Schweine, Schafe, Ziegen, Hühner ... Mallorcas typische Tierrassen kann man in den Naturparks und auf jeder größeren fira bestaunen. Nicht zu vergessen der ratero mallorquín, bekannt wie ein bunter Hund, verschafft er sich doch überall kläffend Gehör.

Nur das stolzeste, das eleganteste Tier der Insel scheint man in den vergangenen 150 Jahren aus den Augen verloren zu haben. Oder haben Sie schon mal vom caballo mallorquín, dem Mallorquinischen Pferd gehört? Selbst Pferdeliebhaber schütteln den Kopf, sie kennen meist die schwarzen menorquinischen Pferde, doch die wenigsten wissen, dass auch Mallorca eine eingetragene Pferderasse besitzt.

Die Inselpferde zu finden ist gar nicht so leicht, da es nur noch wenige Tiere gibt. Erst wurden ab Mitte des 19. Jahrhunderts fremde Rassen auf Mallorca angesiedelt, dann verschwand das mallorquinische Pferd mit dem zunehmenden Einsatz von Maschinen in der Landwirtschaft aus den Ställen der Bauern. Leider kümmerte sich lange Zeit niemand um die Erhaltung der Inselrasse, wie auch die Balearen-Regierung auf ihrer Internetseite zugibt. Das änderte sich erst in den 80er Jahren. Damals machte sich eine Gruppe von Pferdefans für die Mallorquiner stark. 1988 dann wurde die mallorquinische Rasse „Pura raza mallorquina" (P.R.Ma) offiziell in Madrid registriert.

„1986 gab es nur noch 27 Stuten und sechs Hengste auf der Insel", sagt Pferdeliebhaberin Stefanie Ulrich. 2002 waren es wieder über 150 Tiere, dieses Jahr sind laut Pferdezuchtverband etwas mehr als 300 Pferde gemeldet. Der Mallorquiner stammt vom iberischen Pferd ab, in ihm fließt nicht nur mallorquinisches, sondern auch katalanisches und menorquinisches Blut. „Früher wurde er mit Maultieren gekreuzt, um starke Arbeitstiere zu züchten", so die 34-jährige Deutsche, die mit ihrem Blog purarazamallorquina.wordpress.com helfen möchte, das mallorquinische Pferd bekannter zu machen. „Weil es ein Stück von Mallorca und eine besondere Pferderasse ist", sagt die gebürtige Freiburgerin, die auf einer Finca in Inca lebt. Drei Pferde besitzt sie bereits, jetzt soll noch ein Mallorquiner dazu kommen. „Ich habe mich total verliebt", erzählt sie, „in ein schwarzes Fohlen namens Violetta."

Violetta ist sieben Monate alt, eine reinrassige Mallorquiner-Stute und auf der Reitanlage von Marion Hackner in Algaida geboren. Die staatlich geprüfte Bereiterin und Richterin in der Disziplin Western ist die einzige Österreicherin, die Mallorquiner züchtet. 2011 hatte sie das Glück, von einem deutsch-mallorquinischen Paar das Gestüt Ses Pastores zu erwerben - mit sechs mallorquinischen Zuchtstuten, die sechs verschiedenen Linien angehören, unter anderem der von Pedro Salas, der als einer der Begründer der mallorquinischen Pferderasse gilt. Die 40-Jährige aus St. Pölten gewann mit ihren Stuten bereits alle Preise, die man auf den Zuchtschauen der Balearen gewinnen kann.

Zwei Fohlen wurden in diesem Jahr bereits geboren, Stute Violetta SP und Hengst Vangelis SP, wobei SP die Abkürzung für den Gestütsnamen ist. Drei weitere Stuten sind trächtig und sollen im nächsten Frühjahr fohlen. „In diesem Jahr sind erst drei Fohlen beim Mallorquinischen Pferdezuchtverband in Inca registriert worden", sagt Marion Hackner, die seit 13 Jahren auf Mallorca lebt. Kein Wunder also, dass es mit der mallorquinischen Pferderasse nicht gerade rasant bergauf geht.

Zugelassen sind ausschließlich Rappen mit tiefschwarzem Fell, erlaubt sind nur kleine weiße Abzeichen auf der Stirn. Das Stockmaß der Tiere liegt zwischen 1,55 Meter und 1,65 Meter. Rassetypisch ist der Ramskopf, Marion Hackner bevorzugt einen geraden, kleinen Kopf. „Mallorquiner hat man nie mit anderen Pferderassen gekreuzt, lediglich zu Anfang wurde die Pura Raza Espanola zur Stammerhaltung eingekreuzt", erklärt die Züchterin. Während das menorquinische Pferd mit englischem Vollblut gekreuzt wurde, um es feiner zu machen, ist der Mallorquiner ursprünglich geblieben.

Den Mallorquinischen Pferdezuchtverband gibt es erst seit 1992, er hat knapp 50 Mitglieder und listet aktuell 14 Zuchthengste. Einer davon steht zum Beispiel im Natura Parc in Santa Eugenia zusammen mit zwei Stuten und zwei Fohlen. Ein weiterer Name auf der offiziellen Besamungsliste ist Verderol LP. Der zwölfjährige Hengst vom Gestüt Llorenç Payeras gehört Juan Torrens und Juana Suau in Campanet. Das Paar hält seit 17 Jahren mallorquinische Pferde, derzeit zwei Hengste und einen Wallach. Verderol LP deckte auch die fünf Stuten auf dem Hof von Marion Hackner.

Mit den Nachkommen möchte die Österreicherin einen eigenen Hengst für ihr Gestüt züchten. „Ich lasse nur die großen, schweren Stuten decken, um Fohlen zu züchten, die auch im Sport gehen können." Sie reitet mit ihren Mallorquinern im Gelände, bildet sie in Dressur und Springen aus sowie in den Westerndisziplinen Team Penning und Ranch Sorting, bei denen man mit Rindern arbeitet. „Der Mallorquiner ist extrem vielseitig, dazu bequem, hat weiche Gänge und einen ausgeglichenen, willigen Charakter", schwärmt sie.

Warum er dennoch wenig bekannt und kaum verbreitet ist, dafür nennt Züchter Miquel Torrens gleich mehrere Gründe: die Krise, die leere Kasse des Verbands, der nur aus Freiwilligen besteht, und die fehlenden Zuchtschauen und Turniere. Auch auf Seiten der Züchter, die schon für einen Eintrag ins Zuchtbuch 600 Euro pro Pferd berappen müssen, fehlt das Geld. „Der Einsatz lohnt sich kaum, da der Markt für Mallorquinische Pferde quasi nicht existiert", erzählt Miquel Torrens. Bereits acht Jahre ist es her, dass Pferdezüchter aus Mallorca mit ihren schönsten Rappen zum internationalen Pferde-Salon in Paris fuhren. Was aus den in Frankreich verkauften zwei, drei Fohlen wurde, ist in Inca nicht bekannt.

„Die Subventionen wurden gestrichen, von der Landesregierung erhalten wir keine Unterstützung mehr", sagt Miquel Torrens, der seit 1997 Verbandsmitglied ist. Einen Beitrag leiste die Regierung aber schon, um das Urpferd Mallorcas nicht aussterben zu lassen: Die berittene Polizei von Palma ist per Gesetz dazu verpflichtet, mindestens einen mallorquinischen Hengst sowie fünfzig Prozent mallorquinische Pferde im Stall zu halten.

Außerhalb von Palma gibt es aber kaum Chancen, einem Mallorquiner zu begegnen. „Wir reiten mit einigen Pferden auf den Sant Antoni-Festen in Inca mit", so Miquel Torrens, der seine Tiere vor allem vor die Kutsche spannt. Doch wie auf allen Inselfesten seien auch in Inca die Menorquiner in der Überzahl. „Zwei, drei Mallorquiner machen gegen sechs bis acht Menorquiner einfach nichts her. Um sie angemessen zu präsentieren, müssten es mehr sein."

Zum Beispiel acht. Marion Hackner blickt stolz zu ihren Schützlingen, die sie nach der Arbeit in der Reitbahn zusammen mit den Fohlen und Mutterstuten auf der Koppel frei laufen lässt. Wenn acht Mallorquiner mit wehenden Mähnen über ein Feld jagen, am Ende eine große Kurve drehen und mit donnernden Hufen zurück zu den Zuschauern galoppieren, dann ist das ein Bild für die Pferdegötter.