Für Chicho Lorenzo ist die Sache klar: „Die Reifen sind schuld!" Der Vater des mallorquinischen MotoGP-Piloten Jorge Lorenzo ist nicht der Einzige, der sich in der am Sonntag (13.11.) in Valencia endenden Saison über den Hersteller Michelin beschwert. „Da nützt es nichts, das leistungsstärkste Motorrad zu haben, wenn die Reifen dieser Kraft nicht standhalten", schimpft er. Der französische Fabrikant löste in dieser Saison Bridgestone ab und hat das Monopol über die Bereifung der Räder. „Michelin versucht, die Reifen an das Motorrad anzupassen, während Bridgestone dir ein paar Reifen gab und du das Motorrad darauf eingestellt hast", hatte bereits Marc Márquez der Zeitung „El País" gesagt. Der Spanier hatte sich bereits drei Rennen vor Saisonende zum Weltmeister gekürt. „Die Reifen verhalten sich von Runde zu Runde anders. Wir müssen viel he­rumexperimentieren, und manchmal geht es schief."

So meckerten die Fahrer diese Saison über abplatzende Reifenteile, mangelnden Grip und die kurze Haltbarkeit des Gummis. Michelin stellt den Fahrern vor dem Rennen drei Reifentypen zur Auswahl: soft, medium und hart. „Am Vorderrad habe ich mit der weicheren Mischung ein gutes Gefühl, aber die wird das Rennen nicht überstehen. Mit dem Reifen bekommen wir schon nach sieben oder acht Runden Probleme, er müsste aber 20 halten. Mit der härteren Variante ist es dann wieder viel schwieriger zu fahren", erklärte Lorenzos Teamkollege Valentino Rossi vor dem Großen Preis von Großbritannien im September.

Wenn am Sonntag um 14 Uhr die Motoren zum letzten Mal in dieser Saison aufheulen, will Jorge Lorenzo mit einem Platz auf dem Podium sein schwaches Jahr versöhnlich beenden. Nach dem dritten Titel im Vorjahr war der 29-Jährige gut in die Saison gestartet und führte nach sechs gefahrenen Rennen die Gesamtwertung an. Mit dem Rennwochenende Anfang Juni in Katalonien begannen die Probleme. Andrea Iannone fuhr Lorenzo um. Der Mallorquiner musste das Rennen abbrechen und Márquez zog in der Gesamtwertung vorbei.

Neben dem sportlichen Rückschlag musste Lorenzo an jenem Wochenende auf persönlicher Ebene den Tod seines Freundes Luis Salom miterleben. Der mallorquinische Moto2-Fahrer starb nach einem Unfall beim Training. „Jorge ist in der Lage, das auszublenden und sich auf ein Rennen zu konzentrieren. Ich glaube nicht, dass es Einfluss auf die Resultate danach genommen hat", sagt Chicho Lorenzo. Unstrittig ist aber, dass Lorenzo in den folgenden Rennen schlechte Leistungen ablieferte.

Ein Grund dafür war allerdings auch das Wetter. „Lorenzo hat große Probleme bei Regen und ist dann oft sogar der langsamste Fahrer auf der Strecke", sagt Markus Zörweg, Redakteur bei motorsport-magazin.com. „Man vermutet, dass er nach seinem Schlüsselbeinbruch 2013 in Assen eine mentale Blockade bei Regen hat." So beendete ­Lorenzo die Rennen in den Niederlanden und auf dem Sachsenring bei schlechtem Wetter auf dem 10. und 15. Platz. Beim Großen Preis von Österreich schien wieder die Sonne, und der Mallorquiner kam als Dritter ins Ziel.

Auch der Fahrer selbst ist sich seines Schwachpunktes bewusst: „Je nasser die Strecke ist, umso schwerer fällt mir das Fahren, und ich verliere an Selbstvertrauen", sagte er nach dem vergangenen Rennen Ende Oktober in Sepang. Lorenzos Fahrstil ist durch eine hohe Geschwindigkeit in den Kurven geprägt, die bei einer regennassen Fahrbahn Risiken birgt.

Aber Lorenzo wäre wohl nicht dreifacher Weltmeister, wenn er nicht auch bei Regen erfolgreich sein könnte. Das zeigte er zuletzt in Malaysia mit dem dritten Platz. „Ich habe schon in der Vergangenheit bewiesen, dass ich auch auf einer nassen Strecke schnell sein kann. Es war nur eine Frage der Zeit, bis das auch mit den Michelin-Reifen klappt." Aber sicher ist sicher, weshalb Lorenzo in Valencia sicherlich auf gutes Wetter hoffen wird. Denn seinen dritten Platz in der Gesamtwertung will er nicht auch noch abgeben müssen.