Für Jörg Dahlmann schließt sich ein Kreis. Der Sportreporter stand am 2. März 1991 für Premiere am Seitenrand, als der TV-Sender zum ersten Mal live von einer Bundesligapartie berichtete. Ab der Saison 2004/2005 war Dahlmann bei DSF/Sport1 zu sehen und zu hören. Für die kommende Spielzeit kommentiert der 58-Jährige bei Sky, dem Nachfolgesender von Premiere. Seit fünf Jahren wohnt Dahlmann in Portals Nous im Südwesten von Mallorca und fliegt zu seinen Einsätzen nach Deutschland. Im Telefoninterview mit der MZ spricht er über den Bundesligastart am Freitag (18.8., ab 20.15 Uhr live im ZDF) zwischen dem FC Bayern München und Bayer Leverkusen.

Beim Start in die zweite Liga und im Pokal gab es Schmährufe von den Fans gegen den DFB, die Kommerzialisierung und Showacts beklagen. Was ist am Freitag zu erwarten?

Ich fürchte, dass es mit den Schmährufen weitergeht. Ich kann die Kritik nur zum Teil nachvollziehen. Der DFB und die DFL versuchen das Beste für den Fußball herauszuholen. Nehmen wir das Beispiel Helene Fischer: Ich freue mich über Showacts in der Halbzeitpause. Das ist ein Mehrwert, wenn das Programm um das Spiel herum erweitert wird.

Seit diesem Auftritt im Pokalfinale hassen die Ultra-Fans regelrecht den DFB. Wohin führt dieser Streit?

DFL-Geschäftsführer Christian Seifert und DFB-Präsident Reinhard Grindel versuchen, die Wogen zu glätten. Ich hoffe, dass es nicht ausufert. Am Ende möchten wir alle schönen Fußball sehen und da sind das störende Nebengeräusche.

Ein Kritikpunkt ist die Zerstückelung der Anstoßzeiten. Neuerdings gibt es Spiele Montagabend und Sonntagmittag.

Da halte ich mich als Reporter raus.

Neu ist in dieser Saison der Videobeweis. Was ist Ihre Meinung dazu?

Ich finde eine Verbesserung für Gerechtigkeit gut. Das muss sich aber erst mal einspielen, da es bisher alles andere als optimal gelaufen ist. In vier, fünf Jahren werden wir jedoch alle froh sein, dass es den Videobeweis gibt.

Die Spielerkäufe hielten sich bislang in Grenzen. Der FC Bayern hat mit 100,5 Millionen Euro am meisten investiert - nicht einmal die Hälfte des Betrags vom Neymar-Transfer zu PSG.

Da können wir glücklich sein, dass die Bayern nicht extrem zuschlagen, um die Schere zu den anderen Vereinen weiter auseinandergehen zu lassen. So wie es aussieht, erwartet uns eine spannendere Saison als in den Jahren zuvor.

Corentin Tolisso ist mit 40 Millionen Euro die teuerste Verpflichtung der Bundesligageschichte. Ein bekannter Star ist das nicht.

Da werden sich die Bayern schon was dabei gedacht haben. Da stecken professionelle Scoutingsysteme dahinter. Tolisso wird eine gute Rolle in der Bundesliga spielen. Aubameyang kannte vorher auch niemand.

Warum kaufen sich die Bundesligaclubs keinen Spieler für mehr als 100 Millionen Euro?

Die Deutschen sind da keine Fantasten. Das wiederum ist ein Verdienst der DFL. Früher gab es viel mehr insolvente Vereine. Heute wirtschaften die Clubs vernünftiger.

Verliert die Bundesliga dadurch nicht den Anschluss zu den Champions-League-Größen?

Kann sein. Auf der anderen Seite muss man aber nicht jeden Wahnsinn mitmachen.

Mit James Rodríguez hat der FC Bayern einen Weltstar ausgeliehen. Wird er das neue Gesicht der Bundesliga?

Hübsch ist er ja. Bei ihm bin ich aber skeptisch, da er bei Real Madrid keinen durchschlagenden Erfolg hatte.

Sie erwarten in dieser Saison einen spannenden Titelkampf?

Viele glauben, dass RB Leipzig der Mehrfachbelastung mit Champions League nicht standhält. Das sehe ich persönlich anders. Auch die TSG Hoffenheim wird eine ähnliche Rolle wie in der ­Vorsaison einnehmen und um die Champions-League-Plätze spielen.

Wen tippen Sie als Meister?

Da bin ich fantasielos. Der FC Bayern wird sich wieder durchsetzen.

Wie sieht es mit Borussia Dortmund aus?

Da bleibt abzuwarten, wie der Club die Unruhen um Dembélé und Aubameyang wegsteckt. Aubameyang wird ein Dauerthema. Spätestens im Winter werden die nächsten Gerüchte auftauchen. Da befürchte ich, dass Dortmund die Leistungen aus den Vorjahren nicht wiederholen kann.

Wen erwarten Sie am anderen Ende der Tabelle?

Da ist die Frage, wie Eintracht Frankfurt die neuen Spieler einbaut. Das war die schlechteste Rückrundenmannschaft in der Vorsaison. Mit meinem Tipp „Frankfurt als Abstiegskandidat" lag ich aber schon vergangenes Jahr falsch. Hannover wird es schwer haben. Dazu gesellen sich Freiburg und Mainz. Beim Hamburger SV muss man sich nach der Niederlage in der ersten Pokalrunde auch wieder Sorgen machen.