Egal was sie versuchte, Monika Sattler wurde nicht glücklich. Für den professionellen Volleyball ist sie mit 1,72 Meter Körpergröße zu klein, für Radrennen nicht aggressiv genug und für einen lukrativen Bürojob zu lebhaft. Sie reiste für ihr Studium und verschiedene Berufe um die halbe Welt, sesshaft wurde sie nirgends. Jetzt hat die 32-Jährige aus Darmstadt auf Mallorca ihre Bestimmung gefunden. Sie will Frauen die Freude am Radfahren zeigen. Um zu beweisen, dass auch das weibliche Geschlecht kräftig in die Pedalen treten kann, hat sie ein ambitioniertes Projekt gestartet. Monika Sattler will in diesem Jahr das Radrennen Vuelta a España (25. August bis 16. September) fahren. Zwar nicht gemeinsam mit den männlichen Profis, dafür aber nur Stunden, bevor diese die insgesamt 3.271 Kilometer langen Etappen abfahren.

Die Volleyballspielerin erhielt nach dem Abitur ein Stipendium für ein Studium in den USA. Sie studierte an der renommierten Georgetown University internatio­nale Sicherheit mit dem Schwerpunkt Nuklearwaffen. Zudem ging es jeden Tag drei Stunden in die Turnhalle zum Training. Das wurde Sattler irgendwann zu viel. Zumal die Aussichten auf eine Karriere im Volleyball nicht allzu rosig waren.

Als nächste sportliche Heraus­forderung lief sie zwei Marathons. Doch das war auch nicht das Wahre, sie brauchte mehr Abenteuer und fand das beim Adventure Racing. Das ist ein Orientierungs-Triathlon mit den Disziplinen Mountainbike, Kajakfahren und Trailrunning. Besonders der Kontakt mit dem Rad hatte es Monika Sattler angetan. Fortan trainierte sie begeistert.

Nach dem Studium erhielt sie eine Stelle bei der Weltbank. Die amerikanische Institution kümmert sich um die Förderung von Entwicklungsprojekten. „Ich war in der Personalabteilung angestellt, und meine Aufgabe war es, die Gehaltsstruktur der unterschied­lichen Sitze zu vergleichen."

Für die sportliche Deutsche war der Bürojob nicht sonderlich erfüllend. 2013 erhielt sie ein Angebot vom deutschen Profirennstall Team Stuttgart und musste sich entscheiden. Sie kündigte ihren Job. Einen Sommer lang konzentrierte sie sich auf den Radsport, um festzustellen, dass sie keine Profiradfahrerin sein möchte. „Bei den Rennen muss man die Ellenbogen ausfahren und auch mal andere aus der Spur drängen. In den Situationen habe ich die anderen lieber vorgelassen."

So setzte sich ihre Odyssee fort. Sattler entschied sich zu einem zweiten Studiengang. Bei einem Professor in Arizona erhielt sie ein Stipendium für einen Master in Sportwissenschaften. Kurz vor Studienbeginn zog der Professor jedoch nach Minnesota und Sattler ihm hinterher. Statt des warmen Klimas der Wüstengegend musste die Deutsche mit minus 30 Grad im Winter vorliebnehmen. „Nach anderthalb Jahren habe ich dem Professor gesagt: Entweder Sie schicken mich woandershin oder ich muss abbrechen."

In Australien beendete sie ihr Studium, fand in der Schweiz bei IBM eine Anstellung. Mit der IT-Firma kehrte sie nach einem Jahr nach Melbourne zurück. Doch es passte alles immer noch nicht so recht. „Das Wetter in Melbourne ist grau wie in London. Ich habe etwas Neues gesucht, wo ich mit dem Radsport arbeiten kann und in einer sonnigen Gegend wohne."

Über Málaga kam die Deutsche im vergangenen November nach Mallorca. Hier trainierte sie mit englischsprachigen Radcamps. Ihre Begeisterung für den Radsport möchte die 32-Jährige jetzt an andere weitergeben. Sie sieht sich selbst als Influencerin. Das sind meistens hübsche Mädchen, die in sozialen Netzwerken Mode- und Schminktipps geben. „Solche Bilder sieht man von mir nicht. Ich zeige mich auch abgekämpft und fertig nach dem Radfahren."

17.000 Leute folgen ihr auf Instagram. Genug, um Sponsoren anzulocken. Für das Vuelta-Projekt ist Sattler dennoch auf die Hilfe ihres Publi­kums angewiesen. „Mit einem Crowdfunding-Projekt will ich die nötigen 30.000 Euro zusammenbekommen." An 23 Tagen gilt es bei der Vuelta 21 Etappen abzufahren. „Mein Traum ist, wie im Film Forrest Gump allein anzufangen und im Ziel als große Gruppe ­anzukommen."

Sattler will jede Etappe vor den Profis starten. „Die starten ab 11 Uhr, ich fahre bereits um 5 Uhr morgens los. Es wird Etappen geben, bei denen die Profis mich einholen könnten." Per GPS-Tracker können Zuschauer die Deutsche verfolgen. Wer zuvor mit Monika Sattler eine Runde auf dem Rad drehen will, kann an einer Tour mit ihr teilnehmen. Die erste der monatlich geplanten Ausfahrten startet am Freitag (23.3.) um 9.30 Uhr am The Workshop Café & Cycles im ­Carrer Magalhaes in Palma.