Jeder Sportler hat seine eigene Strategie, wie er sich auf wichtige Wettkämpfe vorbereitet. Im Falle der zweifachen Schwimm-­Olympiasiegerin Britta Steffen ist es die, vor der Weltmeisterschaft in Barcelona (ab dem 19. Juli) nicht mehr mit den Medien zu sprechen. Steffen trainiert dieser Tage mit ihren beiden Team­kolleginnen ­Daniela Schreiber und Theresa Michalak vom SV Halle/Saale im Best Swim Centre in Colònia de Sant Jordi und wohnt im benachbarten Blau Hotel. Schreiber und Michalak haben sich für eine deutlich günstigere Bleibe im Ort entschieden, schließlich müssen sie ein Viertel der Übernachtungs­kosten selbst zuschießen.

Als die MZ Steffen telefonisch in ihrem Hotelzimmer erwischt, reagiert diese überrascht, aber zunächst kooperativ. Sie gebe zwar grundsätzlich keine Interviews vor der WM, aber wir könnten gerne zum Training dazustoßen, ein paar Fotos schießen und mit den beiden Schwimmerinnen ihrer ­Trainingsgruppe sprechen. Als die MZ dann eine halbe Stunde vor der genannten Zeit im Schwimmbad auftaucht, ist Steffen gerade weg. Auch eine SMS von Theresa Michalak mit der Bitte, noch einmal kurz zurückzukommen, bleibt unbeantwortet.

Dafür zeigen sich Daniela Schreiber und Theresa Michalak umso auskunftsfreudiger. Die beiden Mal trainieren das erste Mal auf Mallorca, sind von der Insel begeistert und ebenso von den Bedingungen im Best Swim Centre - auch wenn das Wasser im Außenbecken mit etwa 27 Grad für den Geschmack von Theresa Michalak schon fast ein bisschen zu warm ist. „Da kommt man schon ziemlich ins Schwitzen".

Die Ausdauer-Trainings mit Tagesleistungen bis zu zwölf Kilometern wurden glücklicherweise bereits daheim in Halle absolviert. „Umfangswochen" nennt das Daniela Schreiber, weil sie so umfangreich waren. Hier, in Colònia de Sant Jordi, geht es an den Feinschliff. Kurze Distanzen auf Zeit schwimmen, wenden, abstoßen. „Jeden Tag steht ein anderes Detail im Mittelpunkt des Trainings", erklärt die 24-jährige Daniela Schreiber. Dafür ist das 50-Meter-Becken hier ideal.

Nur etwa eineinhalb Stunden trainieren die drei Schwimmerinnen jeden Morgen im Wasser, nachmittags kommt noch eine halbe Stunde Krafttraining hinzu. Das lasse sich schon aushalten, und dazu in einer so herrlichen Umgebung. „Ein bisschen fühlen wir uns wie im Urlaub, aber wir müssen aufpassen, dass wir das nicht zu sehr wie Freizeit betrachten, damit die Spannung aufrecht erhalten bleibt", sagt Schreiber. Denn die Leistung soll in Barcelona ja trotzdem stimmen.

Obwohl Bundestrainer Henning Lambertz diesmal auf Medaillenvorgaben verzichtet, nachdem der deutsche Schwimm-Kader bei den Olympischen Spielen in London damit „baden ging", wie Schreiber das nennt, mache er natürlich trotzdem Druck: „Er erwartet schon, dass jeder von uns in seinem Wettkampf bei der WM persönliche Bestzeit schwimmt", sagt Theresa Michalak. Die 21-Jährige ist Spezialistin über die längeren Distanzen und wird in Barcelona über die 200 Meter Lagen an den Start gehen. Schreiber zieht die kürzeren Strecken vor: 100 Meter Kraul sowie die 4x100 Meter Kraul-Staffel.

Außerdem gibt es da noch die offene Frage, wer über die 50 Meter Freistil ins Becken springt. Eigentlich hatte sich Daniela Schreiber einen der beiden Startplätze in Barcelona in dieser Disziplin bei den Deutschen Meisterschaften im April erschwommen. Den anderen hat die Essenerin Dorothea Brandt inne. Weil Britta Steffen allerdings Weltrekordhalterin über diese Distanz ist und auch im team­internen Vergleich mit Daniela Schreiber die Nase vorn hat, könnte die 1,85 Meter große Dessauerin ihren Startplatz an Steffen abtreten.

Das darf theoretisch bis eine Stunde vor dem Start geschehen. „So kurzfristig will ich das nicht entscheiden, aber wir schauen mal, wie wir beide in die Wettkämpfe reinkommen. Dann kann ich gegebenenfalls reagieren", erzählt Daniela Schreiber am Beckenrand. Die in einigen Medien vermuteten großen Diskussionen hätten sie im Trainingslager auf Mallorca darüber noch nicht geführt.

Überhaupt wirken die beiden sehr entspannt. Sie ärgern sich nur über die Wahrnehmung der Schwimmleistungen in Deutschland. „Wenn irgendjemand im Wintersport einen zehnten Platz belegt, dann berichten alle ­Medien darüber, wie toll das war. Bei uns hagelt es bei so einer Platzierung Kritik", bedauert Schreiber. Immerhin sei in Barcelona mal wieder das Fernsehen vor Ort und übertrage die Wettkämpfe live. „Das war auch immer so ein Problem. In der Vergangenheit wurde da schon mal Curling zeitgleich ausgestrahlt."

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 18. Juli (Nummer 689) lesen Sie außerdem:

- Lorenzos Sturz-Tage

- Die Barça-Fußballschule