(Hinweis der Redaktion: Die Veranstaltung wurde am Donnerstagnachmittag, 11.12. wegen zu geringen Publikumsinteresses abgesagt, am Freitag, 12.12. dann aber wieder angesetzt. Stattfinden soll das Event nun in einer Halle in Arenal. Demnächst genauere Informationen hier).

Christian Brorhilker kommt sich ein bisschen vor wie das Mädchen für alles. Der 29-jährige Deutsche boxt am Samstag (13.12.) in der Palma Arena gegen den Andalusier Luis Rodríguez um die spanische Meisterschaft im Cruiser-Gewicht bis 91 Kilo, eine Stufe unter dem Schwergewicht. Aber nicht nur das: Er organisiert das Box-Event auch gleich selbst und muss sich um Werbung, Sponsoren, Zuschauer und alles kümmern, was sonst noch daran hängt. „40.000 Euro an Budget habe ich für die Veranstaltung zusammenbekommen", sagt er, wobei das finanzielle Risiko allein an ihm hänge.

Vor zwei Jahren begann Brorhilker, auf Mallorca größere Kampfsport-Events auf die Beine zu stellen, zunächst mit Partnern, später allein. Auch wenn er wie nach einer Veranstaltung im vergangenen Jahr ebenfalls in der Palma Arena einen Verlust einfährt und seine gesamten Ersparnisse draufgehen, den Ärger mit unzuverlässigen Partnern wolle er sich nicht mehr aufhalsen.

Der gebürtige Göttinger kam schon im Alter von acht Jahren auf die Insel. Seine Eltern zogen arbeitsbedingt nach Mallorca, inzwischen leben sie wieder in Deutschland. Sohn Christian hat sich hier sein neues Leben aufgebaut. Er ist mit einer Spanierin verheiratet, hat einen vierjährigen Sohn und arbeitet nach gescheiterten Versuchen des Motoröl-Imports auf die Insel als Teamleiter im deutschen Call-Center CCES24 im Polígono Son Castelló. Das Kickboxen begann er mit 15 Jahren. „Das ist meine eigentliche Leidenschaft, die ich auf Mallorca groß rausbringen will", sagt er der MZ.

Das herkömmliche Boxtraining begann er erst vor zwei Jahren. Insofern begibt sich Brorhilker am Samstag auf gefährliches Terrain. Denn gegen Rodríguez kämpft er nach den gewöhnlichen Box-­Regeln, sprich ohne den beim Kickboxen üblichen Beineinsatz. „Klar wird Luis da einen Vorteil haben, er hat eine Bilanz von 30 Kämpfen und nur drei Niederlagen. Ich habe gerade mal sechs Box-Kämpfe in meinem Leben absolviert." Doch mit einem reinen Kickbox-Event sei nun mal auf Mallorca noch kein Massenpublikum anzusprechen. Genauso wenig wie mit einem reinen Box-Event. „Die Mischung der Stile macht´s."

Aus einem speziellen Grund geht Brorhilker das Risiko gerne ein, eine solche Veranstaltung als alleiniger Organisator aufzuziehen. „Wenn ich das selbst mache, kann ich echte Weltklassekämpfer einladen und selbst gegen Leute antreten, gegen die ich sonst gar nicht kämpfen könnte." So etwa im vergangenen Juli bei einem Fusion-Event gegen Wendell Roche, eine Institution in der Welt des Kickboxens. Die Niederlage war da trotz ­aufwendiger ­Vorbereitung leichter zu verschmerzen.

Auch diesmal investiert Borhilker trotz der ungünstigen Ausgangslage einiges, um sich ordentlich aus der Affäre zu ziehen. Seit drei Monaten bereitet er sich zielstrebig auf den Kampf am Samstag vor. Jeden Morgen vor der Arbeit sind acht bis zehn Kilometer Laufen angesagt, nachmittags zwei Stunden Box-Training. Zusätzlich hat sich Brorhilker mit dem deutschen Coach Marcel Markwirth einen Fitness-Trainer geangelt, der ihm ein eigenes Programm entworfen hat. Das reicht von einem Ernährungsplan bis hin zu den täglichen Trainings­einheiten.

Gerade was die Ernährung angeht, ist Markwirth allerdings nicht ganz zufrieden mit seinem Schützling. „Da könnte er noch deutlich disziplinierter an die Sache rangehen, aber das weiß er", sagt der Augsburger der MZ. Deswegen wende Markwirth bei seinem Schützling ein sogenanntes HIT-Training an, ein High Intensity Training. „Da wird dann 20 bis 40 Minuten quasi ohne Pause Vollgas gegeben. Kampfsport­elemente und herkömmliches Körper­training verbinden sich darin."

Weil er als Kickboxer im Duell mit einem klassischen Boxer Nachteile hat, muss sich Brorhilker vor allem auf die Beinarbeit konzentrieren und seine Angriffe blitzartig und präzise ausführen. Eine Eigenschaft, die ihm Markwirth bestätigt und die auch Brorhilker als seine größte Stärke bezeichnet, wird ihm im Ring entgegenkommen. „Ich habe sehr gute Nehmerqualitäten", sagt der Göttinger über sich. Und Markwirth ergänzt: „Da kann man noch so oft draufhauen, der Christian steht immer noch." Trotzdem: Seine Frau traut der Sache nicht und verlässt stets die Halle, wenn er in den Ring steigt.

Die Nehmerqualitäten kommen ihm auch im harten Promotergeschäft zugute. Denn das sei auch auf Mallorca ein echtes Haifischbecken. „Hier gibt es ständig irgendwelche Boxevents, doch die allermeisten von ihnen sind keine Profi-Veranstaltungen, sondern kleine Hinterhof-Kämpfe auf den Dörfern." Da rufe dann der örtliche Promoter einen neuen Weltmeistertitel aus, und die Leute auf dem Dorf seien begeistert und strömten zu den Kämpfen. „Beim Kickboxen gibt es nämlich anders als beim Boxen unzählige Verbände, jeder kann sich seinen eigenen Titel stricken." Die Leute könnten vielfach nicht unterscheiden, ob eine Veranstaltung qualitativ hochwertig sei oder nicht.

Kurzum: „Es ist ein hartes Brot, den Kampfsport auf der Insel zu etablieren." Im Endeffekt bleibe das wohl an ihm hängen, denn die verschiedenen Promoter, von denen es rund 20 gebe, seien untereinander viel zu zerstritten. „Dabei könnte man viel mehr erreichen, wenn man an einem Strang zieht."

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