Wäre Thomas Plößel mit seiner 49er Jolle genauso langsam wie beim Studium, hätte er wohl kaum eine Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen 2016 geholt. Nach 21 Semestern hat der 29-Jährige endlich seinen Bachelor in Maschinenbau abgeschlossen und macht jetzt seinen Master. „Ich hatte vier Jahre lang fast nichts für das Studium gemacht und habe auch zwei Mal die Hochschule gewechselt", sagt Plößel. Seine Teamkollegen und er hatten beschlossen, dass sie für die Zeit nach der aktiven Sportkarriere sorgen müssen. „Wir wissen, dass es unwahrscheinlich ist, mit dem Segeln viel Geld zu verdienen." Der Fokus auf das Studium hat Auswirkungen auf den Sport. So fährt Vorschoter Plößel die am Freitag (30.3.) in der Bucht von Palma de Mallorca startende Segelregatta Trofeu Princesa Sofía mit Steuermann Justus Schmidt, seinem Konkurrenten um einen Platz bei den Olympischen Spielen.

Mit seinem eigentlichen Steuermann Erik Heil holte Plößel in Rio die erste Olympiamedaille der Segler seit acht Jahren. Vom damaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck wurden sie dafür mit dem Silbernen Lorbeerblatt ausgezeichnet, der höchsten deutschen Auszeichnung im Sport.

Den Grundstein für den Erfolg legten Plößel und Heil in Palma. Denn die Trofeu Princesa Sofía war 2016 das letzte von drei Qualifikationsrennen. Da nur ein deutsches Team zu den Olympischen Spielen kann, waren Justus Schmidt und Max Boehme ihre Gegner. „Sie sind schon Konkurrenten. Aber wir haben bereits im olympischen Zyklus vor Rio eng zusammengearbeitet und auch während der Qualifikation alles geteilt", sagt Plößel. Das Resultat der Teamarbeit: Die deutsche 49er-Flotte hat zwei Boote unter den besten acht der Welt.

Boehme und Heil studieren beide derzeit Medizin in Kiel und trainieren dort. Plößel und Schmidt hatten die Zeit, um nach Palma zu fahren. „Ich muss mich an Justus Fahrweise adaptieren und lerne dadurch extrem viel", sagt Plößel. Im Vergleich zu seinem Teampartner Heil seien es Feinheiten, die beide Steuermänner unterscheidet. „Mit Justus komme ich auch um die Kurve und das Boot liegt im selben Winkel, aber wie er es macht, ist total unterschiedlich." Ein endgültiger Wechsel der Teams sei nicht geplant. Im Kampf um die Teilnahme an Olympia 2020 treten Plößel/Heil und Boehme/Schmidt wieder gegeneinander an.

Die Regatta in Palma ist für die Segler der Saisonauftakt und für Plößel und Schmidt das erste gemeinsame Rennen. „Wenn sich unsere normalen Leistungsfähigkeiten addieren, haben wir Momente, in denen wir sehr schnell sind. Aber es gibt auch Phasen, in denen wir nicht so gut harmonieren." Dazu kommen noch einige Schwierigkeiten. Im Training verhakten sich zwei Leinen. „Das ist wie ein Autorennen zu fahren und jemand tritt ständig auf die Bremse."

Wirklich vorbereitet auf die Trofeu Princesa Sofía fühlt sich Plößel nicht. „Ich habe erst im Januar mit dem Training begonnen und bin noch nicht richtig fit." Die Ursache dafür ist ein Unfall im Dezember. Der 29-Jährige bekam aus nächster Nähe mit voller Wucht einen Squashball ins Auge. „Wenn ich mir vorstellen müsste, wie sich ein Kopfschuss anfühlt, wäre es so." Er war in der Folgezeit blind auf dem Auge. „Jetzt fehlen mir noch 30 bis 40 Prozent im Vergleich zum anderen Auge. In manchen Situationen fange ich auch an zu schielen. Beim Segeln stört es mich aber nicht so sehr."

Eine deutsche Medaille in Palma ist unwahrscheinlich. „Wenn wir gut drauf sind, ist ein Platz unter den ersten zehn möglich." Durch die fehlende Siegchance erspart sich Thomas Plößel aber auch eine Abkühlung. Denn mit Teampartner Heil hat er nach einem erfolgreichen Rennen synchron einen Rückwärtssalto ins Wasser gemacht. „Das ist mit Justus nicht so einfach. Er ist nicht der geborene Turner. Das müsste ich ihm noch beibringen."