Meine Palme, mein Pool, mein Esel. Das ist der Dreiklang, den viele deutschsprachige Finca-­Besitzer auf Mallorca verinnerlicht haben. Um der Nachfrage der idyllesuchenden Mitteleuropäer nach dem Mittelmeer-Faszinosum gerecht zu werden, hatte Renate Hiesberger vor 27 Jahren eine zündende Idee: Wie wäre es, eine Zuchtstation für Esel einzurichten? Gesagt, getan. Seitdem verkauft die Österreicherin die Tiere an Interessenten, vor allem an Bundesbürger. „Esel sind die Lieblinge der Deutschen", sagt sie. Allerdings: Auch ein auf Menorca wohnhafter russischer Geschäftsmann liebäugelt mit den properen Exemplaren der Finca.

Die Einrichtung liegt versteckt bei Artà in Blickweite der lieblichen Hügelkette Serres des Llevant, ganz im Nordosten der Insel. Die Atmo­­sphäre hier ist erwartungsgemäß anders als in den Urlaubszentren mit dem unvermeidbaren Party-, Strand- und Businessgewusel. Still und beschaulich liegt die Landschaft unter der warmen Frühlingssonne, die Insekten summen, die Vögel singen. Willkommen im mallorquinischen Niemandsland.

Momentan leben auf dem etwa zehn Hektar großen Gehöft, dessen verwinkeltes Hauptgebäude mit seinen niedrigen Zimmerdecken über hundert Jahre alt ist, 30 struppige Esel, darunter der von Geburt an blinde „Couscous", der hier neben Enten, ­Ponys und Hühnern Teil des Inventars ist. Die Zuchttiere sind braun, weiß, grau und mehrfarbig und folgen jeder Anweisung ihrer Herrin aufs Wort.

Esel sind charakterlich ganz anders als noch immer vom Volksmund kolportiert. Der Esel als solcher ist weder notorisch störrisch, noch schlägt er permanent mit den Hinterbeinen aus. „Sie sind gutmütig, genügsam, nie hektisch und geradezu liebenswert", sagt ­Renate Hiesberger. „Esel haben die Ruhe weg." Man müsse ihnen allerdings beibringen, wer das Sagen hat. Aber das sei keine Hexerei.

Auch dümmlich ist die ­Kreatur – von „Eselei" ist nicht nur im deutschsprachigen Raum die Rede – keineswegs. „Esel sind wesentlich intelligenter als Pferde", sagt die Züchterin, blickt über die weite, baumbestandene Landschaft und konterkariert damit lakonisch ein weitverbreitetes Vorurteil. Und nicht nur das: Esel haben auch ein sehr gutes Gedächtnis. In diesem Zusammenhang kommt Renate Hiesberger geradezu ins Fabulieren: „Ich habe eine Tochter mit langem blonden Haar, und früher ritt sie immer mal wieder auf dem Eselhengst „Charly". Daraufhin wurde das Tier immer sehr zutraulich, wenn Frauen mit blondem Haar auftauchten." Sei es dagegen einem Mann begegnet, habe es sich scheu verdrückt.

Der Verkauf von Zucht-Eseln ist das eine Standbein von Renate Hiesberger. Das andere ist die Bewirtung von Urlaubern. Bei ihr sind Menschen willkommen, die ehrliches Interesse an unverfälschter Natur haben, bei Ausritten nicht gleich weinerlich die Hitze beklagen und ansonsten – wie die Züchterin ausführt – nicht die Erwartungshaltung haben, „auf einer Luxusfinca mit ­Designermöbeln zu wohnen". Bei ihr sei es nicht „schickimicki", sagt sie.

Und dann können Touristen etwas erleben, was so auf Mallorca sonst kaum möglich ist: Sie können auf Eseln reiten! Dies nicht nur stundenweise, sondern – wenn ihnen danach ist – auch trekkingmäßig irgendwo in einer naturbelassenen Gegend, wohin die Tiere mit Lastwagen gebracht werden. Es ist Verhandlungssache, wie viel dafür zu bezahlen ist.

„Wer Fahrrad fahren kann, kann auch auf einem Esel reiten", sagt Renate Hiesberger. Das bedeutet, dass man auf der Finca keinerlei Reit­erfahrung benötigt und dennoch bequem durch die Landschaft geschaukelt wird.

Der Esel unterscheidet sich im Übrigen nicht nur in punkto Intelligenz vom Pferd: „Reiten auf einem Esel ist ein Mordsspaß", sagt Renate Hiesberger. Alles, was mit Pferden zu tun hat, sei dagegen ernst. Und deswegen entwickele sich ein Gruppenausritt auf der Eselsfinca häufig allein durch die Anwesenheit der Tiere zu einer großen Gaudi. Diese Erfahrung hätten vor einiger Zeit auch die Chefs einer Versicherung gemacht, die mit ernsten Mienen in feinem Zwirn angereist seien.

Auch für ausgefallenere Wünsche, die mit ihren Tieren zu tun haben, ist Renate Hiesberger offen: So hat sie schon mehrfach Hochzeiten organisiert. Um ein solch würdiges Ereignis aufzulockern, ist die Gastgeberin für jeden Spaß zu haben: So ließ sie auch schon mal mit Zylinder und Schleier geschmückte Esel als Trauzeugen an die Seite der Brautleute führen.

Wer die Eselfinca besuchen möchte, sollte sich zuvor unter Tel. 660-53 68 28 anmelden.

www.eselfinca-mallorca.com

In der Printausgabe vom 12. Mai (Nummer 575) lesen Sie außerdem:

- Handarbeiten auf Mallorca wieder "in"

- Kindermenü: Mit Lady Gaga durch den Tag

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