Wenn Miquel Pou könnte, würde er Ingo Volckmann wohl ein Denkmal setzen. Pou ist der Vorsitzende der Fanclubs von Atlético Baleares und schon ein Leben lang Anhänger des aktuellen Fußball-Drittligisten. „Ingo Volckmann hat als Präsident den Verein vor der Auflösung gerettet. Er hat die Schulden übernommen und zahlt nun für die Renovierung des Estadi Balear Millionen Euro aus eigener Tasche, obwohl das Stadion ihm gar nicht gehört. Wer sonst würde so etwas tun?", sagte Pou der MZ vor dem Spiel seines Clubs am Sonntag (29.4.) gegen Alcoyano.Arm gegen reich

Dass Atlético Baleares sein Verein ist, das hätten ihm seine Eltern schon als Kind vermittelt, sagt der 53-Jährige. Ohnehin habe die Frage des Lieblingsclubs auf der Insel weniger mit persönlichen Vorlieben als mit sozialer Einordnung zu tun. „Es ist der alte Kampf der Armen gegen die Reichen", sagt Pou. „Die Anhänger von

Atlético Baleares kommen fast alle aus der Arbeiterklasse. Wer Geld hat, geht zu Real Mallorca." Dabei seien die Atlético-Fans im Stadion die besser erzogenen. „Bei uns im Verein werden Werte vermittelt. So gibt es bei uns zum Beispiel keine Beleidigungen des Gegners."

Dem Abstieg ins Auge sehen

Sportlich gesehen läuft es beim Arbeiterclub in dieser Saison nicht gut. Zwei Spieltage vor dem Ende steckt Atlético Baleares mitten im Abstiegskampf. „Ich habe mich seelisch bereits auf die vierte Liga eingestellt", sagt Pou. „Für den Klassenerhalt müssten wir zwei der letzten drei Spiele gewinnen." Immerhin: Den ersten Schritt zur Rettung hat Atlético Baleares am Sonntag im Stadion von Son Malferit getan. Der Club gewann mit 1:0 und sprang damit zumindest auf den Relegationsplatz. Mit Llagostera, das den ersten Nichtabstiegsplatz belegt, ist Atlético nun punktgleich. Da die Mallorquiner in der Woche zuvor gegen die Katalanen verloren, entscheidet der direkte Vergleich allerdings für Llagostera.

Das gewonnene Spiel gegen Alcoyano steht fast sinnbildlich für diese Saison. Unter den Blicken des vor zwei Wochen aus der U-Haft entlassenen Disco­königs Bartolomé Cursach, dem Atlético Baleares zwischen 2011 und 2014 gehörte, spielte der Club stark auf. Doch wie in der ganzen Saison schien das Gästetor wie vernagelt. Allein Xisco Hernández stand zwei Mal vor dem leeren Tor - und vergab. Letztlich entschied eine Mischung aus Glück, Wetter und Unvermögen des Gegners. In der 86. Minute trat Xisco Hernández eine Ecke. Dank eines Windstoßes wurde aus der Flanke ein Torschuss, der dem unglücklich agierenden Gästetorwart über den Handschuh glitt. „Ich hatte schon bei den vorherigen Eckstößen gehofft, dass der Wind den Ball gefährlich macht", so der Torschütze nach dem Spiel.

Gegen den Erzfeind

In den zurückliegenden Monaten haben die Fans von Atlético Baleares eine regelrechte Achterbahnfahrt durchgemacht. Nach durchwachsenen Leistungen schaffte der Club in der Vorsaison mit einem Endspurt noch den Sprung in die Play-offs, wo das Team erst im Halbfinale ausschied. Für Pou war das eine ganz neue Situation. „Wir Fans von Atlético Baleares sind es gewohnt, dass es bei unserem Club schlecht läuft."

Es mag ein Trost gewesen sein, dass der nicht aufgestiegene Club so zwei Inselderbys gegen den Absteiger Real Mallorca austragen konnte. Im Hinspiel erkämpfte Atlético im Stadion von Son Malferit ein torloses Unentschieden, dafür gewann Real Mallorca im Rückspiel mit 4:2 und schließt die Saison nun wohl als Meister ab.

Blauäugige Trainer

Schuld an der sportlichen Misere habe Armando de la Morena, sagt der Fanclub-Vorsitzende. Mit dem inzwischen durch Javier „Manix" Mandiola ersetzten Trainer war Atlético Baleares in die Saison gestartet. Zuvor hatte de la Morena Jugendmannschaften beim Kooperationspartner Atlético Madrid betreut. „Er hatte keine Erfahrung im Seniorenfußball, und keine Ahnung von der Liga. Das Gleiche ist uns damals auch mit Christian Ziege passiert."

Der ehemalige deutsche Nationalspieler war in der vergangenen Saison entlassen worden. Es hieß, dass er die Spieler mit komplexen Taktiken überfordert hatte. „De la Morena und Ziege wollten ansehnlichen Fußball spielen lassen. Das klappt in der dritten Liga aber nicht. Hier lautet die Devise: möglichst früh ein Tor schießen und sich danach hinten reinstellen", sagt Pou.

Hauptsache Stadion

Der drohende Abstieg sei für ihn das kleinere Übel. „Mit einem guten Trainer und entsprechendem Kader würden wir sofort wiederaufsteigen." Schlimmer wäre ein Abgang des deutschen Präsidenten Volckmann. „Er respektiert die Fans und fragt uns, was er für uns tun kann. Er ist einer von uns", sagte Pou über den Berliner, der bei fast jedem Heim- und Auswärtsspiel im Fanblock sitzt.

Von Pou und seinen Leuten sind wohl auch im Abstiegsfall keine Pfiffe gegen die Clubführung zu erwarten. Zumal Ingo Volckmann ja auch das Estadi Balear renovieren will. „Damit entkommen wir dem Rattenloch Son Malferit", sagt Miquel Pou. Selbst ein sportlicher Erfolg hätte für ihn weniger Bedeutung als die Stadionfrage. „Wie lange würden wir uns in der zweiten oder gar ersten Liga halten? Vielleicht ein oder zwei Jahre. Ein Stadion, das bleibt ewig."Real Mallorca will lieber daheim feiern

Es scheint, als würde Robert Louis Stevenson Real Mallorca trainieren. Wie in der Novelle um den seltsamen Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde zeigt der Fußball-Drittligist in der vergangenen Zeit zwei Gesichter. Vor den eigenen Fans präsentiert sich der Tabellenführer meisterlich, auswärts hingegen wie ein Absteiger.

Nur einen Punkt benötigt Real Mallorca noch - oder ein Punktverlust von Villarreal B -, um die Meisterschaft der dritten Staffel in der Segunda División B feiern zu können. Den ersten Matchball haben die Mallorquiner am Sonntag (29.4.) liegen gelassen. Auswärts in Sabadell kassierte Real Mallorca eine 0:1-Pleite.

Schlimmer als das Ergebnis war die apathische Spielweise des Inselclubs, die einen schon wieder angst und bange werden lassen für die nach der regulären Saison anstehenden Play-offs um den Aufstieg. Als Meister müsste sich Real Mallorca dann in einem Hin- und Rückspiel gegen einen anderen Staffelsieger beweisen.

Von einer Formkrise kann man beim Drittligisten nicht sprechen. Es ist viel mehr so, dass der Club in der Fremde nicht zu seinem sonst dominanten Spiel findet. Seit Ende Januar, ein 2:1-Sieg in Sagunt, hat Real Mallorca auswärts nicht mehr gewonnen. In sieben Auswärtspartien holten die Mallorquiner seitdem vier Unentschieden und verloren drei Mal. Im selben Zeitraum gewann der Club vier von sechs Heimspielen. Teilweise deklassierte Real Mallorca in den vergangenen beiden Spielen in Son Moix die Gegner sogar regelrecht.

„Ich hätte lieber ein anderes Spiel gesehen", gestand Trainer Vicente Moreno nach der Partie am Sonntag. Besonders in der ersten Halbzeit kam Sabadell zu einer Vielzahl an Torchancen. „Es ist meine Schuld. Ich habe versucht, die Spieler von der Bedeutung ­dieser Partie zu überzeugen. Das habe ich offensichtlich nicht geschafft", so der Coach.

Vielleicht wollten die Fußballer auch einfach lieber vor dem eigenen Publikum die Meisterschaft klarmachen. Real Mallorca trifft am Sonntag (6.5., 12 Uhr) im Stadion von Son Moix auf Badalona. Die Katalanen haben sich in der Rückrunde mit einer Serie von sieben Siegen auf Schlagdistanz zu den Play-offs vorgearbeitet. In den vergangenen fünf Spielen ging dem Club jedoch die Puste aus, es kam kein weiterer Erfolg hinzu. Zwei Punkte Rückstand hat

Badalona nun auf Rang vier.

Ob es bei einem Punktgewinn in Son Moix überhaupt etwas zu feiern gibt - darüber sind sich die Fans uneinig. Viele halten die Staffel­meisterschaft für das Mindeste, was von den Spielern nach dem blamablen Abstieg der vergangenen Saison zu erwarten war.

Auf der anderen Seite sollten auch die Fußballer nicht zu schnell abschalten und das letzte Saison­spiel die Woche darauf gegen Deportivo Aragón nicht herschenken. Mit Sporting Gijón B und Deportivo La Coruña B stehen in den anderen Staffeln schon zwei zweite Mannschaften als Play-off-Teilnehmer fest. Die erste Mannschaft von La Coruña steigt in die zweite Liga ab. Sporting Gijón kämpft noch um den Aufstieg in die Primera División. Sollten die Teams in der nächsten Saison zweitklassig spielen, könnten die zweiten Mannschaften nicht aufsteigen. In diesem Fall könnte der Verband als Alternative auf die Clubs zurückgreifen, die in der regulären Saison die meisten Punkte geholt haben. Sollte Real Mallorca also in den Play-offs scheitern, gäbe es ­möglicherweise eine zweite Chance am grünen Tisch.