Ein Herrchen rief mich an und erzählte mir von seinem Kummer mit einem Welpen, den er auf einem Markt in Santa Maria erworben hatte. Ein bisschen zerknirscht wirkte Herrchen schon. Schließlich hatten schon viele Freunde und Verwandte Kritik daran geübt, dass er mit seinem Kauf den Hundehandel auf den Märkten unterstützt hatte. Also sparte ich mir meine Vorwürfe und hörte mir stattdessen die Geschichte erst einmal an.

Es war nicht so, dass die Familie den Markt mit der festen Absicht, einen Hund zu erwerben, besuchte, vielmehr waren es die beiden Kinder, die die Eltern nach dem Entdecken der kleinen Hunde in einer Holzkiste überredet hatten. Warum eigentlich nicht? Es gab ein großes Haus mit Garten und irgendwie sollte - ­früher oder später - sowieso ein Hund das Familienidyll komplettieren. Man wurde sich mit dem Händler einig, 250 Euro und ein reinrassiger, acht Wochen alter Labrador-Retriever wechselten den Besitzer. Zu Hause angekommen, machte man sich über den schlappen Eindruck, den der Welpe machte, als Ersthundebesitzer zunächst wenig Sorgen. Sicherlich war er erschöpft von der Fahrt, der Hitze und der Tatsache, von der Mutter und den Geschwistern getrennt zu sein. Doch als sich der Zustand des Welpen nicht besserte, zog man es nach zwei Tagen vor, einen Tierarzt aufzusuchen.

Dort stellte man schnell fest, das Paul, so hieß der Hund inzwischen, nicht nur hochgradig verwurmt und von anderen Parasiten befallen war, sondern auch, dass er höchstens vier statt der angeblichen acht Wochen alt war. Das Hundebaby musste über Wochen sehr zeit- und natürlich auch kostenintensiv wieder aufgepäppelt werden. Nur blieb bei der ganzen Päppelei die soziale Erziehung des Hundes vollkommen außer Acht. Als ich Paul kennenlernte, war er ein rotzfrecher, ungehobelter Welpe von fünfeinhalb Monaten, der seine Familie voll im Griff hatte und diese anknurrte, sobald man ihm nicht seinen Willen ließ.

Wir arbeiteten daraufhin liebevoll, aber konsequent mit ihm, um ihn von seinem - aus seiner Sicht - rudelführenden Posten zu entheben. Die Familie musste lernen, ihr Verhalten dem Hund gegenüber total umzustellen. Etliche kleine Verhaltensänderungen machten aus Paul in relativ kurzer Zeit einen seinem Alter entsprechenden und erzogenen Familienhund. Bei einem qualifizierten Züchter hätte man rund 1.000 Euro für einen reinrassigen Labrador- Retriever bezahlen müssen. Dafür bekommt man einen entwurmten, geimpften, gut sozialisierten und gesunden acht Wochen alten Welpen. Mit den Kosten für die Anschaffung von Paul (Tierarzt, Medikamente und Training) lag die Familie knapp über dem Welpenpreis vom Züchter.

Paul hat inzwischen den Besitzer gewechselt, denn mit wachsendem Alter war deutlich zu erkennen, das er ein Labrador-Mix ist, und zwar so ein Mix, den Herrchen bestimmt nicht als Familienhund für seine Kinder ausgewählt hätte. Leider ließ sich das Herrchen nicht überzeugen, Paul zu behalten. Überzeugt ist er allerdings davon, das er nie wieder einen Hund vom Markt kauft.

Die Autorin ist Hundetrainerin auf Mallorca, Tel.: 648-60 03 30.