Sie sind Medien-Lieblinge, und das seit Jahren schon. Dass die Aktivistinnen der Tierschutz-organisation AnimaNaturalis so oft in Zeitungen und Fernsehen präsent sind, liegt letztendlich an ihrem Auftreten: Wenn es etwa zur Sommerzeit gegen Stierkämpfe geht, legt frau (und manchmal auch man) sich gern mal nackt oder halbnackt und mit blutähnlicher Schock-Farbe bepinselt als Haufen vor die Portale zu den Arenen und hält Plakate mit Fotos von ebenso blutverschmierten Stieren hoch - auch auf Mallorca.

Eier essen geht gar nicht

Dabei sind diejenigen, die sich diese Aktionen auf der Insel ausdenken, alles andere als ideologisch verbohrt oder gar verbiestert. Vanesa Moreno, Ely Oñate, Nerea Sola und Raquel Roig lächeln gewinnend beim Gespräch mit der MZ in Palma. Klar, was das vegane Leben angeht, so ist man politisch total korrekt: Tierprodukte wie Leder- oder Pelzjacken sind tabu, Fleisch und Eier sowieso, und Shows mit Tieren sowie der Besuch von Aquarien werden auch verschmäht. Aber sonst sei man drauf wie die meisten jungen Leute, sagt AnimaNaturalis-Koordinatorin Vanesa: Man schminke sich durchaus - jung, wie man sei - mit Spaß an der Sache, achte aber darauf, dass in den Produkten keine von Tieren stammenden Substanzen enthalten sind. „Übrigens haben Wissenschaftler herausgefunden, dass veganes Leben weniger krebserregend ist", weiß Mit-Koordinatorin Ely.

Nicht nur, was die Ernährung anbelangt, sondern überhaupt sei man inzwischen durch und durch mit der im Jahr 2003 gegründeten und mittlerweile in Spanien und in lateinamerikanischen Ländern wie Mexiko und Argentinien aktiven Organisation verwachsen, sagt Vanesa. „Ich selbst wurde im Jahr 2010 per Facebook auf die Organisation aufmerksam, die suchten Aktivisten gegen Stierkämpfe." Da habe sie sich flugs gemeldet. Viele AnimaNaturalis-Leute studierten an der Balearen-Universität, das Lieblingsfach sei Sozialpädagogik. Andere arbeiteten, wiederum andere seien - wie betrüblicherweise momentan so viele in Spanien - arbeitslos.

Ein Hoch auf Deutschland

Vanesa, Ely, Nerea und Raquel sind vier von insgesamt etwa 300 Mitgliedern auf den Balearen. Die meisten von ihnen sind jung, zwischen 25 und 35 Jahre alt, und darunter sind auch einige Bundesbürger. Schnell wurde man auf die zahlreichen deutschen Tierschützer aufmerksam, die sich auf ­Mallorca etwa so rührend um herrenlose Hunde und Katzen kümmern. Dieses Engagement trotzt den AnimaNaturalis-Mädels große Bewunderung ab. „Toll", sagt Vanesa. Und bei den Kutschpferden, die im Sommer bei brütender Hitze Urlauber durch die Straßen von Palma fahren, seien es zuerst die Deutschen, die den Hinweisen der AnimaNaturalis-Leute folgten, auf das Vergnügen zu verzichten.

Überhaupt Deutschland: Was das wohl für ein Land sein muss, wo man, was den Tierschutz angeht, so viel sensibler als in Spanien sei! Wo man überhaupt so rundum ökologisch sei! Die Augen der Aktivistinnen strahlen. Man sei übrigens permanent zugänglich für Hinweise auf leidende Insel-Tiere und auch für Vorschläge zur Zusammen­arbeit, etwa bei der Katzen-Sterilisierung. Es genüge, Mails auf Spanisch an ­mallorca@animanaturalis.org zu schicken.

High Noon in Fornalutx

Zu tun habe man auf der Insel auch ohne deutsche Hilfe über Gebühr, sagt Vanesa. „Ganz wichtig sind die Performances anlässlich der Stierkämpfe im Sommer." Dass immer weniger Leute dorthin gehen, „ist sicher auch unser Verdienst."

Ganz einfach haben es die AnimaNaturalis-Leute manchmal nicht: Wenn es um die gute Sache gehe, müsse man auch einstecken können, sagt Mit-Koordinatorin Ely. So wie das immer Anfang September bei der alljährlichen Hatz eines Jung-Stiers durch die Straßen des Tramuntana-Dorfs Fornalutx der Fall sei. Dieses Jahr sei es allerdings heftiger als sonst zur Sache gegangen: „Man pfiff uns aus, warf Gegenstände auf uns und zerstörte sogar eine Scheibe unseres Autos."

Aggressivität sei man leider auch gewohnt, wenn es gegen mittelständische Zirkusse wie den Circo Williams oder den Circo Roma gehe, die unter anderem Raubtiere in kleinen Käfigen halten. „Wenn wir dort aufkreuzen, schlägt uns von Seiten der Betreiber manchmal blanker Hass entgegen", klagt Ely. Dabei sei man zwar radikal und wolle keine Tiere in Zirkussen sehen, trete aber vor Ort niemals aggressiv auf und handele immer im Rahmen der Gesetze. Man verfüge über sämtliche nötigen amtlichen Genehmigungen. Trotz aller Unannehmlichkeiten hätten sich die bisherigen Protest-Aktionen mehr als gelohnt: „Wir haben inzwischen erreicht, dass immer mehr Bürgermeister diesen Zirkussen Platzverweise erteilen."

Weihnachtsüberraschung

Beflügelt von ihren Erfolgen denken sich die Tierschützerinnen auch vor Weihnachten immer mal wieder etwas Kreatives aus, um Aufmerksamkeit zu erzielen. „Voriges Jahr legte sich ein Aktivist auf der Plaça d´Espanya in Palma halbnackt auf einen Tisch, an dem fein zurechtgemachte Gäste saßen", sagt Vanesa. Damit habe man den teils bedröppelt dreinschauenden Menschen auf krasse Weise bewusst machen wollen, dass für das alljährliche Festmahl jedes Jahr Abertausende Tiere geschlachtet werden.

Was dieses Jahr gemacht werde, werde noch nicht verraten. In diesem Zusammenhang müssten auch die zahlreichen matançes - Schweineschlachtungen - auf vielen mallorquinischen fincas genannt werden, die im Dezember abgehalten werden, so Vanesa. „Aber dagegen können wir nichts machen, weil diese auf privatem Grund stattfinden."

Nacktheit ist übrigens nicht die einzige auf das größtmögliche Medien-Echo ausgerichtete Protestform der AnimaNaturalis-Leute. Man setzt zuweilen auch auf Prominente: So wurden etwa die spanische Sängerin Alaska, die argentinische Schauspielerin Marcela Kloosterboer oder die chilenische Tänzerin Maura Rivera für Aktionen einspannt. Das allerdings nicht auf Mallorca, wie Koordinatorin Vanesa anmerkt.

Aber wer weiß, vielleicht werde man auf der Insel in dieser Hinsicht ja auch mal aktiv.

www.animanaturalis.org