Sanft aber bestimmt hält der ­Wissenschaftler den Ferreret in der Hand. Eine erkennungsdienstliche Behandlung des ausschließlich auf Mallorca vorkommenden Froschlurchs Alytes muletensis kann bis zu einer Stunde andauern. Der eiertragenden Männchen wegen wird diese Spezies im Deutschen auch „Mallorca-Geburtshelferkröte" genannt.

Zuvor hat sich Samuel Pinya (34) mit samt seiner Ausrüstung in einen nicht zu Fuß zu erreichenden Teil eines Sturzbachs abgeseilt. Etwa 300 Ausflüge hat der Biologe zu den Felstümpeln der Serra de Tramuntana bereits hinter sich. Die auch Gumpen genannten Becken im Karstgestein sind je nach Jahreszeit mit mehr oder weniger Regenwasser gefüllt. In solchen Gumpen leben derzeit 32 Populationen mit etwa 3.000 Ferrerets, die sich jährlich mit 30.000 bis 40.000 Kaulquappen fortpflanzen.

Seit 2005 sammelt Pinya für seine Doktorarbeit an der Balearen Universität Daten über die Geburtshelferkröte. „Bisher hat sich die Forschung bevorzugt um den Nachwuchs - die Kaulquappen -gekümmert", sagt der Experte. Für seine Arbeit untersuchte er erwachsene Tiere, sein Archiv umfasst rund 5.000 Aufnahmen.

Bevor er einen Froschlurch fotografiert, vermisst er ihn. Die Länge des Rückens gibt Auskunft über das Geschlecht. Weibchen (durchschnittlich 38 Millimeter) sind größer als Männchen (34,8 Millimeter). Auch die Vermessung des ­Trommelfells hilft bei der Identifizierung: die der Männchen sind größer, dadurch können sie die nächtlichen Paarungsrufe der Weibchen besser hören. Sind die Maße notiert, wiegt der Biologe die Frösche. Sechs Gramm kann ein weibliches Tier auf die Waage bringen, trägt sie Eier im Bauch, etwas mehr.

Ist das Geschlecht bestimmt, hält Pinya die Rückenzeichnung der Tiere mit der Kamera fest. Damit sie sich während der Aufnahme nicht bewegen, setzt er die Frösche in transparente Kästchen und schließt den Deckel. „An den schwarzen Punkten kann ich erkennen, ob ich dem Exemplar schon einmal begegnet bin", sagt Pinya. Wenn ja, kann er das Alter bestimmen. Weibliche Tier werden durchschnittlich fünf, Männchen dreieinhalb Jahre alt.

„Die Männchen tragen die Last der Eier um die Hinterbeine gewickelt und auf dem Rücken". Das verkürze ihre Lebenszeit, so der Amphibienexperte. Dass sie sich dabei immer in der Nähe des Wassers aufhalten müssen, damit der Nachwuchs beim Ausschlüpfen sogleich ins Wasser gelangt, schade ihrer Gesundheit.

Der Wissenschaftler geht auch der Frage nach, warum die Frösche so winzig sind. Seiner Meinung nach lebte der Ferreret vor der Besiedlung Mallorcas auf der ganzen Insel. Er war auch von deutlich größerer Statur. Doch als der Lebensraum durch Landwirtschaft und Bebauung für ihn immer enger wurde, zog sich die Spezies in die Felsspalten des Gebirges zurück, wo sich mangels Licht und Nahrung ihre Körper zurückentwickelten. Schuld an ihrem Rückzug ist ebenfalls die Wassernatter Natrix maura, die mit den Menschen auf die Insel kam und sich schnell ausbreitete.

In den vergangenen 15 Jahren zählte man in Wassertümpeln der Serra de Tramuntana rund 100 Exemplare. „Eine einzige Wasserschlange kann die gesamten Kaulquappen-Generation vernichten", sagt Pinya. Häufig paaren sich die Ferrerets danach nicht wieder. Zum Schutz der Frösche klaubt man die Wasserschlangen aus den Wasserbecken und setzt sie anderswo aus.

Eine Bedrohung für den Ferreret-Bestand ist obendrein ein Pilz (siehe Kasten), der sich durch die Haut der Tiere frisst. Samuel Pinya zählt zu den Initiatoren der Therapie­programme, die das Umweltministerium der Balearen durchführt. Seine Dissertation wird 2014 veröffentlicht. „Die Informationen meiner Datenbank werden ein wichtiges Instrument für den Ferreret-Schutz sein", sagt Pinya.