Die Olympischen Spiele 1960 in Rom: 142 Sportler aus Spanien gingen vom 25. August bis zum 11. September jenes Jahres an den Start, vier davon auf der Radbahn. Und drei von ihnen waren ­Mallorquiner. Was nicht unbedingt verwundert, schließlich war die Insel bereits damals bekannt für ihre hervorragenden Radsportler, man denke nur an Guillermo Timoner aus Felanitx, der zu dieser Zeit als Steher regelmäßig den Weltmeistertitel holte. Nun gab es ein Wiedersehen der damaligen Olympia-Teilnehmer.

Zwei der Mallorquiner, die damals in Rom antraten - Francisco Tortella Rebassa aus Sineu und Miquel Martorell Pou aus Lloseta - trafen sich in der Bar des Radsportlers Antonio Martínez in El Toro mit dem Basken Josema Errandonea Urtizberea sowie mit Biel Mora, dem Bruder des 2012 in Andratx verstorbenen vierten Teammitglieds Miquel Mora. Auch Pedro Gayá Capó aus Marratxí kam zu dem Treffen. Er musste damals, kurz bevor er das Flugzeug nach Rom bestieg, umkehren, weil ihm ein Herzleiden diagnostiziert worden war, das einen Start in Rom unmöglich machte.

Pedro Gayá erinnert sich mit ein wenig Wehmut an den Moment, als er das Flugzeug besteigen wollte. Der Zuständige für das Olympia-Team zum damaligen Zeitpunkt, José Antonio Elola, überbrachte ihm just zu diesem Zeitpunkt die Nachricht, dass Gayá nicht nach Rom mitkommen durfte. In einer Untersuchung, die man kurz zuvor bei ihm vorgenommen hatte, wurde der Herzfehler entdeckt. „Ich wunderte mich damals sehr, weil ich mich noch nie so gut wie in diesem Moment gefühlt hatte", beklagt Gayá.

Die vier Bahnradfahrer waren seinerzeit die ersten spanischen Radsportler, die an Olympischen Spielen teilnahmen. Und die alten Herren schwelgten nur so in Erinnerungen. Unter anderem daran, dass Francisco Tortella seine Stärken vor allem in der Verfolgung und den Geschwindigkeitswettbewerben hatte und als Amateurfahrer bereits dreimal spanischer Meister in der Kategorie Geschwindigkeit wurde. Deshalb durfte er in Rom neben der Mannschaftsverfolgung auch bei den Geschwindigkeitswettbewerben antreten.

Josema Errandonea unterdessen war vor allem im Zeitfahren stark. Bei den Olympischen Spielen 1960 stand er, obwohl bereits 26 Jahre alt, erst am Anfang seiner Karriere, die ein Jahr später mit der spanischen Meisterschaft in der Verfolgung so richtig begann. 1966 holte Errandonea erstmals eine Etappe der Spanien-Rundfahrt Vuelta a España und im Jahr darauf sicherte er sich den Sieg beim Prolog der Tour de France. 1968 wurde er Vierter in der Gesamtwertung bei der Vuelta a España.

Heute, knapp 60 Jahre nach ihrem Abenteuer in Rom, blicken die Olympia-Teilnehmer fast ungläubig auf die damaligen Vorbereitungen zurück. Etwa einen Monat lang hätten sie außerhalb von Madrid trainiert, allerdings ohne auch nur die geringsten Anweisungen zu bekommen, so erzählen sie. Tortella erinnert sich, dass Nationaltrainer Dalmacio Langarica, der als aktiver Fahrer unter anderem 1946 die Vuelta a España gewonnen hatte, nicht anwesend war. „Wenn wir die Wahrheit sagen sollen, dann haben wir ihn nicht einmal gesehen", erzählt Tortella.

Die 50er- und 60er-Jahre waren auf Mallorca und in Spanien ­generell nicht gerade mit Wohlstand gesegnet, die Radsportler hatten kein Gramm Fett auf den Rippen. Im olympischen Dorf in Rom angekommen, konnten sie dann beim Buffet für die Sportler aus dem Vollen schöpfen. „Wir haben damals alle ganz schön zugelegt", sagt Miquel Martorell.

Was das sportliche Abschneiden in Rom betraf, erinnern sich alle noch lebhaft an einen Sturz des inzwischen verstorbenen Miquel Mora im Qualifikationsrennen gegen die USA. Aufgrund des Unfalls musste der Durchgang wiederholt werden, die Spanier landeten bei der Neuauflage nur auf dem neunten Rang und flogen damit schon aus dem Wettbewerb. Das frühe Scheitern scheint noch immer ein wenig am Selbstbewusstsein der älteren Herren zu nagen, denn Errandonea bedauert auch heute noch den Sturz von Miquel Mora. Der Baske, der seit Jahren auf Mallorca lebt, erzählt, dass er vor dem Training in Madrid nach Mallorca kam, um seine Teamkameraden kennenzulernen und auf der Radbahn zu trainieren. Normalerweise war Errandonea vor allem auf der Straße unterwegs.

Biel Mora, Miquel Moras Bruder, schließlich beklagte, dass in ihrem Heimatort Porreres die meisten Menschen glauben, der spätere Doppel-Olympia­sieger Joan Llaneras sei der erste Olympia-Teilnehmer aus dem Dorf gewesen. „Dabei war es doch mein Bruder. Diese Ehre gebührt ihm und die sollte man ihm nicht verweigern."