Sieben Grand-Slam-Titel hat Mats Wilander in seiner aktiven Tenniskarriere geholt. Heute verdient sich der Schwede als Experte bei Eurosport sein Geld und ist mit seiner mobilen Tennisschule „Wilander on Wheels" für Privatstunden zu buchen. Nach Palma ist der ehemalige Weltranglistenerste für den Legends Cup gereist. Das Turnier (6.10. bis 9.10.) war Teil der ATP Champions Tour, bei der ehemalige Tennisstars gegeneinander antreten. Seinem Ehrgeiz zum Trotz belegte Wilander nur den vierten Platz (siehe Kasten). Mit dem 52-Jährigen sprach die MZ im Wohnzimmer des Palma Sport?&?Tennis Clubs über den Wandel des Tennissports in den vergangenen Jahrzehnten, fehlende Liebe zum Sport und ­Nadals Weg aus der Krise.

Im Doppel mit Rafael Nadal beim Sportfest seiner Academy in Manacor mussten Sie verletzt passen. Was war da los?

Ich hatte Rückenprobleme und habe mich für den Legends Cup geschont. Zuvor hatte ich in Luxemburg und Marbella Show-Events gespielt. Da geht es darum, das Publikum für sich zu gewinnen. Wenn die Leute lachen, kommen sie nächstes Jahr wieder. Der Legends Cup ist etwas ernster.

Warum ist es in Palma anders?

Weil wir jeden Tag Einzelspiele der ATP Champions Tour bestreiten. Die Doppel sind für die Unterhaltung der Zuschauer gedacht, aber im Einzelturnier geht es nur um den Sieg. Während der Punkte gebe ich alles, was ich kann.

Wie bewerten Sie Spieler wie Mansour Bahrami, die sich selbst als Tennis-Clowns sehen?

Bahrami spielt nur Doppel. Im Einzel würde ich ihn 6:1, 6:1 besiegen. Aber genauso hoch würde ich gegen Carlos Moyá verlieren.

Ist es eine Frage des Alters?

Die Fähigkeit steht im Vordergrund. Manchmal ist es besser, älter und erfahrener zu sein. Manchmal jünger und beweglicher. Die Grundregel ist aber: Je älter du wirst, desto größer ist der Vorteil der jüngeren Spieler.

Beim Legends Cup sind Sie aber der Spieler, der in der aktiven Karriere die größten Erfolge gefeiert hat.

Wir sind nicht die Rolling Stones. Die spielen die gleichen Songs wie früher und das immer noch hervorragend. Wenn ich jetzt die gleiche Rückhand wie 1984 spiele, lacht mich Moyá aus. Die Zuschauer vergleichen immer die Erfolge und sagen dann: Wilander hat die French Open gewonnen, Corretja nicht. Wilander wird gewinnen. Wir sind die Experten und wissen das besser einzuschätzen.

Wie hat sich Tennis im Vergleich zu Ihrer Zeit geändert?

Mit den modernen Schlägern schlagen die Spieler heutzutage härter. Auch sind sie körperlich besser, spielen dafür aber mit weniger Taktik und nicht sehr ­variabel. Die Spieler sind defensiver und bleiben auf der Grundlinie. Wir waren immer darauf bedacht, irgendwann zum Netz zu kommen. Unsere Schläger waren aber auch nur halb so groß, da war die Offensive die bessere Idee.

Wer ist für Sie der beste Spieler aller Zeiten?

Jedermanns Liebling ist Roger Federer. Er erinnert die Leute an alte Zeiten, aber ist auch gleichauf mit den aktuellen Tennisgrößen.

Und wo stehen Sie im Ranking?

Auf Platz 15 vielleicht. Sampras, Agassi, Lendl, McEnroe und Nadal stehen alle vor mir, um nur einige zu nennen.

Nadal ist ein gutes Stichwort. Findet der Mallorquiner zurück zur alten Stärke?

Gerade hat er bei den Masters in Peking gegen den Bulgaren Grigor Dimitrov verloren. Abhängig von den anderen Spielern und seinem Selbstvertrauen traue ich ihm aber durchaus einen weiteren Grand-Slam-Titel zu. Dafür müsste er Novak Djokovic schlagen oder Glück in der Auslosung haben. Sollte Djokovic schwächeln, muss Nadal da sein und die Spitze zurückerobern.

Stehen die Spieler heutzutage mehr unter Druck?

Während des Spiels nicht. Da hatten wir in den 80er-Jahren mehr Zuschauer. Früher wurden die Grand-Slam-Finalspiele immer auf dem größten Sender gezeigt. Heute laufen sie nur noch auf Sportkanälen. Die Konstanz der Leistung ist wichtig. Wenn du in der ersten Runde rausfliegst, schreiben dich die Medien in die Krise, und die Sponsoren lesen das. Uns war das früher egal. Mit 18 Jahren hatte ich keinen Bock auf Interviews.

Die jungen Spieler heute sind anders?

Denen ist das Image wichtiger. Immer die gleichen Jubelposen und das Bekreuzigen beim Einlauf. Sind die wirklich alle religiös? Ich glaube kaum. Es ist ein Beliebtheitswettbewerb geworden, um mehr Geld zu bekommen. Ich habe in meiner Karriere acht Millionen Dollar Preisgeld eingespielt. Dimitrov hat schon genauso viel und hat nie einen Grand Slam gewonnen oder stand unter den besten Fünf der Weltrangliste. Es tut mir leid, dass das Geld den Sport in den Hintergrund drängt.

Der neuen Generation im Tennis fehlt also die Leidenschaft?

Ja. Warum spielen die Rolling Stones noch Konzerte? Weil sie die Musik lieben!

Hat Nadal noch diesen Enthus­iasmus?

Natürlich. Da reicht ein Blick auf seine Tennis-Academy in Manacor. Man baut so etwas nicht, wenn man dort keine Zeit verbringen will. Ohne die Leidenschaft würde man lieber golfen oder angeln. Tennis ist eine Entscheidung fürs Leben.