„Sexy Männersport": Der Titel des Videos verspricht mehr, als er hält. Die beiden Wörter springen dennoch ins Auge, wenn man die Internetseite der deutschen Wasserball-Nationalmannschaft besucht. Im Clip sind dann ein paar nackte Oberkörper und Spielszenen zu sehen. Nichts, was an „Playboy" erinnern würde. Doch die Randsportart Wasserball will Aufmerksamkeit erregen, und dazu ist fast jedes Mittel recht.

Teammanager Michael Zellmer, der sich wie die gesamte Nationalmannschaft fünf Tage lang – von Sonntag (4.3.) bis Freitag (9.3.) – im Best Swim Centre in Colònia de Sant Jordi auf die Olympia-Qualifikation Anfang April vorbereitet, holt eine Postkarte aus seiner Tasche. Darauf ist der Kader in Badehose abgelichtet. Schwarz-Weiß, damit die perfekt austrainierten Muskelpartien zur Geltung kommen.

Bundestrainer Hagen Stamm, ein Berliner Original, nimmt kein Blatt vor den Mund: „Man muss sich ja nur mal anschauen, welche Zielgruppe zum Beispiel in der Hochburg Ungarn Wasserball im TV sieht: 80 Prozent sind Frauen, und davon sind 80 Prozent unter 30." Man weiß nicht so recht, ob Stamm das nun gut oder schlecht findet. Aber: „Sex sells, so ist das nun mal im Sport."

Es schmerzt die Wasserballer, dass sie in den „auf Fußball fixierten deutschen Medien" kaum Beachtung finden. Jenseits der Landesgrenzen sei das anders. Im ehemaligen Ostblock gehöre Wasserball zu den Nationalsportarten, auch in Spanien und Italien sei der Sport deutlich populärer als in Deutschland. Vor allem die Region um Barcelona gelte als Hochburg.

Dem Trainerteam ist bewusst, dass auch mal ein Titel nötig wäre, um in der Heimat größeres Interesse zu wecken.Die goldenen Jahre des deutschen Wasserballs liegen gut ein Vierteljahrhundert zurück. Damals spielte Hagen Stamm noch selbst. In den 80er Jahren holte sein Team zweimal die Europameisterschaft und 1984 die Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen. Damals mussten sie noch nicht für Postkarten posieren oder „sexy Videos" produzieren. Sie kamen trotzdem ab und an im Fernsehen vor.

Damit das zumindest wieder vorstellbar wird, legt der momentan 16 Mann starke Kader auf Mallorca die Grundlagen für ein Qualifikationsturnier für die Olympischen Spiele in London. 13 Spieler dürfen am Ende ins kanadische Edmonton fahren.

Dort haben die Deutschen zu ihrem Pech eine Hammergruppe erwischt. „Alle schweren Gegner wurden uns zugelost", sagt Stamm. Rumänien, Mazedonien, Griechenland, Montenegro und die Niederlande sind die Gegner der Nationalmannschaft vom 1. bis zum 8. April. Das Team muss in dieser Gruppe unter die ersten drei kommen, um sich für die K.-o.-Runde zu qualifizieren. Mindestens das Halbfinale muss erreicht werden, um nach London fahren zu dürfen.

Daher ist auf Mallorca absolute Konzentration angesagt. „Da ist es auch ganz gut, dass einige Spieler ihre Frauen und Kinder mitgebracht haben. So kommen sie nicht auf dumme Gedanken", sagt Stamm. Obwohl bezweifelt werden darf, dass das Team – vor allem aus Bundeswehrangehörigen und Studenten – sehr anfällig für „dumme Gedanken" ist. Auf der Internetseite jedenfalls geben die „sexy Männersportler" auffällig biedere Hobbys an, von Spiele-Abenden, Lesen, Angeln und Kochen bis hin zur Spielzeugeisenbahn.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 8. März (Nummer 616) lesen Sie außerdem:

- Fußball: Es kracht bei Real

- Wasserball, der sexy Männersport

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