Mädchen? Eine feste Freundin? „Nein, dafür habe ich keine Zeit", sagt Vincent Uhlke. Der 17-jährige Schüler aus Costa d´en Blanes hat einen großen Traum: Er will Fußball-Profi in der Primera División werden, in einer der besten Ligen der Welt. Dafür muss Privates hintenanstehen.

Der 1,80 Meter große dunkelblonde Links-Verteidiger spielt mit Real Mallorca in der höchsten Juniorenspielklasse Spaniens, die der Junioren-Bundesliga in Deutschland entspricht. Wer es bis dahin geschafft hat, der hat den Profifußball bereits unmittelbar vor Augen. Deshalb will sich Vincent auch durch nichts ablenken lassen. „Ich habe es mal eine Zeit lang mit einer Freundin versucht, aber das geht einfach nicht. Ich musste jede freie Minute mit ihr verbringen, und trotzdem war sie immer genervt, dass ich so wenig Freizeit hatte."

Er wirkt für sein Alter sehr erwachsen, überlegt sich, was er sagen möchte. Der Druck, der auf ihm lastet, ist sichtbar, auch wenn er ihn sich nicht anmerken lassen möchte. Er lacht oft, aber es ist noch ein etwas unsicheres Lachen. Angenehm, dass der 17-Jährige noch nicht so von sich überzeugt ist wie andere in seinem Alter im Fußballgeschäft. Dabei könnte Vincent durchaus stolz auf das sein, was er erreicht hat.

Mit sechs Jahren kam er nach Mallorca. In Düsseldorf, seiner Heimatstadt, hatte er bereits in einem Club Fußball gespielt. Als er auf die Baleareninsel kam, fand er beim Verein Playas de Calvià ein neues sportliches Zuhause. „Weil ich der einzige Ausländer war und dazu noch wenig Spanisch verstand, haben die mich dort erst einmal ins Tor gestellt", erzählt Vincent. Erst als ein Feldspieler dringend gebraucht wurde, durfte er mal seinen Kasten verlassen. Und schoss prompt zwei Tore. „Da habe ich gemerkt, dass ich eigentlich viel lieber Feldspieler bin."

Nach drei Jahren bei Playas de Calvià ging der Schüler zu La Salle, wo er auch drei Jahre spielte. Zusätzlich wurde er in die Balearen-Auswahl berufen. Dort entdeckten ihn dann die Jugend-Trainer von Real Mallorca. Mit 13 Jahren war er offiziell Nachwuchsspieler beim Inselclub. Vincent rückblickend: „Es war nicht schwer, reinzukommen. Schwierig war es, drinzubleiben."

Und um drinzubleiben, ist es nötig, jeden Tag an sich zu arbeiten. Sein gewöhnlicher Wochentag sieht so aus: Von 8 bis 15 Uhr Schule, dann direkt von dort mit dem Auto zum Trainingsgelände Son Bibiloni vor den Toren Palmas. Um 16 Uhr beginnt das Training, um 19.30 Uhr ist Schluss. Seine Mutter, die ihn fährt, bleibt die ganze Zeit dabei. Gegen 20 Uhr ist Vincent dann zu Hause. Fallen noch Hausaufgaben an, bleibt gar keine Zeit mehr für Erholung. Auch die Wochenenden klingen nicht gerade entspannt. „Alle zwei Wochen fliegen wir für unsere Auswärtsspiele aufs Festland. Da ist dann meistens ein ganzer Tag weg. Und wenn wir die Begegnung am Sonntag früh haben, fliegen wir schon am Samstagnachmittag."

Manchmal nervt ihn das schon, aber dann richtet er sich an Spielern wie Pedro Bigas auf. Der Kicker aus seiner ­Jugendmannschaft hat beim Erstligaspiel der Profis in Pamplona debütiert. „Das Tolle an Real Mallorca ist, dass wir Nachwuchsspieler oft von einem Tag auf den anderen die Chance bekommen, in der Primera División zu spielen. Das würde dir beim FC Barcelona oder Real Madrid nicht passieren", ist sich Vincent der Vorteile eines kleineren Clubs bewusst.

Der neue Trainer von ­Real ­Mallorca, Joaquín Caparrós, kommt dem deutschen Schüler da wie gerufen. Der Coach ist dafür bekannt, gerne mit dem Nachwuchs zu arbeiten. Deshalb will Vincent auch zunächst einmal auf der Insel bleiben. „Klar ist es ein Traum für jeden Fußballer, irgendwann mal bei Real Madrid zu spielen, vor allem, weil ich Fan der Mannschaft bin. Aber realistisch ist, bei Real Mallorca in der ersten Liga aufzulaufen." Derzeit stehen die Chancen auf einen Einsatz bei den Profis so gut wie nie zuvor. Real Mallorca kann sich die Verpflichtung von teuren Spielern nicht leisten, lebt zum großen Teil von Spielern, die der eigenen cantera entwachsen sind. In der aktuellen Formation des Erstligisten stehen mit Tomás Pina, Pau Cendrós, Iván Ramis und einigen mehr etliche Spieler, die die gleiche Ausbildung wie Vicent Uhlke durchlaufen haben.

Um irgendwann auch zum Kreis der Auserwählten zu gehören, verlässt sich Vincent hauptsächlich auf seine eigenen Stärken und weniger auf Spielerberater, wie viele seiner Mitspieler. „Ich bin der einzige im Team, der keinen hat. Der Freund meiner Mutter möchte das lieber selbst in die Hand nehmen. Agenten erzählen dir oft das Blaue vom Himmel, und dann trifft überhaupt nichts davon ein."

In zwei bis drei Jahren, so plant er, will er in der Primera División angekommen sein. Dann würde er gut verdienen. Bisher kassiert er lediglich eine Aufwandsentschädigung. „Die bekommt meine Mutter, die mich immer unterstützt."

Er wirkt wie ein braver Junge, der sich auf Schule und Fußball konzentriert. Natürlich lasse sich gelegentlicher Kontakt zu Mädchen nicht vermeiden, aber „ich würde das nie ausnutzen, wie einige meiner Mitspieler".

Denn ein Mädchenschwarm ist er trotzdem, so wie die meisten Fußballer. Und irgendwann hat er vielleicht auch einmal Zeit für eine feste Freundin.

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