Radurlaub auf Mallorca ist heute speziell von Ende März bis Anfang Mai ein Massenbetrieb. Zehntausende Radsportler aus nördlicheren Gefilden sind dann gleichzeitig auf den Inselstraßen unterwegs. Das war einmal anders. Als Eberhard Messling 1984 als nach eigenen Angaben erster Veranstalter begann, Rad­urlaub auf der Insel anzubieten, kamen handgezählte drei Zweirad-Begeisterte mit ihm nach Palma. Diana Sportreisen nannte Messling sein Unternehmen, inspiriert vom Namen seiner Tochter. „Radurlaub auf Mallorca war für die Leute in Deutschland damals eine sehr exotische Sache."

Die drei Mitreisenden waren allesamt zumindest weitläufige Bekannte von Messling, der seitdem jedes Jahr mehr Radfahrer nach Mallorca brachte. Heute sind es etwas weniger als Tausend pro Saison, weit entfernt aber von den mehreren Zehntausend, die der Schweizer Max Hürzeler vor allem an der Nordküste rund um die Playa de Muro betreut.

Eberhard Messling sitzt in der Sonne auf der Terrasse des erst an diesem Tag geöffneten Hotels BG Caballero an der Playa de Palma. Seine 77 Jahre sieht man ihm nicht an, man würde ihn locker zehn Jahre jünger schätzen. Er weiß das natürlich und kokettiert mit seinem Alter. Obwohl er selbst, wie er behauptet, nie ein ambitionierter Radsportler war - er sei lediglich als Hobbyradler zwischen 8.000 und 10.000 Kilometer im Jahr gefahren -, sitzt er auch heute noch auf dem Sattel. „Hin und wieder eine Tour mit 60 bis 80 Kilometer, das geht schon noch", sagt er, wobei er selbstredend nicht mehr den Puig Major oder ähnliche Schindereien auf sich nehme. Messling sieht nicht aus wie einer, der solche Dinge nötig hat, um sein Selbstbewusstsein zu stärken. Davon besitzt er auch so einiges.

Seine Radurlaube auf Mallorca seien schnell zum Erfolg geworden, erzählt der gebürtige Hagener. „Im zweiten Jahr kamen 50 Leute mit, im dritten 100, im vierten 200 ? Die Zahlen haben sich praktisch jedes Jahr verdoppelt." Anfang der 90er-Jahre erreichte er schon fast die 2.000er-Grenze, deutlich mehr als heute. „Das hat sich damals wie ein Lauffeuer herumgesprochen, viele Vereine sind auf das Angebot aufmerksam geworden und haben erst eine Art Vorhut geschickt. Im Jahr danach ist dann der gesamte Verein mitgekommen."

Er fragt sich heute noch, wie er in Zeiten ohne Fachzeitschriften und ganz ohne Internet so schnell so viel Zulauf hatte. Wobei - das mit dem Internet ist ihm nach wie vor suspekt. „Ich bin gegen Face­book. Dort bin ich zwar angemeldet, habe aber noch nie etwas gepostet." Messling gibt offen zu, dass das Marketing von Diana Sportreisen „ein wenig" unterentwickelt sei. Allerdings wolle er auch nicht ein Vielfaches an Radsportlern auf die Insel bringen. „Ich mache keinen Hehl daraus, dass gerade solche Leute zu uns finden, die die Schnauze voll vom Massenbetrieb haben", sagt er süffisant grinsend - in Anspielung auf andere Veranstalter, die auch mal in Gruppen mit über 20 Fahrern über die Landstraßen sausen.

Messling erzählt gerne von seiner Mallorca-Unternehmung, nicht seine erste in Spanien. Die berufliche Laufbahn des heute im Münsterland lebenden Westfalen spielte sich zum Großteil auf der Iberischen Halbinsel und auf den Kanaren ab. Zunächst ab 1962, als Industriekaufmann für die spanische Direktionsniederlassung eines Betriebs aus dem Ruhrgebiet. Neun Jahre später kam Messling erstmals mit dem Tourismus

in Kontakt.

Er hatte einen Frankfurter Rechtsanwalt kennengelernt, der auf Ibiza die Feriensiedlung Cala Pada aufbaute und einen Koordinator vor Ort brauchte. Messling kümmerte sich um alles, von der Bauaufsicht über die Einrichtung eines Restaurants bis hin zur Einstellung des Personals dafür. Danach verschlug es ihn nach Lanzarote, wo beim Aufbau einer Apartmentsiedlung sein Wissen gefragt war. „Das war, als gerade Willy Brandt Bundeskanzler wurde und die Angst umging, er würde den Leuten ihr Erspartes wegnehmen", erinnert sich Messling. Die Deutschen seien damals tausendfach per Flugzeug auf die Insel gebracht worden „und haben gekauft wie blöd".

1976 zog es Messling zurück nach Deutschland, wo er ein Reisebüro in Essen gründete und fünf Filialen unterhielt. Die hat er inzwischen alle verkauft. Jetzt widmet er seine Zeit ganz den Radferien auf Mallorca. Es sei der persönliche Kontakt zu den Radurlaubern, der diese Aufgabe nach wie vor erfüllend mache. „Ich stehe sonntags immer noch selbst am Flughafen und hole die Leute ab", sagt Messling. Ein großer Prozentsatz derjenigen, die bei Diana Sportreisen buchen, seien Stammkunden, manche waren schon mehr als 20 Mal da. Auch die Gruppenleiter halten Messling nach eigenen Angaben seit vielen Jahren die Treue.

Und tatsächlich: Im Radkeller des Hotel BG Pamplona, der Hauptstation von Diana Sportreisen, wo an diesem Nachmittag die ersten Heimkehrer der heutigen Etappe ankommen, kennen sich alle. Sie fachsimpeln, lachen - es geht ein bisschen zu wie auf einer Klassenfahrt. Die Playa de Palma ist nicht der einzige Standort von Diana Sportreisen: An der Playa de Muro findet sich die zweite Station von Messling.

Bei seinen Rädern setzt er auf belgische Marken. Zuerst hatte er 20 Jahre auf Ridley geschworen, jetzt gibt es die Carbon-Räder von Thompson. 20 Mal werden sie vermietet, dann werden sie weiterverkauft. Entweder direkt an privat oder an den Gebrauchtradhändler seiner Wahl. 690 Euro nimmt Messling für die gebrauchten Carbon-Räder noch. Ein Geschäft, das sich lohnt, und das er unter anderem auch deshalb so schnell nicht aufgeben will. Aber halt ohne zu übertreiben.