Der VfL Bochum kommt in dieser Saison nicht aus den negativen Schlagzeilen heraus: Trainerentlassungen, meckernde Spieler und randalierende Fans. Von Dienstag (9.1.) bis Sonntag (14.1.) befindet sich der Fußballclub aus der zweiten Bundesliga im Trainingslager im Hilton Sa Torre in Llucmajor. Es sollte endlich Ruhe in den Club einkehren. Doch gleich beim ersten Testspiel gegen Atlético Baleares am Mittwoch (10.1.) kommt es zum nächsten Eklat (hier geht es zum Spielbericht). Die MZ sprach vor dem Spiel mit Sportvorstand Christian Hochstätter über die turbulente Hinrunde, die Aufarbeitung persönlicher Differenzen und die sportliche Zukunft des Vereins.

Der Vorstandsvorsitzende Hans-Peter Villis hat in einem Interview vergangene Woche gesagt, der Verein stecke nicht in einer Krise. Wie bewerten Sie die derzeitigen Zustände in und um den Verein?

Das sehe ich ähnlich wie er. Das wird in der Öffentlichkeit mehr diskutiert als im Verein. Man muss es nicht größer machen als es ist. Wir haben seit der Saison 2010/2011 unsere zweitbeste Hinrunde nach Punkten gespielt. Das gerät dabei in den Hintergrund.

Fans rebellieren, Spieler wollen weg, Aufsichtsratsmitglieder flüchten: Das klingt schon nach Chaos.

Das finde ich nicht. Erstens ist kein Spieler gegangen. Die genauen Gründe für den Entschluss der Aufsichtsratsmitglieder kenne ich nicht. Da habe weder ich noch die Mannschaft einen Einfluss darauf.

Wie wollen Sie wieder Ruhe in den Verein bringen?

Indem wir uns auf das Wesentliche konzentrieren: Fußballspielen. Wir gucken, dass wir einen guten zwischenmenschlichen Umgang haben, in eine positive Gesinnung kommen und auch die Ergebnisse auf dem Platz einfahren. Wir brauchen eine Atmosphäre, die auch Leistung zulässt.

Sollen auf Mallorca diese zwischenmenschlichen Differenzen aufgearbeitet werden?

So viele gab es da nicht. Es gab eine Missstimmung zwischen einem Spieler (Felix Bastians, Anm. d. Red.) und mir. Das ist ausgeräumt, der Trainer baut auf ihn. Hier haben wir die Möglichkeit, unter guten Bedingungen bei schönem Wetter zu trainieren.

Die Fans fordern Ihren und den Rauswurf von Hans-Peter Villis. Ist unter diesen Voraussetzungen überhaupt eine Wende möglich?

Natürlich. Da muss man die Kirche im Dorf lassen. Man muss die Geschehnisse einordnen: Wir haben einen Trainer entlassen und einen Spieler suspendiert. Mehr ist nicht passiert. Wenn die Fans das anders sehen, ist das ihr gutes Recht.

Überraschend kam der Abgang von Finanzvorstand Wilken Engelbracht. Was war da vorgefallen?

Das kann ich nicht sagen. Da müssen Sie mit ihm selbst sprechen.

Er hatte in einem Interview geäußert, dass er nicht das nötige Vertrauen verspürt.

Das bezog sich auf den Aufsichtsrat. Ich persönlich habe kein Problem mit Wilken Engelbracht. Wir haben sehr konstruktiv und erfolgreich zusammengearbeitet.

Der abgesetzte Kapitän Felix Bastians meinte, dass er nicht mehr mit Ihnen zusammenarbeiten kann. Sind Sie manchmal ein Stinkstiefel?

Das müssen Sie die Spieler fragen. Ich finde, wenn man einen Streit geregelt hat, gibt man sich die Hand und dann geht es weiter. Das ist im Sport und in der Familie so. Da muss man aufeinander zugehen und miteinander reden. Mittlerweile glaube ich, dass wir in den vergangenen acht Wochen zu viel darüber geredet haben. Jetzt muss der VfL Bochum im Vordergrund stehen.

Sie haben der Transferanfrage von Bastians einen Riegel vorgeschoben. Philippe Coutinho und Ousmane Dembélé sind aktuelle Beispiele, dass der Verein in dem Fall oft das Nachsehen hat.

Die haben 160 und 180 Millionen gekostet. Wenn ein Angebot in dieser Höhe kommt, kann es sein, dass auch wir darüber nachdenken. Noch mal: Felix Bastians hat vor anderthalb Jahren einen Vierjahresvertrag unterschrieben mit dem Bewusstsein, mit uns zusammenarbeiten zu wollen. Aus meiner Sicht ist das Thema durch.

Sie haben die eigentlich gute Hinrunde angesprochen. Sie sind dennoch nicht zufrieden?

Neben der Punktezahl gehört da vieles dazu. Die Gesamtlage ist so, dass wir nicht zufrieden sind. Wir haben vor der Saison den Trainer gewechselt, nach 91 Tagen dann noch mal. Wir wollten eigentlich mit Gertjan Verbeek die Saison beenden. Jetzt hoffe ich, dass wir in den fünf Tagen auf Mallorca wieder ein Team werden.

Sie hatten das Saisonziel Aufstieg ausgegeben.

Ich habe gesagt: Wir wollen oben mitspielen. Das ist ein Unterschied. Jeder Spieler sollte dennoch das Ziel haben, den größtmöglichen Erfolg zu haben.

War es zu viel Druck für die Mannschaft?

Vielleicht. Im Nachhinein ist man klüger. Vielleicht war das zu euphorisch und die Erwartungen zu hoch. Nächste Saison würde ich das so nicht noch mal machen.

Was ist das Ziel für die restliche Saison?

Jede bessere Platzierung ist wichtig, da es in der zweiten Liga auch um die Fernsehgelder geht. Wir wollen unsere Fans versöhnen und guten Fußball spielen.

Schielen Sie noch auf den Aufstieg?

Wir sind gerade auf Tabellenplatz 12. Wenn ich jetzt sagen würde, dass ich auf den Aufstieg schiele, wäre das ein Widerspruch zu meinen vorherigen Antworten.