Kürzlich lernte ich einen Hundebesitzer kennen, der sich einen jungen Weimaraner zugelegt hatte. Der Hund war erst zehn Wochen alt. Da ein Hundetraining in dem Alter nur begrenzt möglich ist, einigten wir uns auf ein Beratungsgespräch.

Im Laufe des Gesprächs äußerte sich der Hundebesitzer über seine Vorstellung, den Hund zu erziehen. Der Weimaraner-Welpe war sein zweiter Hund. Seine Leonberger-Hündin starb vor einem Jahr im Alter von zwölf Jahren. Diese hatte ständig Ärger mit anderen Hunden gehabt, zog unbändig an der Leine, war meistens ungehorsam. In stressigen Situationen gab es Momente, in denen sie ihr Herrchen anknurrte.

Der Hundebesitzer wollte nun alles besser machen. Er entschuldigte das Verhalten seiner Hündin mit seiner geringen Erfahrung als damaliger Ersthundebesitzer und wollte mit dem Wechsel der Rasse und des Geschlechts in Zukunft besser zurechtkommen. Er wolle aber seinem Hund keinen Kadaver-gehorsam aufzwingen, er lehne jede Form von Gewalt ab. Frei nach dem Motto ýleben und leben lassen", werde der Hund Herrchens höher gestellte Position irgendwann akzeptieren ...

So weit, so gut. Auch ich lehne Gewalt in der Hundeerziehung ab, und teile absolut seine Meinung, dass es in bestimmten Kreisen Profilneurotiker gibt, die stolz präsentieren, wie ihr Hund in einer knietiefen Pfütze ein Platz-Kommando widerwillig, aber gehorsam ausführt.

Nun wollte der Hundebesitzer von mir wissen, was der Welpe schon mal lernen sollte, bis er mit dem dann halbjährigem Hund das Training beginnen könne. Die Frage ist aber nicht: Was kann der Hund lernen, bis es zur richtigen artgerechten Erziehung geht, sondern was kann Herrchen lernen!

Hundeschule ist in erster Linie Herrchen- beziehungsweise Frauchenschule. Hunde sind nämlich keine Demokraten. Hunde sind Rudeltiere, ergo unterliegt ein Rudel einer gewissen Rudelordnung, welche das Überleben jedes Einzelnen nur gewährleisten kann, wenn dieses über einen verlässlichen, fairen, dominanten und starken Rudelführer verfügt.

Der Grund für den Ungehorsam seiner Leonberger-Hündin war lediglich der, dass sie durch das Fehlen eines Rudelführers verunsichert war und schon als Welpe viel zu viel Verantwortung tragen musste. Denn wenn nicht sie die Führung ihres kleinen Ersatzrudels ýMenschenfamilie" übernommen hätte, wäre in ihren Augen das Rudel dem Untergang geweiht, und sie wollte überleben. Das spätere - in bestimmten Situationen - Anknurren des Herrchens hatte weder etwas mit der Rasse noch mit dem Geschlecht zu tun. Die Hündin wollte lediglich den von ihr - durch fehlende Führung bezogenen Status des Rudelführers - nicht mehr aufgeben, und wenn Herrchen dann doch mal übernehmen wollte, hat sie lediglich ihren Rang verteidigt.

Wenn Sie möchten, dass Ihr Hund zufrieden ist, vermitteln Sie ihm Sicherheit, und übernehmen Sie die Verantwortung für Ihr Rudel.

Die Autorin ist Hundetrainerin auf Mallorca, Tel.: 648-60 03 30.