Felix Magath hat endlich mal Zeit. Nach seiner Entlassung beim VfL Wolfsburg ist der Trainer seit gut einem Jahr ohne Engagement. Damit könne er nach den vielen Stationen gut leben, sagt er. Doch es halten sich hartnäckig Gerüchte, dass er mit Dinamo Zagreb in Verbindung steht. Am Freitag (22.11.) war der 60-Jährige nach Mallorca zum Charity-Event der Phytokids-Stiftung ins Hotel St. Regis Mardavall (S. 34-35) gekommen.

Zieht es Sie nicht wieder mal ins Geschäft zurück?

Mit Gewalt nicht, denn ich hatte eine lange und gute Karriere. Ich bin glücklich, dass ich so vielen Vereinen helfen konnte. Da möchte ich mich jetzt nicht in ein Abenteuer stürzen. Das habe ich oft genug gemacht. Das Engagement in Frankfurt etwa war ein Harakiri-Auftrag. Die Eintracht stand ja katastrophal da. Aber wenn jemand kommt und ein Ziel vor Augen hat, möchte ich gerne noch einmal helfen. Ich habe fast alle Ziele erreicht, bis auf einen Champions League-Sieg. Ich warte noch auf einen Verein, der sich zutraut, gegen Bayern, Real Madrid, Barcelona und Manchester United zu bestehen.

Bayern oder Real Madrid schließen Sie also für sich aus?

Das wäre ein bisschen zu einfach.

Aber Dinamo Zagreb klingt da doch schon wieder wie Harakiri!

Man soll nie von vornherein so überheblich sein und etwas ausschließen. Aber ich brauche eine Perspektive. Denn als Trainer bin ich immer jemand, der dazukommt. Anders als Uli Hoeneß, der 30 Jahre an einem Ort ist und seine Macht immer weiter ausbauen kann, habe ich ja keine Macht. Ich brauche jemanden, der mich unterstützt.

Haben Sie denn mit Zagreb gesprochen?

Ich orientiere mich zurzeit. Ich behalte die Bundesliga und den internationalen Fußball im Auge und besuche verschiedene Spiele. Ich war in Eindhoven, als Zagreb dort gespielt hat. Wenn sich was ergibt, zum Beispiel auch auf Mallorca, dann bin ich da.

Sie könnten sich vorstellen, den Laden auf Mallorca zu retten?

Ich kann mir alles vorstellen. Ich will nur im Einklang mit dem sein, was die Vereinsoberen wollen. Wenn ein Verein kommt und sagt: ´Wir wissen zwar, dass du Meister werden willst, aber wir sind froh, wenn wir Elfter werden´, dann mache ich das nicht. Mallorca ist natürlich interessant, weil hier viele Deutsche Urlaub machen. Dazu gibt es viele Engländer, Spanier und andere Nationen. Die machen die Insel lebendig. Fußball ist hier eine große Nummer. Deshalb verwundert es, dass sich der Verein nie so richtig in der Ersten Liga etabliert hat.

Was müsste denn ein Projekt haben, bei dem Sie sich vorstellen könnten, anzubeißen?

Für klare Verhältnisse mit einem einzigen Verantwortlichen bin ich zu haben. Schwierig ist es, wenn verschiedene Menschen mitreden. Wenn irgendwo ein Präsident ist und dazu noch ein sportlich Verantwortlicher, der sagt: ´Wir beide machen das, und wenn wir es nicht schaffen, dann gehen wir beide´, sage ich sofort: ´Bravo, da mache ich mit´. Aber auf die Nummer, wie sie in Deutschland abläuft, habe ich keine Lust. Da entlassen immer die sogenannten Manager die Trainer, wenn es eng wird, und behaupten, der Trainer war leider zu schlecht, und er hat diese und jene Fehler gemacht. Und dann heißt es: ´Jetzt wird alles besser´. Dann wird 14 Tage lang alles besser, aber ein Jahr später geht dasselbe Spiel von vorne los.

Was kann man gegen diese Kurzsichtigkeit tun?

Gar nichts. Das Geschäft hat sich so entwickelt. Das ist immer die einfachste Lösung. Damit kommt man aber auf lange Sicht nicht vorwärts.

Wie viel Einfluss hat denn der Trainer auf den Erfolg eines Teams?

Das kommt vor allem darauf an, wer die Entscheidungen trifft. In Stuttgart etwa hatte mit Krasimir Balakov ein Weltklassespieler den Verein verlassen. Man gab mir eine Million Euro, um einen Nachfolger zu verpflichten. Das ist natürlich ein Witz. Am besten sollte Balakovs Nachfolger Tore vorbereiten und Tore schießen, aber er durfte nichts kosten und nichts verdienen. Klar ist nur: So einfach, wie es sich die Leute immer machen, ist es nicht.

Bundesligaspieler sind im Ausland gefragt, die Bundes­liga scheint an Reputation zu gewinnen.

Das ist ohne Frage so und hat sich auch durch die Finanzkrise so ergeben. In Deutschland wurde seriöser gearbeitet. Es gibt eine perfekte ­Infrastruktur durch die WM 2006. Nur England kann da noch mithalten. Auch die Nachwuchsarbeit wurde Ende des vergangenen Jahrtausends verbessert. Die Früchte erntet man jetzt.

Deswegen verblüfft Ihre Forderung, dass Sie ausgerechnet Bayern und Dortmund in eine Europa-­Liga ausgliedern wollen. Diese Maßnahme scheint doch in den südeuropäischen Ländern nötig!

Das Grundproblem ist, dass man die Champions League so aufgepumpt hat. Da verdienen Bayern, Madrid oder Barcelona jedes Jahr 50, 60 Millionen Euro. Dadurch haben sie einen so großen wirtschaftlichen Vorteil, dass es Heuchelei ist, zu sagen, die Liga sei ein gerechter Wettbewerb. Deswegen sage ich: Seid doch ehrlicher und macht eine Europa-Liga! Die anderen Vereine in Deutschland werden den

FC Bayern nicht mehr einholen. Der spielt seit 20 Jahren in der Champions League. Wie sollen denn da Freiburg und Augsburg mithalten? Bayerns Vormachtstellung ist nicht zu verhindern und wird auf Jahre anhalten. Dortmund konnte als letzter Verein noch mithalten, aber das ist seit vergangener Saison vorbei.

Thema Nationalmannschaft: Wäre das nicht auch was für Sie?

Ich war immer gern Vereins­trainer und mache das lieber, weil ich lieber Spieler entwickle als eine Truppe zusammenzustellen und bei Laune zu halten. Das macht der Jogi Löw wunderbar.

Gibt´s einen Titel mit Jogi Löw?

Tja, das kann ich Ihnen nicht sagen.

Anders gefragt: Ist er der Mann für einen Titel?

Jeder kann sich ändern. Bisher war er es nicht. Aber eigentlich sollte jeder, aus dem was er macht, lernen. Und wenn er mal zurückschaut, ändert er vielleicht mal was.

Hätten Sie einen Tipp, was er ändern könnte?

Nein, er hat eine andere Spielauffassung als ich. Ich bin nicht gegen Löw. Ich gewichte nur anders. Fußball ist für mich zum einen, Tore zu schießen und zu verhindern. Und zum anderen Zweikämpfe. Aber die Tendenz geht mittlerweile dahin, keine Zweikämpfe mehr zu führen, weil in der Bundesliga so elendig gepfiffen wird. Es ist eine Wohltat, sich in England Fußball anzuschauen. Aber wenn bei jedem Körperkontakt gleich einer auf dem Boden liegt und der Schiedsrichter schon pfeift, bevor es zur Berührung kommt, dann wird das dem Fußball nicht gerecht. Das war ein Spiel für die sogenannten Proletarier. Für die unteren Schichten, die sich durchgeboxt haben. Dieser Charakter hat das Spiel groß gemacht.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 28. November (Nummer 708) lesen Sie außerdem:

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