María Jesús Tamurejo (49) ist eine energische Frau mit einer tiefen, kratzigen Stimme. Seit vielen Jahren kämpft die Beauftragte für Frauenfußball im Balearischen Fußball-Verband dafür, dass ihr Sport in der Gesellschaft einen höheren Stellenwert bekommt. Sie ist zudem Mitglied des nationalen Komitees für Frauenfußball im spanischen Fußball-Verband (RFEF).

Wie ist es um das Ansehen des Frauenfußballs auf Mallorca bestellt?

Der Ruf ist auf Mallorca wie in ganz Spanien ziemlich schlecht. Der Frauenfußball wird hier faktisch nicht wahrgenommen. Das liegt hauptsächlich an der spanischen Macho-Gesellschaft. ­Die Annahme, dass Fußball nichts für Frauen und Mädchen sei, sitzt noch sehr tief. Der Frauenfußball entwickelt sich zwar in jeder Region des Landes anders, die Balearen sind aber noch eine ausgeprägte Klassengesellschaft. Da dürfen die Mädchen Ballett tanzen. Aber Fußball? Nein, das dann wirklich nicht. Noch eher Basketball. Da sind die Mädchen groß und schlank. Aber die Waden von Fußballerinnen passen nicht in das Frauenbild der Insel-Gesellschaft.

Das heißt, die Männer sind schuld an der Unterdrückung des Frauenfußballs?

Na ja, die Welt des Fußballs ist eben noch sehr männlich geprägt in Spanien. Viele Männer betrachten Frauenfußball nicht als Fußball. Sie machen abschätzige Bemerkungen und messen uns mit männlichen Maßstäben. Das ist ungerecht.

Wie meinen Sie das?

Frauenfußball wird in der Regel, wenn er überhaupt registriert wird, von Männern bewertet und kritisiert. Da werden dann Äpfel mit Birnen verglichen. Natürlich kann eine Frau einem männlichen Fußballer körperlich nicht das Wasser reichen. Sie ist auch nicht ganz so schnell wie er. Aber technisch kann sie ihm durchaus ebenbürtig oder überlegen sein. Ich möchte, dass die Fußballerinnen für ihre Leistungen kritisiert werden und nicht für die Tatsache, dass sie Frauen sind. In der Welt des Fußballs ist es echtes Pech, wenn man als Mädchen geboren wurde.

Welche Möglichkeiten sehen Sie, den Frauenfußball zu fördern?

Das muss schon in der Schule, sprich: an der Basis, passieren. Wir müssen uns mit den Schulen kurzschließen und Mädchenfußball anbieten. Es müssen Turniere zwischen den Schulen ausgespielt werden, dann rollt das langsam an. Aber da muss sehr viel Überzeugungsarbeit geleistet werden. Vor allem bei den Eltern.

Wie ist die wirtschaftliche Situation im Frauenfußball?

Wir finden einfach keine Sponsoren für die Clubs oder auch für Turniere. Wir haben schon viel probiert, aber keine Gemeinde, keine Bank will auch nur einen Cent geben. Erst muss sich die Mentalität der Leute ändern. Dazu kommt, dass die Entscheidungsträger über Sponsoring meistens Männer sind. Außerdem fehlen uns die Fernseheinnahmen. Kein Sender überträgt Frauenfußball. Nicht einmal das Regionalprogramm von IB3. Die Sender befürchten, dass sie mit Frauen keine Quote erzielen. Ich meine aber, dass ein öffentlicher Sender Frauenfußball zeigen sollte. Er hat schließlich einen öffentlichen Auftrag und ist nicht so sehr auf die Quote und die damit verbundenen Werbegelder angewiesen.

Wie stellt sich die Situation momentan auf Mallorca dar?

Es gibt auf der Insel nur sehr wenige registrierte Spielerinnen. Derzeit sind es genau 666. Allerdings ist die Zahl in den vergangenen zwei Jahren um 100 gestiegen. Es gibt in Spanien eine erste Liga, die sogenannte Superliga. Die Mannschaft aus Coll d´en Rabassa spielt seit zwei Jahren erfolgreich in dieser Klasse. Mit Real Mallorca und Sporting Ciutat de Palma haben wir zwei Mannschaften in der Segunda División. Dann gibt es die Liga Autonómica mit zwölf Teams aus Mallorca und je einem aus Ibiza und Menorca. Darunter gibt es noch die Liga Regional. Die „Liga de Fútbol 7 Femenino" ist für Mädchen ab zehn Jahren. Allerdings spielen die Mädchen auf Mallorca bis zu einem Alter von 13 bis 14 Jahren in gemischten Teams mit Jungen.

Finden Sie es gut, dass Mädchen und Jungen zusammenspielen?

Wenn ein Mädchen in einem Team mit vielen Jungs spielt, sitzt es die ganze Zeit auf der Bank. Das bringt nichts.

Kann die bevorstehende Weltmeisterschaft in Deutschland auch Strahlkraft nach Spanien entwickeln?

Tja, wenn sich Spanien qualifiziert hätte, wäre das sicher ein erster Schritt gewesen, den Sport populärer zu machen. Aber so? Die WM-Spiele werden wahrscheinlich auch im spanischen Free-TV zu sehen sein. Aber in Deutschland ist es anders. Birgit Prinz kennt dort jeder. Unsere bekanntesten Spielerinnen kennt in Spanien niemand. In den USA, wo sie unter Vertrag stehen, reißen sich die Leute sogar um ihre Haarbänder nach dem Spiel.

In der Printausgabe vom 2. Juni (Nummer 578) lesen Sie außerdem:

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