Rund 2.100 Athleten gehen an den Start, 1.500 Helfer sollen dafür sorgen, dass beim Ironman Thomas Cook 70.3 Mallorca an diesem Samstag (14.5.) in Alcúdia alles glatt über die Bühne geht. Im Nordosten der Insel läuft eines der größten Sport­events der vergangenen Jahre.

„Mallorca fehlte uns noch auf der Triathlon-Weltkarte", sagt der Schweizer Patrick Schmid, Organisationschef eines Tochterunternehmens der World Triathlon Corporation. Dabei handelt es sich nicht um einen Verband, sondern um eine Gesellschaft des US-amerikanischen Finanzinvestors Providence. Die WTC dominiert weltweit das Geschäft mit der Trendsportart und besitzt auch die Rechte am legendären Ironman von Hawaii, der dort seit 1978 jedes Jahr im Herbst ausgetragen wird.

Die Pazifikinsel ist die Wiege des Dreikampfs, bei dem die Athleten schwimmen, Rad fahren und laufen müssen. Ihr Ironman gilt als offizielle Weltmeisterschaft über die Langdistanz (3,8 Kilometer Schwimmen / 180 Kilometer Radfahren und 42 Kilometer Laufen).

Ironman dürfen sich nur die Veranstaltungen der WTC nennen. Aber auf dem Markt der Trendsportart tummeln sich mittlerweile auch viele kleine Unternehmen, die an dem lukrativen Geschäft mitverdienen möchten. Sie heißen „Challenge" oder, wie ein Wettkampf in Portocolom, „Tristar" und bieten je nach Zielgruppe verschiedene Distanzen an. Die Athleten sind dabei auch werbetechnisch interessant. Die meisten von ihnen gehören zu den Besserverdienern, die für ihren Sport viel Geld ausgeben. „Porsche, Haus und Kinder haben sie schon. Und auch das Apfelbäumchen ist schon gepflanzt", beschreibt Triathlon-Profi und Personaltrainer Lothar Leder das Profil seiner Kunden.

Für den Start in Alcúdia zahlen die Teilnehmer mehr als 200 Euro, bei manchen Veranstaltungen werden sogar mehr als 400 Euro verlangt. Darin sind Unterkunft und Anreise noch nicht enthalten. Diese werden im Fall des Ironmans auf Mallorca vom Hauptsponsor Thomas Cook im Gesamtpaket angeboten. Für Reiseveranstalter sind Events solcher Art deshalb ein beliebtes Marketingtool. Tui, der wichtigste Konkurrent von Thomas Cook, veranstaltet in diesem Jahr schon zum achten Mal seinen Marathon in Palma, zu dem 10.000 Läufer erwartet werden.

Triathleten gelten jedoch als besonders ausgabefreudig. Am Material wird nicht gespart. „Nur das Beste ist gut genug", sagt Leder, der als Privattrainer pro Tag etwa 500 Euro kassiert. Zu seinen Kunden zählen auch Wirtschaftsbosse, die den besonderen Kick suchen. Selbst Freizeitsportler ließen für ihre Fahrräder bis zu 6.000 Euro springen.

„Gutes Material ist in der Szene mittlerweile Pflicht", sagt Leder. Der Wormser, der als erster Athlet bei einem Ironman unter der berühmten Acht-Stunden-Marke blieb, gehört zur ersten Generation der Eisenmänner, die für ihren Sport anfangs noch belächelt wurden. Heute hingegen seien die Leute „regelrecht angefixt". Leder bietet auf Mallorca und den Kanaren regelmäßig Trainingscamps an und kann sich nicht über mangelnde Nachfrage beschweren.

Vor allem in Mitteleuropa, den USA und Australien boomt der Dreikampf. Seit einigen Jahren, seitdem mit dem von Dopingskandalen gebeutelten Radsport keine Quote mehr zu machen ist, übertragen auch ARD und ZDF ­Triathlons. Alle acht Weltcup-Rennen der Kurzdistanz (ein Kilometer Schwimmen/ 40 Kilometer Radfahren/ 10 Kilometer Laufen) werden von den Sendern live übertragen. „Das hat den Sport populär gemacht", glaubt Wolfgang Thiel, sportlicher Leiter der Deutschen ­Triathlon Union (DTU).

Kein Wunder also, dass sich Global Player wie WTC seit Jahren auf Expansionskurs befinden. 2006 wurde die Serie mit den 70.3-Veranstaltungen gestartet. Die Events zählen unter anderem als Qualifikations-Wettkampf für Hawaii, obwohl die Teilnehmer nur die Hälfte der Original-Distanzen zurücklegen müssen, also nur 1,9 Kilometer schwimmen, 90,1 Kilomeer Rad fahren und abschließend einen Halbmarathon laufen.

Die weniger anstrengende Tortur lockt auch Kandidaten an, die vor der Originaldistanz noch immer zurückschrecken. Mallorcas Ironman ist jetzt die 50. Veranstaltung dieser Art. Die WTC beschäftigt weltweit etwa 200 Mitarbeiter und hat ein weltumspannendes Netz von Events geflochten, um die steigenden Nachfrage zu befriedigen.

Künftig will das Unternehmen auch in die Kurzdistanz einsteigen, über die bisher noch die Landesverbände die Hoheit haben. Auch Mallorca könnte somit im kommenden Jahr Austragungsort eines Wettbewerbs der so genannten „5051-Serie" werden, sagt Schmid.

Kleine Anbieter wie „Tristar" mit Sitz in Monaco suchen ihre Marktnischen. Das Unternehmen organisiert in Europa mittlerweile zehn Veranstaltungen auf einer neuen Distanz (1 Kilometer Schwimmen / 100 Kilometer Radfahren / 10 Kilometer Laufen). Die Kombination mit der deutlich verkürzten Schwimm- und der vergleichsweise langen Radstrecke gilt als ideal für Einsteiger, die vor längeren Schwimmdistanzen zurückscheuen.

Vor zwei Wochen fand in Portocolom erstmals ein Event mit dem Logo von Tristar auf Mallorca statt. In den 13 Jahren zuvor war der dortige Triathlon vom örtlichen Sportclub ausgerichtet worden. Die Marketingmaschine der Profi-Organisatoren hat den Wettbewerb jetzt von einem lokalen zu einem internationalen Event werden lassen. Galt die Veranstaltung bisher als fast ausschließlich mallorquinische Angelegenheit, waren diesmal mehr als 300 Starter im Feld, 200 davon Ausländer. Unter ihnen auch prominente Zugpferde wie der letztjährige Hawaii-Gewinner Chris McCormack oder der zweifache deutscher Hawaii-Sieger Norman Stadler, die von den Veranstaltern unter Vertrag genommen wurden. „Durch die Zusammenarbeit mit Tristar haben wir an Internationalität gewonnen", freut sich Jaume Vicens, der Vorsitzende des Triathlonclubs in Portocolom. Das Ziel ist klar: Auf lange Sicht will der Club am lukrativen Triathlon-Business teilhaben.

Am Triathlon verdienen wollen auch die Athleten selbst. Doch nur die wenigsten Profis können von ihrem Sport leben (siehe auch Interview rechts). „In Deutschland vielleicht die besten 20", schätzt Wolfgang Thiel. Unter ihnen befindet sich auch der Rostocker Andreas Raelert, der im vergangenen Jahr auf Hawaii Zweiter wurde und am Samstag in Alcúdia zu den Favoriten gezählt wird.

In der Printausgabe vom 12. Mai (Nummer 575) lesen Sie außerdem:

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