Ruhige Zeiten kennt man beim Fußball-Erstligisten Real ­Mallorca ja sowieso schon länger nicht mehr. Aber zurzeit, so kurz vor Weihnachten, scheint sich alles gegen den Inselclub verschworen zu haben. An allen Ecken und Enden tun sich Baustellen auf. Wie man sie beseitigt, darüber scheinen alle Beteiligten noch zu rätseln. Und in der größten sportlichen Krise ist am Montagnachmittag (3.12.) im Verwaltungsrat des Clubs eine Bombe explodiert.

Institutionelle Krise

Die bisher in Abstimmungen immer unterlegene Gruppe um den deutschen Aktionär Utz Claassen und Pedro Terrasa fügte der Clubführung mit dem Präsidenten Jaume Cladera und dem Vizepräsidenten Llorenç Serra Ferrer eine empfindliche Niederlage zu. Claassen hatte zwei Tage vor der Sitzung per Mail beantragt die „Ablösung des Präsidenten Jaume Cladera" zur Diskussion zu stellen. Für die Tagesordnung, die 30 Tage vor der Sitzung feststehen muss, ist allerdings der Präsident zuständig. Folglich ließ sich Cladera nicht auf den Antrag ein.

In der Sitzung am Montag kam es dann zu einer Umkehrung der Machtverhältnisse: Als ­Cladera die Mail von Claassen weder vorlas, noch Fragen zuließ, ergriff Biel Cerdà, bis dato enger Vertrauter von Serra Ferrer und Cladera, die Initiative und forderte, die Ablösung des Präsidenten zumindest in die Tagesordnung der Aktionärshauptversammlung am 29. Januar aufzunehmen. Die Abstimmung ging 5:2 zu Ungunsten von Cladera und Serra Ferrer aus. Da es jedoch formal nicht die Hauptversammlung ist, die einen Präsidenten abwählt, wird das Thema wohl noch vor Weihnachten im Verwaltungsrat erneut auf den Tisch kommen.

Cladera bleiben nun etwa zwei Wochen Zeit, um Cerdà umzustimmen. Es wird allerdings nicht davon ausgegangen, dass Cerdà sich von seiner Meinung abbringen lässt. Das Verhältnis zwischen ihm und Cladera ist seit einigen Monaten angespannt. Streit gibt es vor allem um das Projekt Lluis Sitjar. Cerdà ist bei den Plänen federführend, das alte Stadion im Stadtteil Es Fortí wiederzubeleben, kommt damit aber nicht voran. Cladera warf ihm mehrfach Unfähigkeit vor.

Sollte Cerdà weiterhin mit Claassen und Terrasa gemeinsame Sache machen, hätte das für die Mehrheitsverhältnisse gravierende Folgen. Die Claassen-­Koalition käme auf eine hauchdünne Mehrheit von 50,4 Prozent der Aktienanteile. Diese Konstellation hätte Serra Ferrer vor Monaten verhindern können, als er von einem Vorkaufsrecht eines Anteils von genau 0,4 Prozent, den der Ex-Präsident Mateu Alemay veräußerte, keinen Gebrauch machte. Serra Ferrer verzichtete damals zu Gunsten von Cerdà.

Die Entscheidung Cerdàs gegen Cladera hatte sich bereits in den Tagen vor der Sitzung abgezeichnet. Während der Begegnung gegen Zaragoza sah man Claassen und Cerdà bereits sehr vertraut miteinander umgehen. Cladera scheint sich schon mit dem Ende seiner Amtszeit abgefunden zu haben. Er glaube, sein Abschied nahe, sagte er den Journalisten nach der Sitzung am Montag. „Wir werden sehen, wie alles abläuft, aber es ist klar, dass mir nicht mehr viel Zeit als Präsident des Clubs bleibt." Die ständigen Geplänkel im Verwaltungsrat haben Wunden hinterlassen. Cladera sagte: „Ich bin erleichtert, dass bald alles vorbei ist."

Unterdessen mischte sich Trainer Joaquín Caparrós in die Vereinspolitik ein. Er sagte am Montagabend nach der Verwaltungsratssitzung: „Cladera ist mein Präsident." Der Andalusier stand seit seinem Amtsantritt vor gut einem Jahr stets an der Seite von Serra Ferrer und Cladera.

Noch unklar ist, was mit den Aktien von Cladera passiert und - was für den Verein viel weitreichender ist - was Mehrheitsaktionär Serra Ferrer nach dem Ende des Zyklus mit Cladera als Präsident machen wird. Denn seine Position ist nach einem wahrscheinlichen Abgang Claderas deutlich geschwächt.

Sportliche Krise

All diese institutionellen Verwicklungen treffen Real ­Mallorca ausgerechnet im Moment einer tiefen sportlichen Krise. Die Mannschaft stolpert nach neun sieglosen Spielen in der Liga verunsichert auf dem Feld umher. Alejandro Alfaro gestand diese Nervosität am Montag nach dem unzureichenden 1:1 gegen Zaragoza öffentlich ein. Zwar trat die Mannschaft deutlich couragierter auf als beim äußerst faden 0:0 gegen Deportivo La Coruña im Königspokal Copa del Rey am Donnerstag (29.11.), aber dem Team gelingt derzeit auch unter größter Anstrengung nicht viel. Man kann den Spielern nicht den Willen absprechen. Die 14 Akteure, die Caparrós am Sonntagabend einsetzte, hängten sich rein und erspielten sich vor allem in der zweiten Halbzeit reihenweise beste Torgelegenheiten. Doch der Ball wollte einfach nicht in den Kasten. Immerhin reichte es noch zum Ausgleich, als sich viele schon mit der Nieder­lage abgefunden hatten.

Trainer Joaquín Caparrós erlebt gerade seine längste Durststrecke, seit er im Profi-Fußball arbeitet. Für den Andalusier ist es ungewohnt, sich in diesen Tabellenregionen zu bewegen: In seiner Trainer-Karriere in der Primera División hat er noch nie mit einer seiner Mannschaften auf einem Abstiegsrang gestanden. Real Mallorca ist derzeit nur noch einen Punkt davon entfernt.

Fankrise auf den Rängen

Als wäre der Verein nicht schon genug mit sich selbst beschäftigt, verweigert inzwischen der eigene Anhang dem Club die Unterstützung. Das ohnehin nicht besonders heimelige Stadion Son Moix ist im besten Fall halbleer. Wenn es noch schlechter läuft, ist nur ein Drittel der etwa 23.000 Plätze besetzt. So zählte der Verein zur Partie gegen Zaragoza am Sonntag nur 7.753 Zuschauer. Das waren weniger als je zuvor in den 16 Jahren, die Real Mallorca in der Primera División spielt.

Im ligaweiten Vergleich rangiert Mallorca mit einer Auslastung von 55,2 Prozent auf dem 15. Platz der sowieso schwach besuchten spanischen Liga. Und das, obwohl die publikumsträchtigen Heimspiele gegen Real Madrid und den FC Barcelona schon stattgefunden haben. Aber selbst in diesen Partien stellte Real ­Mallorca in dieser Saison Negativrekorde auf. Beide Top-Spiele wollten weniger als 16.000 Zuschauer sehen. Nun mag man anführen, dass insbesondere bei den Top-Spielen die hohen Ticketpreise viele von der Wirtschaftskrise gebeutelte Fans abschrecken. Eine ausreichende Erklärung für die leeren Ränge ist das jedoch nicht: Bei dem Spiel gegen Zaragoza gab es für Clubmitglieder die Karten schon ab fünf Euro.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 6. Dezember (Nummer 657) lesen Sie außerdem:

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