Der erste Gedanke ist: Meine Güte, ist die groß geworden! Das Tennis-Nachwuchs­talent Dami Edibson, das die MZ vor knapp fünf Jahren erstmals vorstellte, hat sich in eine junge Frau verwandelt. 14 Jahre alt, etwa 1,70 Meter groß und möglicherweise kurz davor, sich einen Platz in der Damen-Weltrangliste zu erobern.

Auf den Inseln macht ihr in der Altersklasse der unter 16-Jährigen schon länger niemand etwas vor, spanienweit könnte Dami schon kurzfristig zu den besten Spielerinnen zählen - und demnächst soll sie den Sprung in die internationale Spitze schaffen. Ihr Förderer und Pflegevater Dani Fuster kann diesen Zeitpunkt schon jetzt kaum erwarten.

„Dami könnte, wenn sie sich nicht verletzt, in zwei bis drei Jahren ganz oben in der Weltrangliste der Damen mitspielen. Und das sage nicht ich, das sagen Tennis-Experten", wiederholt der bei der Landesregierung angestellte Beamte beinahe mantraartig beim Treffen mit der MZ im ProFitness-Studio, das Carlos Moyà gehört. Der ehemalige Weltranglisten-Erste lässt Dami im Ocimax-Komplex täglich zwei Stunden trainieren.

„Ich brauche Ausdauer", erklärt Dami. „Wenn ein Spiel mal drei Stunden dauert, muss ich das ja auch durchstehen." Sie habe auf dem Platz bereits gemerkt, dass sie auch deutlich älteren Spielerinnen körperlich überlegen sei. „Die schnappen nach Luft, während es mir noch ganz gut geht", berichtet sie, und es klingt kein Stückchen überheblich. Dafür arbeitet Dami hart an ihrem Ziel, der Weltspitze. Ihr Vorbild ist Serena Williams. Unter der Woche geht sie in die Schule, dann ins Fitness-Studio und danach zweieinhalb Stunden zum Training auf den Platz. „Und jeden Sonntag übe ich mehrere Stunden lang Aufschläge."

Aufschläge, die Dami inzwischen mit über 180 Kilometer pro Stunde übers Netz schmettert. Ihr Pflegevater Dani Fuster zeigt dem Reporter ein Handyvideo, das einen Aufschlag von Dami in Zeitlupe zeigt. „Schauen Sie mal, diese Körperhaltung. Das ist perfekt." Fuster steckt jede freie Minute und jeden verfügbaren Euro in die Karriere seiner angenommenen Tochter. 114.000 Euro habe Dami ihn im vergangenen Jahr gekostet, „und das, obwohl sie nur in Europa gespielt hat". Jetzt soll es in diesem Jahr auch zu einem Turnier nach Brasilien gehen, dann werde es noch einmal deutlich teurer.

15.000 Euro habe er selbst zugeschossen, weitere Familien­mitglieder beteiligten sich, der Rest komme von Sponsoren wie Audi, Babolat, Iberostar oder Air Europa. „Wir brauchen aber dringend weitere Unterstützung, sonst kann ich das nicht weiter leisten. Es müsste jemand kommen, der zwei Jahre durchhält und an uns glaubt. Er wird diese Investi­tion höchstwahrscheinlich um ein Vielfaches zurückbekommen", glaubt Dani Fuster.

Im vergangenen Jahr habe er kurz davor­gestanden, einen vermögenden deutschen Unternehmer zu gewinnen. Der Deutsche habe in Port d´Andratx gelebt und sei bis vor Kurzem zu jedem Turnier von Dami gekommen. „Dann verließ er auf einmal die Insel, wir haben seit ein paar Wochen nichts mehr von ihm gehört", bedauert Dani Fuster.

In der Familie geborgen

Eine Option sei natürlich, Dami in der Akademie von Rafael Nadal in Manacor ausbilden zu lassen. Toni Nadal, der Onkel und Trainer des Weltranglisten-Fünften, habe das mehr als einmal vorgeschlagen. Dort würde sie ein Stipendium bekommen, und die Familie wäre alle finanziellen Sorgen los. Dani Fuster jedoch hält nicht viel von der Idee, das Mädchen in die Akademie zu schicken. „Ich glaube, das wäre für ihre Entwicklung nicht förderlich. Dami wäre im Internat und dürfte nur am Sonntag die Familie empfangen." Nein, sie sei ein Familienmensch, sie brauche ihre vier Geschwister, ihren Vater, ihre Oma.

Das Mädchen sitzt schweigend daneben und macht ein ernstes Gesicht. Dann nickt sie, wenn auch etwas teilnahmslos und schaut dabei in die Welt, wie 14-Jährige eben schauen, wenn man ein Thema anschneidet, über das sie nicht gern sprechen. Dami hatte keine einfache Kindheit. Sie wurde von einer Afrikanerin im spanischen Algeciras geboren und kurz nach der Geburt, weil ihre Mutter sie nicht aufziehen konnte, mit sechs Monaten in die Familie von Dani Fuster gegeben. Dort fühlt sie sich wohl, der Kontakt zu ihrer leiblichen Mutter, die auch auf Mallorca lebt, ist vorhanden, wenn auch offenbar etwas distanziert.

Premiere bei Spanien-Meisterschaften

Die 14-Jährige hat eine beeindruckende Entwicklung hingelegt. Im Dezember spielte sie als erste 14-Jährige überhaupt bei den spanischen Meisterschaften in der Rafael Nadal Academy in Manacor mit. Sie gewann dabei zum Auftakt gegen die Nummer 54 in Spanien, María Obispo, mit 26 Jahren beinahe doppelt so alt wie sie, und traf in der nächsten Runde auf die Valencianerin Tita Torró, 50. der WTA-Weltrangliste. Gegen sie konnte Dami dann erwartungsgemäß nicht mehr viel ausrichten.

Es gibt allerdings auch Warner, die versuchen, Dami Edibson und vor allem ihren Pflegevater in ihrem Ehrgeiz bremsen. Nuria Llagostera gehört dazu. Die ehemalige Profispielerin aus Palma schaffte es bis Platz 35 in der

WTA-Weltrangliste. Im vergangenen Dezember begleitete sie Dami als Teamkapitän bei den balearischen Meisterschaften. Llagostera möchte noch keine Vorhersagen über einen möglichen Erfolg von Dami treffen. „Mit 14 Jahren ist das noch sehr früh. Ohne Frage hat sie tolle Anlagen, trainiert hart und ist körperlich vielen Gegnerinnen überlegen." Aber manche Spielerinnen entwickelten ihre Athletik eben erst später. „Was Dami jetzt tun sollte, ist vor allem, das Tennisspielen zu genießen. In ein paar Jahren wird man sehen, ob es für die Weltspitze reicht."

Ihre Aussichten und ihr Potenzial seien ohne Frage vielversprechend, sagt aber auch Nuria Llagostera.

Und Dami Edibson ist ehrgeizig. Sie weiß sehr genau, was sie noch verbessern muss. „Ich muss an meinem Volley arbeiten und versuchen, nicht immer nur auf Angriff zu gehen, sondern abzuwechseln." So wie Dami das sagt, kann man davon ausgehen, dass sie das bald in den Griff bekommt. „Sie hat ein unglaubliches Kämpfergen, eine angeborene Siegermentalität", sagt Dani Fuster. Wie Serena Williams.

Kontakt zu Dani Fuster:damionadani@gmail.com