20 junge erfolgshungrige Männer, die meisten von ihnen Deutsche: So will der Radstall des Zweitligisten „Bora-Argon 18" den internationalen Radzirkus aufmischen und damit bei der Mallorca Challenge beginnen. Das Team mit Sitz im oberbayerischen Raubling bei Rosenheim trat im vergangenen Jahr noch unter dem Namen NetApp-Endura bei der Tour de France an und belegte für viele überraschend den siebten Platz in der Gesamtwertung. „Bora-Argon 18" gehört neben dem Rennstall Giant-Alpecin um Marcel Kittel und John Degenkolb zu den neuen Hoffnungsträgern des Radsports in Deutschland. Die Fahrer des Zweitligisten allerdings kennen nur wirkliche Radsportfans.

Nur bei Björn Thurau ist das anders. Der 26-Jährige gilt als eine der Säulen, um die der ehemalige Profi und jetzige Manager Ralph Denk das Team aufgebaut hat. Aber nicht nur das: Björn Thurau ist auch der Sohn der deutschen Radsportlegende Dietrich Thurau. Und als solcher tritt er immer auch ein bisschen gegen den Ruhm seines Vaters an, der bei der Tour de France 1977 ganze 15 Tage lang im Gelben Trikot unterwegs war und fünf Etappen gewann.

„Chapeau davor, was mein Vater geleistet hat. Aber ich kann mir nichts davon kaufen", sagt Sohn Björn, der im Teamquartier im Robinson Club Cala Serena sitzt und mit seinen 1,93 Metern nicht wie der typische Radprofi aussieht. Klar habe er ein gewisses Talent von seinem Vater mitbekommen, doch seine Karriere müsse er sich schon selbst erarbeiten. „Seit ich klein bin, vergleichen mich die Menschen mit meinem Vater." Es habe ihn nie gestört. Klingt glaubwürdig, überzeugt aber nicht völlig, vor allem, weil das Verhältnis von Vater und Sohn Thurau lange Zeit nicht unbelastet war. Thurau senior gab nach seiner Karriere so unumwunden wie kaum ein zweiter Radprofi die Einnahme von leistungssteigernden Mitteln zu. Mit einer solchen Vergangenheit will Sohn Björn nichts zu tun haben. Gegenüber seinem Sohn soll Dietrich

Thurau seine Vergangenheit eher tröpfchenweise aufgearbeitet ­haben. Außerdem soll er dem Filius vom Berufsziel Radprofi abgeraten haben. Der Junior schüttelt den Kopf: „Das stimmt nicht. Er war nicht direkt dagegen, sondern immer interessiert daran, dass ich Sport ausübe."

Bedingungsloser Rückhalt klingt anders. Aber Sohn Björn ist nun mal in eine schwierige Zeit für Radprofis hineingeboren worden. Und dann fehlen ihm eben auch noch Siege, um wirklich gut vom Sport leben zu können. Das ­zumindest soll 2015 endlich anders werden. „Ich habe mich die vergangenen Jahre weiterentwickelt, das Team fährt inzwischen auch für mich. Da will ich schon endlich mal einen Sieg holen." Und wenn es eine Etappe bei der Tour de France sein sollte, habe er nichts dagegen.

Bei der Frankreich-Rundfahrt hat sich „Bora-Argon 18" in diesem Jahr wieder einen Platz mit Wildcard gesichert. Neben dem ­Erstligisten Giant-Alpecin gibt es bei der Tour damit erstmals seit 2008 wieder zwei deutsche Teams. Der Manager von Bora-Argon 18, Ralph Denk, wertet diese Tatsache als Beleg dafür, dass die Talsohle des Radsports in Deutschland überwunden ist: „Ich sehe die Konkurrenz mit Alpecin-Giant sehr positiv. Deutschland ist groß genug für zwei Profi-Teams." Denk war bereits 2009 bei NetApp, dem Vorgänger von Bora-Argon eingestiegen. Seine Erfahrung zeige ihm, dass der Radsport immer noch einen hohen Stellenwert genieße. In der Managersprache klingt das so: „Der return of invest ist sehr gut." Gemeint ist, dass sich für Firmen eine Investition im Radsport nach wie vor lohne.

Vor allem sei die Reichweite im Fernsehen so groß wie bei kaum einem anderen Sport, wirbt Denk. „Die Tour de France wird in 150 bis 190 Länder übertragen." Klar wiege die Vergangenheit mit den Doping-Skandalen noch immer schwer, weil viele große Firmen dadurch verschreckt worden seien, doch hier habe ein Wandel eingesetzt. „Rennradfahren ist in Deutschland inzwischen eine Trendsportart." Im Nachwuchsbereich fänden sich trotz aller Schwierigkeiten viele Talente. „Gerade auf ehrenamtlicher Basis wird sehr gute Arbeit geleistet."

Gut für „Bora-Argon 18", denn der Rennstall dürfte auch in den kommenden Jahren noch Bedarf an deutschen Nachwuchsfahrern haben, die Denks Philosophie umsetzen. Sie lautet - man traut sich wieder Töne zu spucken: „Lieber vorne verrecken als hinten verstecken." Ein offensiver und attraktiver Fahrstil ist vorrangig, ein Aufstieg in die erste Riege des Radsports deshalb momentan nicht so wichtig. Wohl auch, weil das finanziell trotz des Aufwärtstrends noch nicht zu stemmen ist. Der Etat etwa von Giant-Alpecin beträgt 14 Millionen Euro. „Bora-Argon 18" kommt nach Schätzungen aus der Branche auf etwa vier Millionen. Denk selbst möchte lieber keine Zahl nennen.

Hohe Promi-Dichte bei der Rundfahrt Mallorca Challenge

Obwohl im vergangenen Herbst zwischenzeitlich Gerüchte die Runde machten, die Challenge Mallorca könnte aufgrund von Finanzierungsschwierigkeiten abgesagt werden, haben die Organisatoren es geschafft, ein hochkarätig besetztes Feld zum europäischen Radsport-Saisonauftakt auf die Insel zu locken. Für die vier einzeln gewerteten Tagesetappen von Donnerstag (29.1.) bis Sonntag haben sich

22 Mannschaften angemeldet, sechs davon aus der höchsten Radsport-Liga, der UCI World Tour.

Auch acht Professional Continental-Teams und fünf Continental UCI-Rennställe - in etwa mit der zweiten und dritten Liga gleichzusetzen - gehen an den Start. Komplettiert wird das Feld von den Nationalmannschaften Spaniens, Russlands und Großbritanniens. Ob der Tour de France-Sieger von 2012, Bradley Wiggins vom Team Sky, an den Start geht, entscheidet sich wohl erst kurz vor dem Rennen. Auf jeden Fall dabei sind der vergangenes Jahr auf der UCI World Tour beste Einzelfahrer, der Spanier Alejandro Valverde, sowie der vierfache Weltmeister im Zeitfahren, der Schweizer ­Fabian Cancellara und der mehrfache Vuelta a España-Etappensieger Nacer Bouhanni.

Bekannte deutsche Fahrer sind unter anderem der sechsfache Etappensieger bei der Tour de France, André Greipel vom Team Lotto-Soudal, der von seinem Landsmann und Teamkollegen Marcel Sieberg unterstützt wird. Auch Linus Gerdemann und Fabian Wegmann (beide in denReihen des Teams Cult Energy aus Dänemark) sowie Gerald Ciolek, der für den südafrikanischen Rennstall MTN-Qhubeka in die Pedale tritt, gehen auf Mallorca an den Start.

In diesem Jahr haben die Organisatoren die Challenge umstrukturiert. Wichtigste Neuerung: Statt am Sonntag am Paseo Marítimo in Palma zu starten, geht es bereits am Donnerstag mit der Etappe von Santanyí über Ses Salines nach Campos los. Der Trofeu Palma steht zum Abschluss am Sonntag an und führt diesmal durch das gesamte Hinterland der ­Inselhauptstadt. Gestartet wird um 10 Uhr in der Bierstraße an der Playa de Palma, bevor in einem Bogen über Llucmajor, Santa Margalida, Inca und Esporles Palma erreicht wird.

In den jeweiligen Orten und bei der Zieleinfahrt am Paseo Marítimo in Palma auf Höhe des Auditoriums gegen 14 Uhr dürfte es am einfachsten sein, das Peloton zu Gesicht zu bekommen. Weitere Gelegenheiten bieten sich am Donnerstag in Ses Salines, Santanyí, Colònia de Sant Jordi und etwa gegen 16 Uhr bei der Zieleinfahrt in Campos (Ronda s´Estació). Am Freitag haben Neugierige die besten Chancen beim Start an der Plaça d´Espanya in Andratx oder gegen 15.40 Uhr am Aussichtspunkt Es Colomer. Und am Samstag bietet sich ein Ausflug nach Esporles, Bunyola, Alaró oder zum Ziel in Deià an, wo der Sieger gegen 15.40 Uhr erwartet wird.

Der Sportsender „Teledeporte" bringt abends jeweils eine Tageszusammenfassung. Die vorläufigen Sendezeiten sind Donnerstag 21.45 Uhr, Freitag 22.30 Uhr, Samstag um 19.30 Uhr und Sonntag 21.15 Uhr.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 29. Januar (Nummer 769) lesen Sie außerdem:

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