„Rafa" – das sind 320 Seiten über das Leben des mallorquinischen Tennisstars Rafael Nadal. Geschrieben wurde die Biografie, die Anfang der Woche auf den Markt kam, von dem renommierten Journalisten John Carlin. Der 55-jährige Redakteur der Tageszeitung „El País" ist Sohn eines schottischen Vaters und einer spanischen Mutter. Erschienen ist „Rafa" im Verlag Little Brown Book Group zunächst nur auf Englisch. Ab Oktober soll es auch auf Spanisch erhältlich sein. Eine deutsche Übersetzung ist derzeit nicht vorgesehen. Das Buch gibt es im Hardcover- und im Taschenbuch-Format. Es kostet 16 Euro.

Was fanden Sie reizvoll an der Idee, die Biografie über Rafael Nadal zu schreiben?

Das war nicht meine Idee. Das Team von Rafael ist auf mich zugekommen und wollte, dass ich sein Leben aufschreibe. Ich hätte von mir aus nicht im Traum daran gedacht. Man hat mich ausgewählt, weil ich das Buch auf Englisch schreiben, aber mit Rafa auf Spanisch reden kann.

Ist es wirklich sinnvoll, eine Biografie über einen 25-Jährigen zu schreiben?

In seinem Fall bestimmt. Er ist jemand, der in seinem Leben schon sehr viel erreicht hat. Mit seinen 25 Jahren hat er mehr erlebt, als andere Menschen in drei oder vier Leben erleben würden.

Wie ist das Buch entstanden?

Ich habe zunächst mit seiner ganzen Familie gesprochen, seinen Eltern, seinem Onkel, seiner Schwester und auch mit den Großeltern. Dann habe ich sein Team interviewt und mit allen gesprochen, die ihn tagtäglich umgeben. Erst danach habe ich mich mit ihm selbst unterhalten. Dafür kam mir ein Flug nach Australien sehr gelegen.

Einen wichtigen Stellenwert im Buch und wohl auch in Nadals Karriere hat das Finale von Wimbledon 2008 gegen Roger Federer, das er nach knapp fünf Stunden Kampf gewann.

Dieses Spiel nimmt eine Schlüsselstellung im Buch ein. Wir haben das Match noch einmal auf DVD gemeinsam angeschaut. Er hat mir in jedem Moment erzählt, was er damals gedacht hat, wie groß der Druck war, den er spürte, und welche Taktik er in welchem Moment angewandt hat. Es war für mich faszinierend, in den Kopf eines Sportlers einzutauchen und mitzubekommen, wie intensiv er jede Minute dieser Begegnung erlebte. Ich hatte zunächst Bedenken, ob er seine Gefühle so genau schildern möchte. Er war aber begeistert von der Idee. Außerdem war erstaunlich, was für ein Gedächtnis er besitzt. Er konnte sich an fast jeden Ballwechsel genau erinnern und nahm mit seinen Kommentaren die folgenden Ballwechsel schon vorweg. Dieser Tag war wichtig, um das Eis zu brechen. Danach hat er frei von der Leber weg erzählt.

Was für eine Person ist Rafael Nadal?

Er kommt privat dem Bild sehr nahe, das er auch in den Medien abgibt. Er verstellt sich in der Öffentlichkeit nicht. Rafael ist ein sehr höflicher, respektvoller junger Mann und ein Superkerl. Was nicht selbstverständlich ist für einen jungen Sportler wie ihn: Er behandelt jeden Menschen mit dem gleichen Respekt. Ein Kellner oder eine Stewardess erfahren die gleiche Höflichkeit wie der spanische König. Außerdem ist er sehr intelligent und denkt viel über sich nach. Ich glaube, er ist vielen anderen Sportlern in seinem Alter intellektuell um Längen voraus. Für das Buch war diese Tatsache natürlich sehr hilfreich.

Wie schafft er es, mit dem Druck fertig zu werden, der ständig auf ihm lastet?

Das ist mir bis zum Schluss ein Rätsel geblieben. Er verlangt wahnsinnig viel von sich selbst und geht mit einer eisernen Disziplin in jedes Training. Die Einheiten werden so hart absolviert, als hätte er ein Match.

Befindet er sich momentan in einer Krise?

Ich weiß nicht, ob das Wort Krise richtig gewählt ist. Es gab schon mehrfach in seiner Karriere Rückschläge. Man muss auch sehen, dass er 2010 außergewöhnlich erfolgreich war. Und Rafael ist kein Roboter, natürlich muss da mal ein Tief kommen.

In der vergangenen Zeit scheint er sehr an sich zu zweifeln.

Es kann sein, dass die Arbeit an seinem Buch ihn dazu gebracht hat, mehr nachzudenken. Allerdings sprechen Journalisten ihn auch dauernd auf die Krise an. Rafael ist jemand, der ehrlich auf die Fragen antwortet und nicht ausweicht.

Was tut er, um aus der Krise herauszukommen?

Er trainiert noch härter. Ich bin sicher, dass er die Woche vor den US Open wie ein Besessener trainiert hat, weil er zu den Turnieren in Montreal und Cincinnati nicht optimal vorbereitet erschienen war. Dazu kommt aber, dass ihm ständig irgendetwas wehtut. Er ist nie schmerzfrei, beißt aber immer auf die Zähne. Das ist bewundernswert.

Rafael Nadal ist einer der besten Tennisspieler der Welt, Onkel Toni ist sein Trainer. Onkel Miguel Àngel war Fußball-Nationalspieler. Welches Sportlergen liegt da in der Familie?

Es gibt gar nicht mal ein typisches Sportlerumfeld in der Familie. Rafaels Eltern haben mit Sport an sich nicht viel am Hut. Der junge Rafael hat sich aber immer sehr an Miguel orientiert und ihn als Vorbild bewundert.

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