Obwohl er gleich zwei Einträge im Guinness Buch der Rekorde aufweist, gehört der Mondfisch zu den eher unbekannten Arten. Zumeist schwimmt er fern der Küste vor sich hin. Mit einer gehörigen Portion Glück kann man ihn dann etwa von einem Segelboot aus beobachten, da er gerne mal seitlich an der Wasseroberfläche „abhängt". Wer bei der Sichtung nichts von ihm weiß, wird womöglich erschrecken: Die Rückenflosse, mit der er auf- und ab paddelt, ähnelt der eines Haies. Wer sich ihm dann nähert, könnte den grau-silbrig glänzenden Fisch aber auch für einen Delfin halten, dem ein entscheidender Teil fehlt - die Schwanzflosse.

Die hat sich beim Mondfisch im Laufe der Evolution zurückentwickelt, bis nur noch ein wellenförmiger Saum (genannt Clavus) übrig blieb. Das verleiht ihm seine charakteristische runde Form, der er auch seine zahlreichen Namen zu verdanken hat: der lateinische (Mola mola) vergleicht ihn mit einem Mühlstein, der deutsche und spanische (pez luna) wohl auch wegen der silbrig schimmernden Haut mit einem Mond, während er im englischen Sprachraum kurioserweise als sunfish bekannt ist - vermutlich deshalb, weil er sich eben gerne an der Wasseroberfläche sonnt. Manche Wissenschaftler mutmaßen, dass er sich dort aufwärmt - schließlich taucht er auf der Suche nach Nahrung bis zu 500 Meter tief.

Riese mit Papageienschnabel

Ein Indiz dafür ist sein Mageninhalt: In dem fanden Forscher sowohl Seesterne, Schwämme und Larven einer Aal-Art, die auf Fischzüge im Tiefwasser deuten, als auch verschiedene Quallen, die eher an der Wasseroberfläche zu finden sind. All seine Beutetiere schlürft der Mondfisch durch das ständig geöffnete und im Vergleich zur Körpergröße recht kleine Maul ein. Ein Schließen verhindern vier im Laufe der Jahrtausende zu zwei Knochenplatten verwachsene Vorderzähne, die optisch einem Papageien­schnabel ähneln. Erst weiter hinten im Schlund folgen krallenartige Zähne, mit welchen er die Beute dann durch Ein- und Aussaugen von Wasser zerkleinert.

Der Mondfisch selbst hat, gerade im Mittelmeer, wegen seiner Größe keine natürlichen Feinde, in den Ozeanen hingegen können ihm Orcas und Seelöwen gefährlich werden. Beim Menschen steht er zwar - außer in manchen Gegenden Asiens - nicht auf dem Speiseplan, endet aber sehr häufig als Beifang in Fischernetzen.

Dass sie kommerziell nicht verwertbar ist, dürfte einer der Gründe dafür sein, dass die Art bisher kaum erforscht wurde - erst in den vergangenen Jahren haben Wissenschaftler Versuche unternommen, mit Messsonden die Lebensgewohnheiten des Mola mola zu ergründen. Ein erstes Ergebnis: Die Knochenfische legen bis zu 27 Kilometer am Tag zurück. Zur Fortbewegung nutzt der Fisch die etwa gleichlange Rücken- und Afterflosse, die er synchron bewegt. Eine Schwimmblase hat er nicht.

Im Buch der Weltrekorde steht der Mondfisch zum einen wegen seines Gewichts: Das bis zu drei Meter lange (und eben auch hohe) Tier ist der schwerste Knochenfisch der Welt, zwei Tonnen hat das größte Exemplar auf die Waage gebracht - allerdings in Japan. Denn der Mondfisch ist nicht nur im Mittelmeer zu Hause (wo er meist etwas kleiner ist), sondern in fast allen Weltmeeren.

Den zweiten Rekord hält er wegen seiner Fruchtbarkeit: Bis zu 300 Millionen Eier legt ein mittelgroßes Weibchen auf einmal ab. Aus denen entwickeln sich etwa 1,5 Millimeter große Larven, die trotz einer sehr stacheligen Haut auf den Speiseplänen vieler anderer Arten stehen - besonders verbreitet ist der Mondfisch nach aktuellem Forschungsstand in den Weltmeeren nämlich nicht.

Die Larven weisen in einem frühen Entwicklungsstadium übrigens noch die Schwanzflosse auf, die den ausgewachsenen Tieren fehlt, erst wenn sie größer werden, bildet sie sich zurück. Als Jungtiere schwimmen die Mondfische in Gruppen, später sind sie meist als Einzelgänger unterwegs. Von der Larve bis zum ausgewachsenen Fisch nimmt der Mondfisch etwa das 60-millionenfache an Gewicht zu - das wäre doch fast einen dritten Rekord wert.

Parasiten-Paradies

Eine Besonderheit ist auch die schuppenlose und mit einer Schleimschicht überzogene Haut: Die hat - je nach Quelle - eine Durchmesser vom 7,5 bis zu 15 Zentimeter und macht den Fisch so nicht nur zu einem echten Dickhäuter, sondern auch zu einem beliebten Wirt von Parasiten. Bis zu 40 verschiedene Arten haben Wissenschaftler gezählt, die US-amerikanische Expertin Tierney Thys scherzte bei einem wunderbar humorvollen und empfehlenswerten Ted-Vortrag: "Selbst seine Parasiten haben Parasiten".

Den Ungezieferbefall sehen manche Forscher als den eigentlichen Grund für die horizontalen „Sonnenbäder" des Fischs: Die UV-Strahlung könnte helfen, die oft auch krankheitsauslösenden Schmarotzer abzutöten. Unter Wasser sieht man den Mondfisch denn auch oft umgeben von Putzerfischen, die sich an seinen blinden Passagieren gütlich tun. Der Riese genießt und hält still - ein Glück für Taucher, die den Mola mola so zum Beispiel vor El Toro hin und wieder vor die Linse bekommen.