aus beidem. Klar, der Abschied fällt schwer. Aber mit dem Fuß ging‘s nicht mehr.

Sie sind Vater geworden. Hat dies Ihre Entscheidung beeinflusst?

Auf jeden Fall. Da ist ein kleiner Mensch, der mich jetzt braucht und für den ich Verantwortung übernehmen muss.

Ihre Karriere war gezeichnet von Verletzungen.

Das ist übertrieben. Ich hatte eigentlich nur zwei Verletzungen, die schwer waren: eine Schulterverletzung und jetzt eben der Fuß. Aber die Blessuren haben mich nicht daran gehindert, 15 Jahre in der Welt­spitze zu spielen. Fünf Jahre davon war ich immer unter den besten Zehn. Die meisten Tennisprofis ziehen sich irgendwann aufgrund einer Verletzung zurück. Früher oder später musste es also so kommen.

Ziehen Sie für uns eine kurze Bilanz?

Ich habe mehr erreicht, als ich am Anfang meiner Karriere zu träumen gewagt hätte. Ich war Nummer eins in der Welt. Vielleicht hätte ich mich ein wenig länger da oben halten oder den einen oder anderen Grand Slam mehr gewinnen sollen. Ich bin mit mir selbst aber sehr zufrieden. Ich kann sagen: Ich bin stolz auf meine Laufbahn.

Welcher war ihr schönster Erfolg?

Der emotionalste Sieg war mit Sicherheit der mit der spanischen Mannschaft im Davis-Cup 2004. Wir spielten vor 27.000 Zuschauern, das ganze Land stand hinter uns. Dieses Gefühl war unbeschreiblich und auch intensiver als mein Sieg bei den French Open.

Die schlimmste Niederlage?

Die schlimmste Niederlage für einen Sportler ist mit Sicherheit eine Verletzung. Von einer Niederlage auf dem Feld erholt man sich sehr schnell, von einer Verletzung meist nicht.

Hat sich das Tennis im Laufe der vergangenen 15 Jahre verändert?

Das Niveau ist im Schnitt gestiegen. Die Top-Spieler waren damals wie heute sehr stark, aber mittlerweile spielt auch die Nummer 50 der Weltrangliste richtig gut.

Wie sieht der perfekte Tennisspieler aus?

Er hätte die Vorhand von Federer, die Rückhand von Nalbandian, den Aufschlag von Karlovic, den Volley von Stepanek sowie die Beine und die Mentalität von Rafa Nadal.

Sie haben insgesamt 20 Titel gewonnen. Das kann nicht jeder von sich sagen.

Ja, aber gegenüber der Vielzahl von Turniersiegen, die Rafael Nadal schon in seinen jungen Jahren gewonnen hat, erscheinen meine 20 Titel als gering. Ich hätte meine Bilanz noch um den einen oder anderen Titel, den ich in den Finals verspielte, aufbessern können. Aber ich will mich nicht beschweren.

Hat es Sie gestört, dass Sie zuletzt immer im Schatten von Rafael Nadal standen?

Nein. Ganz und gar nicht. Ich bin kein Mensch, der sich gerne in den Vordergrund drängt. Man kann mich mit Rafa auch nicht vergleichen. Er ist einer der absolut Besten der Geschichte. Ich weiß, dass ich niemals zu dieser Gruppe gehört habe und habe auch kein Problem damit. Rafa spielt in einer anderen Liga.

Glauben Sie, dass Nadal das Zeug dazu hat, der beste Tennisspieler aller Zeiten zu werden?

Hätten Sie mich das vor ein paar Jahren gefragt, hätte ich Nein gesagt. Aber nun halte ich es durchaus für möglich. Wichtig ist, dass er von Verletzungen verschont bleibt und auf diesem Niveau weiterspielt.

Was hat Ihnen der Tennissport abseits der Centrecourts gegeben?

Die Welt des Profi-Tennis ist sehr solidarisch, auch wenn es von außen gesehen manchmal nicht den Anschein hat. Klar, auf dem Feld ist man auf sich gestellt. Da bist du allein. Aber ansonsten geht es unter den Tennisspielern sehr harmonisch, geradezu familiär zu.

Waren Sie zuletzt das ständige Unterwegssein leid?

Ja, schon ein bisschen. Ich habe während der 15 Jahre unzählige Stunden in Flugzeugen, auf Flughäfen und in Hotels verbracht. Ständig musste ich Koffer packen. Das macht einen irgendwann einfach müde. Es wird nur dadurch kompensiert, dass meinen seinen Beruf, das Tennisspielen, liebt.

Würden Sie etwas anders machen, wenn Sie noch einmal am Anfang Ihrer Karriere stünden?

Es lohnt sich nicht, über die Frage nachzudenken. Was vorbei ist, ist vorbei und lässt sich nicht mehr ändern.

Haben Sie sich in Ihrer Heimat respektiert und geliebt gefühlt?

Ja. Zwar habe ich auch meine Kritiker gehabt. Aber meistens haben die über mich geurteilt, ohne mich wirklich zu kennen. Insgesamt hat man meine Leistung jedoch respektiert.

Was werden Sie jetzt machen?

Ich weiß es noch nicht. Im Vordergrund steht erst einmal meine kleine Familie, um die ich mich kümmern möchte. Alles weitere lasse ich auf mich zukommen.

Wo werden Sie leben?

Auf Mallorca und in Madrid.