El deporte rey - so wird der Fußball in Spanien genannt. Königssport, das drückt ziemlich gut seinen Stellenwert hierzulande aus. Erst kommt Fußball, dann lange Zeit nichts, und dann ein bisschen Tennis, ein bisschen Basketball und ab und zu noch Handball. Auf der Insel gilt das genauso wie im Rest des Landes. Real Mallorca ist trotz des Abstiegs in die Zweite Liga weiterhin Zuschauerkrösus aller Sportarten. Und auch bei den Drittligisten Atlético Baleares und Llosetense strömen regelmäßig mehr als 1.000 Menschen zu den Spielen in die kleinen Stadien. Wie sehr der Fußball das Land elektrisiert, zeigt sich spätestens, wenn die beiden Erzrivalen in der Primera División, Real Madrid und der FC Barcelona, gegeneinander antreten. Wer eine Veranstaltung zeitgleich zu einem clásico plant, der bleibt auf den Karten sitzen und bringt zum Ausdruck, dass er Spanien nicht verstanden hat.

Die Aktiven

Aber kein Wunder: Im ganzen Land treten die Kleinkinder schon gegen den Ball, kurz nachdem sie das Laufen gelernt haben. „Viele Eltern wollen sich einen kleinen Messi oder Ronaldo heranzüchten", sagt Manolo Bosch, der Geschäftsführer des balearischen Fußballverbandes - und die Kritik an dieser ehrgeizigen Haltung schwingt deutlich mit. Die Hoffnung darauf, vielleicht einen künftigen Superstar zu Hause zu haben, schürt die Nachfrage nach den Vereinen. Allein auf den Balearen gibt es laut Bosch 281 Clubs mit 1.522 Mannschaften. Rechnet man Männer- und Frauenfußball zusammen, finden sich auf den Inseln rund 20.000 Aktive, die in einem Verein eingeschrieben sind, nur 634 davon sind weiblich. „Dazu kommen noch 2.693 Fußballtrainer sowie die rund 2.000 Aktiven im Hallenfußball", erklärt Bosch.

Einer der größten Clubs der Inseln ist, wenig überraschend, der RCD Mallorca, dessen Zweitligamannschaft in der spanischen Profiliga und somit nicht im balearischen Verband organisiert ist. Aber der Inselclub besitzt neben der Profimannschaft mehr als zehn weitere Mannschaften, von den Kleinsten, den prebenjamines bis hin zur Zweitliga-Reserve, die in der Tercera División spielt. Weitere große Insel-Vereine sind Atlético Baleares, San Francisco, Collerense oder auch Ferriolense.

Um mehr Mannschaften aufbieten zu können, griffen viele Vereine jahrelang zu „legalen Tricksereien", wie es Bosch nennt. Die politischen Institutionen wie Inselrat oder Regierung befürworteten eine Zeit lang in jeder Altersgruppe nur eine Mannschaft. Aufgrund des großen Interesses hätten aber viel mehr Teams gebildet werden können, als es die Statuten erlaubten. Somit ersannen viele Vereine einfach Clubs innerhalb ihres Clubs, die einen anderen Namen bekamen, aber prinzipiell vom übergeordneten Verein abhingen. „So konnten dann immerhin zwei oder drei Mannschaften der gleichen Altersgruppe gebildet werden."

Das Interesse am Fußball im Verein nahm in den vergangenen Jahren nachvollziehbarerweise direkt proportional mit den Erfolgen der spanischen Nationalmannschaft zu, die einen Weltmeister- und zwei Europameistertitel holte. Auch die Erfolge auf europäischer Ebene von Teams wie Real Madrid, dem FC Barcelona, Atlético Madrid oder dem FC Sevilla haben dazu beigetragen.

Der Nachwuchs

Wer nun ein kleiner Messi werden will, der muss sich vor allem erst einmal gedulden. Denn am Spielbetrieb dürfen Kinder laut der Verbands­philosophie erst mit etwa sechs Jahren teilnehmen. „Davor wollen wir einen direkten Wettbewerb vermeiden", sagt Bosch. Aber es gibt auch für jüngere Kinder die Möglichkeit, sich dem Fußball zu nähern: in den sogenannten escoletas, die viele Vereine auf die Beine gestellt haben. Dort wird zum Beispiel ein Spiel organisiert, und danach ein Imbiss mit den Kindern. Bosch findet aber, dass auch sechsjährige Kinder noch zu klein seien, um die Resultate ihrer Spiele in offizielle Listen einzutragen. Der Verband wollte das vor einiger Zeit bei einer Versammlung mit den Clubs festklopfen, hatte die Rechnung aber ohne die Vereinsverantwortlichen, in der großen Mehrheit selbst Eltern von Fußball spielenden Kindern, gemacht. Die wollten sehr wohl, dass auch in der untersten Liga bereits mit sechs Jahren offizielle Ergebnislisten geführt würden. „Die Eltern wollen es schwarz auf weiß sehen, wie viele Tore ihr Sohn geschossen hat und dass das Team 10?:?0 gewonnen hat."

Bis zum Alter von zwölf Jahren ist das Leistungsprinzip dabei nicht vorrangig. Jedes Kind kann sicher sein, dass es zumindest die Hälfte der Spielzeit eingesetzt wird, egal, welches Niveau es hat. „Bis zu dieser Altersstufe besteht eine Partie aus vier Abschnitten, von denen jedes Kind mindestens zwei spielen muss", erklärt Bosch. Erst ab dem Alter von 13 Jahren entscheide der Trainer allein, wer wann und wie lange auf dem Feld stehen darf. Wer sich gut macht, wird auf den Balearen ins centro de tecnificación geschickt, Nachwuchstalente ab 15 Jahren werden dort speziell ausgebildet. Einmal die Woche treffen sich die jeweils besten Spieler jeder Altersgruppe, um außerhalb ihres Clubs zu trainieren. Die Balearen sind gut darin, neue Talente hervorzubringen. „Wir haben praktisch in jeder Jugendauswahl einen oder mehrere Spieler von den Inseln", bemerkt Bosch nicht ohne Stolz.

Frauenfußball

So groß die Begeisterung bei den männlichen Inselbewohnern für den Fußball ist, so schwierig gestaltet sich das Thema bei den Mädchen. Bis zum Alter von 14 Jahren ist das kein großes Problem, weil Jungen und Mädchen gemeinsam in einem Team spielen. Außerhalb der renommierteren Clubs Collerense, Son Sardina oder Porto Cristo gibt es jenseits dieser Altersstufe aber kaum Spielerinnen. Deshalb lohnt es nicht, eigene Wettbewerbe für Mädchen auf die Beine zu stellen.

Die Veteranen

Schwierig sei es auch, so Bosch, eine Veteranen-Liga aufzuziehen. „Im vergangenen Jahr haben wir es geschafft, in diesem Jahr klappt es schon wieder nicht." Schuld daran sei vor allem, dass die infrage kommenden Spieler alle mitten im Arbeitsleben stünden und oft eine Familie hätten. Zeitlich werde es da für viele eng. „Deshalb veranstalten wir höchstens einzelne Turniere."

Die Kosten

Fußball ist eine der günstigsten Sportarten. Für den Verband fallen lediglich fünf Euro für die Lizenz im Jahr an. Dazu kommen Versicherungskosten von etwa 30 bis 100 Euro im Jahr, je nach Alter und Kategorie. Dazu verlangen die Clubs eine kleine Gebühr, die allerdings von Ort zu Ort und von Club zu Club schwankt.