Sie gehen wieder um: Hundediebe treiben auf der Insel seit einigen Wochen verstärkt ihr Unwesen. Vor allem auf abgelegenen Fincas und Privatgrundstücken, aber auch von der perrera, der Hundeauffang­station in Inca sind in den vergangenen Monaten immer wieder Vierbeiner abhanden gekommen. Dass es sich bei den gestohlenen Hunden vor allem um Pitbull-Terrier handelt, lässt bei Tierliebhabern die Alarmglocken schrillen.

Für Carmen Rojas von der Asociación animalista de les Illes Balears (ASSAIB) ist die Sache klar: „Die Tiere werden gestohlen, scharf gemacht und dann bei illegalen Hundekämpfen aufeinander losgelassen." Dass es diese Kämpfe auf der Insel gebe, wisse man aus gesicherten Quellen, genauso wie es auch Hahnenkämpfe gebe, die selbstverständlich ebenfalls illegal seien. „Erst fünf Minuten, bevor Sie angerufen haben, hat mich ein anonymer Hinweis erreicht, dass an Freitag- und Samstagabenden Hunde­kämpfe in Palmas Viertel Es Rafal stattfinden", erzählt die Tierschützerin aufgebracht. Auch in anderen Vierteln Palmas, wie etwa La Soledat oder Son Banya, würden solche Kämpfe stattfinden.

Vor allem Bewohner von sozialen Brennpunkten seien es, die sich an Schauspielen dieser Art erfreuen. „Oft machen so etwas Menschen aus Nationen, in denen diese Kämpfe nicht verboten sind. Weil sie wissen, dass sie das hier nicht ungestraft machen können, müssen sie die Hunde eben stehlen und die Kämpfe heimlich abhalten." Verbreitet seien die Kämpfe auch unter den gitanos, den Roma. „Aber selbst von Mallorquinern in der Gegend von Sa Pobla wissen wir, dass sie Hundekämpfe abhalten."

Beweggrund dürfte nicht nur die Lust am grausamen Schauspiel, sondern auch der schnöde Mammon sein. Auf die Hundekämpfe werden mitunter hohe Summen gewettet. Pro Kampf kann man mehrere hundert Euro gewinnen. Summen von 200 bis 600 Euro kursieren im Internet. Dort finden sich auch Videos von Hundekämpfen in Spanien. Zu sehen sind Menschenansammlungen, die um einen provisorisch eingerichteten Kampfplatz sitzen, in dem sich zwei Hunde bis aufs Blut beißen. Ein Mann feuert die Tiere an und macht sie dadurch noch wilder.

Diese Zirkel seien extrem gut abgeriegelt, man komme da nicht hinein, sagt Rojas. Als Schauplätze der Hundekämpfe würden meist Privat­garagen oder Keller herhalten. „Unter freiem Himmel wird das kaum gemacht, da wäre die Gefahr zu groß, entdeckt zu werden." Dagegen vorzugehen, sei extrem schwierig, bedauert die Mallorquinerin.

Das sieht auch die für Tier- und Umweltdelikte zuständige Einsatztruppe Seprona der Guardia Civil so. Der Leiter Buenaventura Cañellas sagt: „Es ist unmöglich, diese Kämpfe zu verhindern, die können überall stattfinden. An einsamen Feldwegen, auf Fincas ?". Auch die Beamten sehen in der zunehmenden Zahl von Hundediebstählen ein Anzeichen dafür, dass sich die Hunde­kämpfe auf der Insel wachsender Beliebtheit erfreuen. Die Guardia Civil versuche, sich in die Zirkel einzuschleusen, was aber kaum gelingt. Cañellas appelliert deshalb an die Bevölkerung, wachsam zu sein und auffällige Beobachtungen oder Diebstähle von Tieren sofort zu melden. Sie auf der Finca völlig zu verhindern, sei so gut wie unmöglich.

Doch bei einer städtischen Einrichtung, wie der perrera in Inca, sollte das eigentlich möglich sein, findet Carmen Rojas. Sie ist sauer auf die Betreiber der Anlage, die Stiftung Natura Parca. In den vergangenen zwölf Monaten wurden hier fünf Hunde gestohlen, wie der Leiter des Heims, Javier Álvarez, auf MZ-Nachfrage einräumt. Álvarez ist gleichzeitig Sekretär der Natura Parc-Stiftung, die von der Stadt Inca die Konzession für die Hundeauffangstation übertragen bekommen hat. Er bemüht sich, die Vorgänge zu entdramatisieren und erklärt, von illegalen Hundekämpfen auf Mallorca nichts zu wissen. „Man spricht immer mal wieder davon, aber mir persönlich sind keine Fälle bekannt." Vielmehr geht er - zumindest in der offiziellen Lesart - davon aus, dass Hundeliebhaber die Tiere stehlen. „Es gibt viele Menschen, die gerade Kampfhunde wie Pitbull-Terrier verehren und unbedingt ein solches Tier besitzen wollen." Vielen sei es aber nicht möglich, die Hunde auf legalem Wege zu bekommen, da an ihre Haltung strenge Auflagen geknüpft sind. Das polizeiliche Führungszeugnis muss tadellos sein, der Halter muss ein psychologisches Eignungsgutachten vorlegen und eine Haftpflichtversicherung für das Tier abschließen. Zudem muss er älter als 18 Jahre sein. Álvarez könne beweisen, dass zumindest der letzte entwendete Pitbull von Hundefans gestohlen wurde, die auf legalem Wege nicht an ein solches Tier gekommen wären. „Der Hund ist inzwischen wieder aufgetaucht, befindet sich in gutem Zustand und wurde eindeutig nicht für Hundekämpfe herangezogen." Details dürfe er allerdings nicht nennen.

Außerdem seien in Inca in diesem Jahr nicht nur Kampfhunde, sondern auch ein Setter und ein galgo, also ein Windhund, gestohlen worden. „Klar, der Setter dient den Kampfhunden als Trainingspartner. Der wird regelrecht zerbissen, wenn er als Sparringspartner eingesetzt wird", sagt Carmen Rojas. Und was mit dem Galgo passiert, das ist für Maxi Lange vom balearischen Tierschutz-Dachverband Baldea klar: „Auch die illegalen Rennen mit Windhunden kommen so langsam wieder auf der Insel in Mode." Doch auch Baldea stehe diesem Tiermissbrauch hilflos gegenüber. „Genauso wie die Hunde­kämpfe finden diese Rennen an geheimen Orten statt."

Wieso sich Hundediebe in Inca offenbar recht einfach bedienen können, ist für Rojas eindeutig: „Die Einrichtung ist ungenügend abgesichert, wir haben schon vor Jahren Anzeige beim zuständigen Ministerium gestellt und noch nicht einmal eine Antwort erhalten." Es sei ja kein Zufall, dass die Diebe immer wieder in Inca zuschlugen, wo der Zugang einfach sei. „Nachts ist da niemand, es gibt keine Kameras. Das spricht sich herum."

Javier Álvarez von der perrera dagegen behauptet, die Einrichtung sei gut gesichert. „Wir haben alles in unserer Macht Stehende getan. Die Zäune wurden nach den letzten Diebstählen noch einmal verstärkt, und wir stehen in Kontakt mit den Betreibern der Kläranlage, deren Grundstück an unseres grenzt, und über das beim letzten Mal die Diebe eingedrungen sind." Gemeinsam wolle man das Problem in den Griff bekommen. Man könne allerdings keinen Wachmann zahlen, der auch nachts aufpasse. Es helfe allerdings nicht gerade, dass immer wieder in den Medien die Rede von den Diebstählen in Inca sei. „Die potenziellen Diebe werden natürlich so auf unsere perrera aufmerksam gemacht. Die perreras in Sant Llorenç oder anderen Orten kennt niemand."

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