Christine Theiss ist die beste Kickboxerin der Welt, und entspricht keinem der Vorurteile, die es über Kickboxen gibt. Sie hat Medizin studiert, ist überaus eloquent, hat ein hübsches Gesicht und eine sanfte Stimme. Steigt die 31-jährige gebürtige Thüringerin jedoch in den Ring, wird so mancher Gegnerin angst und bange. In ihren bald sechs Profi-Jahren ist Theiss kein einziges Mal besiegt worden. Nach ihrer Titelverteidigung gegen die Russin Marina Zueva am 26. August hat sich die Weltmeisterin in der kleinen Cala Fornells bei Peguera mit ihrem Mann und ihrer Boxerhündin Tiffany eine zweiwöchige Auszeit gegönnt. Mit der MZ sprach sie über ihren Sport, Klischees und ihr ehrenamtliches Engagement.

Stammt der Verband am Arm vom letzten Kampf?

Nein. Die Zerrung habe ich mir nicht im Kampf, sondern im Training davor zugezogen. Ich habe dann mit der kaputten Hand zehn Runden gekämpft. Zum Glück hat das funktioniert. Der Daumen ist allerdings im Kampf ramponiert worden.

Und wenn Ihre Gegnerin Sie am verletzten Arm getroffen hätte?

Dann hätte ich wahrscheinlich aufhören können. Aber sie hat ja nichts von meiner Verletzung geahnt.

Warum tun Sie sich diesen Kampfsport überhaupt an?

Weil´s Spaß macht. Dieser Sport fordert mich von Kopf bis Fuß. Er ist anspruchsvoll für die Kondition und die Koordination. Außerdem ist er sehr schnell. Du hast über zehn Runden eine Eins-gegen-eins-Situationen. Das ist geil.

Sie könnten auch ganz gemütlich als Ärztin im Krankenhaus arbeiten. Da ist die Verletzungsgefahr geringer.

Klar, aber die Frage ist doch: Ist das Arzt-Dasein wirklich gemütlicher? Ich wollte damals als Kickboxerin zunächst ein Jahr mein Glück versuchen. Dann bin ich in dieser Zeit Weltmeisterin geworden. Mein Manager Mladen Steko und ich haben gemerkt, dass es eigentlich gerade erst losging. Deshalb bin ich dabeigeblieben.

Stehen Sie sich als Profi-Boxerin finanziell besser als Ärztin?

Bei meiner Entscheidung fürs Kickboxen habe ich zur Bedingung gemacht, dass dabei das Gehalt einer Assistenzärztin herauskommt. Das hat geklappt. Inzwischen kann ich sehr gut vom Kickboxen leben, weil ich mit Sat.1 einen Fernsehvertrag über zwei Jahre geschlossen habe. Früher mussten wir noch zahlen, damit das Fernsehen mal zu den Kämpfen kam.

Hat sich da in Deutschland etwas im Bewusstsein verändert?

Auf jeden Fall. Deutschland ist bereit für das Kickboxen. Ich bekomme sehr viele positive Zuschriften. Und die Quoten geben uns auch recht. Meinen letzten Kampf haben etwa drei Millionen Menschen gesehen. Trotzdem gibt es natürlich noch die Freaks, die Blut fließen sehen wollen.

Leute die Kickboxen noch immer für einen Hinterhofsport halten?

Dieses Vorurteil wird auch ganz bewusst von Boxern geschürt, um die Konkurrenz kleinzuhalten. Da heißt es dann: Kickboxer können ja nur dumm sein. Das seien Schlägertypen. Aber glauben Sie, ich wäre dabeigeblieben, wenn dieses Klischee zutreffen würde? Ich musste bei meinem letzten Verein ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. Und keiner der Kämpfe, für die ich in den Ring gestiegen bin, war unfair.

Sehen Sie sich als Vorbild für den Sport?

Ich sehe zumindest, dass ich viele Menschen auf die Idee gebracht habe, mit Kickboxen zu beginnen. Viele schreiben mir, dass sie sich vorher nicht getraut hätten, weil sie dachten, beim Kickboxen gebe es nur Schläger.

Auch im sozialen Bereich sind Sie ein Vorbild. Sie engagieren sich ehrenamtlich für eine Rettungshunde-Staffel und ein Krisen­interventionsteam. Warum liegt Ihnen das am Herzen?

Weil ich denke, dass jeder Mensch etwas zurückgeben sollte. Ich bin der Meinung, dass ich mit meinem Namen Sinnvolleres tun kann, als beispielsweise für Hautcreme zu werben. Deswegen sammle ich Geld für das Kriseninterventionsteam, das sich bei Unglücksfällen um die nahen Angehörigen kümmert. Meinen Boxer Tiffany bilde ich bei der Rettungshundestaffel für die Personensuche aus.

Fürchten Sie, dass Kickboxen eines Tages wieder in der Versenkung verschwindet, wenn Sie aufhören?

Das glaube ich nicht. Es gibt nämlich mit Florian Pavic einen sehr talentierten und nebenbei noch gutaussehenden und eloquenten jungen Mann, dem ich zutraue, diesen Sport weiterhin gut zu repräsentieren.

Was ist Ihr Traum?

Ich möchte später mal am Samstagabend heimkommen, eine Packung Chips öffnen, mich vor den Fernseher setzen und Kickboxen anschauen.

Kneift Stefan Raab immer noch vor einem Showkampf?

Ja. Er hat ja damals von Boxerin Regina Halmich ganz schön eins auf die Nase bekommen. Ich bin noch einen Kopf größer und zehn Kilo schwerer als Halmich. Er würde grün und blau aus dem Kampf gehen. Er hat Angst vor mir.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 22. September (Nummer 594) lesen Sie außerdem:

- Real Mallorca: Laudrup wackelt nach neuen Pleiten

- Nachwuchsfußballer: So spielen die kleinen Weltmeister

- Tennis: Nadal führt Spanien ins Finale

Hier geht's zum E-Papier: epaper.mallorcazeitung.es.