Aina Colom ist ein wenig erleichtert, dass die Wogen sich so langsam wieder glätten. Natürlich seien die vielen Interviews der vergangenen Wochen aufregend gewesen. Und na klar habe sie sich über die vielen Glückwünsche von Freunden, Familie und Mitschülern riesig gefreut. „Aber jetzt kann auch ruhig wieder der Alltag einkehren", sagt die 14-jährige Seglerin aus Palma. Man merkt ihr an, dass sie nicht gerne im Rampenlicht steht.

Verdient hat Aina Colom Lob und Anerkennung jedoch allemal. Am vergangenen 23. Oktober schrieb die zierliche Teenagerin ein weiteres Erfolgskapitel mallorquinischer Sportgeschichte. Über 3.000 Kilometer von ihrer Heimat entfernt, im argentinischen Rio de la Plata, wurde die junge Regatta-Seglerin Weltmeisterin in der Optimisten-Klasse.

Es war das Sahnehäubchen einer auch schon zuvor hervorragenden Saison, in der die für den Regattaclub Arenal startende Seglerin bereits die spanische Meisterschaft sowie die Vize-Meisterschaft in der nationalen Copa-Serie für sich entschieden hatte - und damit die Fahrkarte für ihre Teilnahme an der World Championship in Argentinien einlöste. Neben Aina Colom gingen vor Rio de la Plata über 200 Optimist-Segler aus mehr als 40 Nationen an den Start.

Zusammen mit ihrem Vater war die Mallorquinerin bereits zwei Wochen vor dem ersten Startschuss nach Argentinien gereist, um sich für die Regatta-Läufe vorzubereiten. „Strömungen und Windverhältnisse sind dort vollkommen anders als in Europa", sagt Aina. Probleme bereitete ihr aber vor allem die dunkeltrübe See des Austragungsortes. „Das viele Schlammwasser, das der Fluss in die Bucht spült, färbte das Meer schokoladenbraun. So war es kaum möglich, auf der Oberfläche Kräuselungen auszumachen, die angeben, wo kleine Wind­felder anrollen, um dort Fahrt aufzunehmen", erinnert sich Aina.

Zu kämpfen hatten viele Teilnehmer zudem mit den ebenfalls schwer einzuschätzenden Wellen, die immer wieder unerwartet ins Boot schwappten. „Eindringendes Wasser macht die Jolle ja sofort schwerer und damit langsamer. Man muss diesen Ballast also so schnell wie möglich wieder aus dem Cockpit schöpfen, dabei gleichzeitig nicht vom Kurs abkommen oder die Spannung im Segel verlieren".

Aina behielt am Ende die Nerven und erzielte nach mehreren Top-5 Platzierungen die Höchstpunktzahl in der Gesamtwertung. „Auf einmal war ich Weltmeisterin und konnte es gar nicht fassen", erzählt sie.

Bei ihrer Rückkehr wartete am Flughafen Son Sant Joan bereits ein beachtliches Empfangskomitee aus Dutzenden von Freunden, Mitschülern, Familienangehörigen und Club-Repräsentanten auf den frischgebackenen Segel-Champion. „Das war schon überwältigend", erinnert sich Aina.

Zu verdanken habe sie die Weltmeisterschaft auch ihrer Mutter und ihrem Vater. „Wir freuen uns, dass Aina mit ihrem Hobby so viel Freude hat. Noch wichtiger als ihre sportlichen Erfolge sind uns aber die schulischen Leistungen", sagt die Mutter. Als Bedingung für die WM-Teilnahme in Argentinien musste Aina in den vergangenen Sommerferien Mathe- und Physik büffeln. In Absprache mit der Schulleitung durfte sie zudem verschiedene Examen und Klassenarbeiten vorziehen. Ihre Mutter wachte darüber, dass die Noten stets zufriedenstellend ausfielen.

Mit der Anfang Dezember vor Palma stattfindenden internationalen Jollen-Regatta „Trofeo Ciutat de Palma" (siehe Kasten links) endet für Aina Colom die bis dato erfolgreichste Segelsaison. „Nächstes Jahr fange ich wieder bei Null an", sagt sie und klingt dabei keineswegs gefrustet. Noch bis Sommer 2015 will sie in der Optimisten-Klasse an den Start gehen. Ob sie bei den sechs Qualifikationsregatten wieder einen Startplatz für die Segel-Weltmeisterschaft 2015 in Polen ergattert, bleibt abzuwarten.

Dreimal pro Woche trainiert Aina zusammen mit einem Dutzend gleichaltriger Jungs und Mädchen in Arenal. Neben Manöver- und Ausdauertraining auf dem Wasser stehen auch verschiedene Fitness-Einheiten in dem clubeigenen Gym auf dem Programm. Die bisherigen Erfolge schreibt Aina vor allem drei Faktoren zu: neben Geschicklichkeit im Umgang mit Schot und Pinne und einem hohen Konzentrationsvermögen sei es hauptsächlich ihre ungebrochene Freude am Segeln, die sie auf dem Meer vorantreibt. „Nur wer Spaß hat, kann letztendlich auch gewinnen. So einfach ist das."

Regatta: DSV-Aufmarsch vor Palma

Die Regatta „Trofeo Ciutat de Palma" vom kommenden 4. bis 7. Dezember ist der letzte große Wettbewerb für die internationale Jollen-Flotte in diesem Jahr. Rund 500 Teilnehmer in vier Klassen (Optimist, 420er, Laser 4.7 und Laser Radial) werden zu der ältesten Sportveranstaltung Palmas erwartet, die in diesem Jahr ihre 64. Ausgabe feiert. Der deutsche Segelverband (DSV) ist dieses Jahr mit der Rekordzahl von fast 70 Teilnehmern in der Optimisten-Klasse vertreten. Weitere Infos unter www.­trofeociutatdepalma.com

Bootsklasse "Optimist"

Trotz ihrer geringen Maße von nur 2,30 Meter Länge und 1,13 Meter Breite ist die „Optimist"-Jolle mit über 600.000 registrierten Booten die mit Abstand meist gesegelte Bootsklasse weltweit. Erfunden wurde sie 1947 von dem US-amerikanischen Bootsbauer Clark Mills als Einstiegs-Jolle für Kinder. Das 45 Kilogramm schwere Boot besteht aus einem kantigen GFK-Rumpf (früher aus Sperrholz), einem 2,35 Meter hohen Mast mit 3,5 Quadratmeter großem Sprietsegel, einem Steck-Schwert ­sowie der Ruder-Pinne. Um beim Kentern nicht unterzugehen, werden sowohl bei Trainings- als auch Regattafahrten fendergroße Auftriebskörper in dem nicht selbst lenzenden Cockpit angebracht. Geeignet ist der „Opti" für Kinder bis 15 Jahren beziehungsweise einem Gewicht von maximal 50 Kilo. Mit der kleinen, aber wendigen Jolle können auf dem Wasser Geschwindigkeiten von maximal vier bis fünf Knoten ­erreicht werden.

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