Am Montag (19.12.) wurde bekannt, dass Utz Claassen seinen Anteil an Real Mallorca von 10 auf 20 Prozent aufgestockt hat und somit hinter Hauptaktionär Serra Ferrer zum zweitwichtigsten Teilhaber aufgestiegen ist. Tennis-Star Rafael Nadal und sein Onkel Miguel Ángel Nadal haben für einen nicht genannten Preis ihre Aktienpakete (jeweils 5 Prozent) an den deutschen Manager verkauft. Claassen schließt nicht aus, sein Engagement in Zukunft weiter zu erhöhen, "wenn sich die Gelegenheit dazu ergibt".

Ist einem Teilhaber von ­Real Mallorca nach dem Spiel am Samstag nicht eher zum Verkaufen zumute?

Es gibt nichts zu beschönigen: Das Spiel gegen Getafe war ein Grotten-Kick, ich habe noch selten in einem Fußballstadion etwas dermaßen Grausames erlebt. Aber ich habe zuvor auch Leistungen gesehen, die richtig gut waren, zum Beispiel beim letzten Heimspiel gegen Bilbao, das ich live in Dubai gesehen habe. Ohnehin muss man die Tagesform von der langfristigen Strategie trennen. Ich bin nach wie vor felsenfest vom langfristigen Potenzial und von den Aussichten dieser Mannschaft überzeugt, sonst wäre ich als Investor gar nicht eingestiegen.

Auf Mallorca fürchtet man ­aktuell eher einen Abstieg.

Zunächst muss man die Situation aus der korrekten Perspektive heraus betrachten: In ganz Spanien gibt es nur eine Handvoll Clubs, die sich wie Real Mallorca seit 15 Jahren ununterbrochen in der obersten Spielklasse halten. Das Problem des Vereins ist das zu kleine unmittelbare Einzugsgebiet. Wir haben im Schnitt 14.000 Besucher, was bedeutet, dass 3,5 Prozent der Bewohner von Palma jeden zweiten Sonntag ins Stadion gehen. Ein toller Prozentsatz, aber Palma hat nun mal die Größe, die es hat. Deshalb wurde auch die finanzielle Anstrengung zu groß, mit den bekannten Folgen.

Sie wollen das Einzugsgebiet vergrößern, indem Sie Touristen ins Stadion bringen. Wie viel Unterschied kann das machen?

Mit Beginn der Urlaubssaison 2012 wird ein Abkommen mit der Tui greifen, dem für Mallorca wichtigsten Reiseveranstalter. Schlagartig werden Besucher, die sich für Spitzenfußball interessieren - und warum sollten Deutsche im Urlaub da ganz anders sein als zu Hause? - unter Ausflugs-Paketen für Spiele der Primera División wählen können, von Nur-Eintritt über Transfer bis zur Vollbetreuung. Diese Kooperation zwischen einem Fußballclub und einem Reiseveranstalter ist ein Pionierprojekt. Selbst wenn damit zu Beginn nur 200 Leute zusätzlich ins Stadion gebracht würden - wir müssen endlich beginnen, die zehn Millionen jährlichen Besucher der Insel anzusprechen. Damit kommen wir auch an ganz andere Sponsoren heran und erweitern den Markt für unsere Fanprodukte.

Dafür müsste Mallorca wohl mehr bieten als aktuell.

Der Club musste seine Finanzen wieder in Ordnung bringen, und das ist meines Erachtens binnen kürzester Zeit auf eine sensa­tionelle Weise gelungen. Nach dem Gläubigerabkommen in der vergangenen Woche steht Real Mallorca nun im spanischen Vergleich finanziell sehr gut da. Die harten Sparmaßnahmen haben natürlich spielerische Einschränkungen mit sich gebracht. Aber unter Trainer Caparrós hat sich Real Mallorca in zwei Punkten enorm verbessert: Fitness und Aggressivität im Zweikampf.

Wie weit sind Ihre Pläne gediehen, einen englischen oder deutschen Spieler als Sympathieträger für Mallorca zu engagieren?

Wir sind seit längerem auf der Suche und es gab schon konkrete Gespräche. Manchmal scheiterte es an der nötigen Summe, was nicht nur mit den finanziellen Möglichkeiten zu tun hat: Allzu große Gehalts­unterschiede sind für ein Team problematisch.

Würde Ihnen ein Abstieg Mallorcas in dieser Saison den Optimismus nehmen?

Ein Abstieg, an den ich nicht im Entferntesten glaube, würde mich sehr schmerzen, aber am langfristigen Potenzial der Marke RCD Mallorca würde er grundsätzlich nichts ändern. Viel gravierender wäre für mich, wenn man nicht mehr vernünftig arbeiten könnte. Hätte man mir etwa gesagt, dass ich die nächsten zehn Jahre unter der Kontrolle der Insolvenzverwalter arbeiten müsste, hätte ich mein Engagement überdacht. Daher war es gut, dass wir sehr früh das kalkulierte Risiko eingegangen sind, mit einer Gläubigerversammlung eine neue Grundlage zu schaffen. Jetzt können wir damit beginnen, das Potenzial auszuschöpfen. Überspitzt gesagt: Wenn nur 2 Prozent der Touristen Fußball sehen wollen, ist das Stadion immer voll.

In der Printausgabe vom 22. Dezember (Nummer 607) lesen Sie außerdem:

- Volkssport an den festtagen: 200 Meter Freistil mit roter Mütze

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