Es ist dieser Tage auf Mallorca kaum möglich, die Fenster lange offen zu lassen, ohne dass stechwütige Mücken in die Häuser eindringen - auf dem freien Feld unweit stehender Wasserflächen nicht selten im Pulk. Fachleute bestätigen, dass die Plage dieses Jahr besonders ausgeprägt ist. „Das liegt daran, dass der Herbst bislang erstens mild und zweitens regnerischer als üblich gewesen ist", sagt Miguel Ángel Miranda, auf Insekten spezialisierter Biologe an der Balearen-Universität UIB. Noch bis in den November hinein müsse man die nervigen Tierchen ertragen. „Dann verschwinden sie, weil es deutlich kühler wird."

Wobei die Zahl der Mücken je nach der Lage eines Ortes gehörig schwankt. In Gegenden mit großflächigen stehenden Gewässern wie dem Naturpark Albufera bei Alcúdia oder dem Pla de Sant Jordi nördlich des Flughafens, dem Feuchtgebiet Ses Fontanelles oder der Gegend um Son Ferriol vermehren sich die Tiere stärker als woanders.

Auch Sometimes, eine Wohnsiedlung östlich von Palma, ist Mücken-Territorium. Dort fühlen sich die Anwohner dermaßen belästigt, dass sie sogar eine Bürgerinitiative gründeten, um bei der Stadtverwaltung Druck zu machen, etwas gegen die „Mückenwolken" zu unternehmen. Sie fordern, eine deutliche Erhöhung der städtischen Sprüh-Einsätze. In den Apotheken der Gegend sind mittlerweile die Insektenschutzmittel ausgegangen, manch ein entnervter Bürger beschmiert und besprühte sich und sein Haustiere dort mit bis zu fünf Substanzen gleichzeitig.

Grund genug, sich einmal genauer mit den Biestern zu beschäftigen. Auf Mallorca stechen drei Mückenarten zu: zwei Alteingesessene, die eher harmlos sind, und eine Eingeschleppte, die wegen eines möglichen Erkrankungsrisikos gefährlicher ist.

Mücke 1: Ochlerotatus caspius

Zunächst einmal sind da die heimischen Mücken der Unterart Ochlerotatus caspius. „Die legen ihre Eier besonders in flachen Pfützen ab, sowohl mitten in den Städten und Dörfern als auch auf dem Lande", so Miranda. Laut dem Biologen betätigen sie ihre Saugrüssel besonders oft zwischen 19 und 22 Uhr und machen sich mit Vorliebe über Füße und Beine unterhalb der Knie her.

Vor der Plage in diesem Herbst war etwas Ähnliches im Mai 2010 geschehen (im Frühling ist bis Juli ebenfalls Mückenzeit), als sich die Zahl der Ochlerotatus caspius-Exemplare auf Mallorca wegen anhaltender Regenfälle und hoher Temperaturen explosions­artig auf das Fünf­fache des Üblichen erhöhte. Diese Mücken verschmähen Tiere und haben sich auf Menschen spezialisiert, deren Schweißgeruch sie, so Miranda, „besonders anzieht". Ein wirksamer Schutz sind Socken, Schuhen und lange Hosenbeine.

Mücke 2: Culex pipiens

Die zweite auf Mallorca heimische Unterart heißt Culex pipiens. Im Unterschied zur Ochlerotatus caspius legt diese Spezies ihre Eier auch in Swimming Pools und auf den auf der Insel weit verbreiteten safareigs ab - Becken zur Bewässerung von Ackerflächen. Die drei bis sieben Millimeter langen, sogar in Wüstenstaaten wie Saudi-Arabien verbreiteten Tierchen sind bereits nach zwei Wochen flügge und leben bis zu drei Wochen.

„Nur die Culex-pipiens-Weibchen saugen Tier- oder Menschenblut, die Männchen ernähren sich von Pollen und Früchten", weiß Miranda. Das Problem von Exemplaren dieser Mückenart ist, dass sie theoretisch auch Krankheiten übertragen können - Hirnhautentzündung etwa, auch japanische Enzephalitis und das West-Nil-Fieber, eine Krankheit, von der derzeit besonders die USA betroffen sind. „Auf Mallorca wurde aber durch solche Mücken bislang keine dieser Krankheiten übertragen."

Mücke 3: Aedes albopictus

Anders sieht die Sache bei der erstmals 2014 auf der Insel festgestellten, aus Asien eingeschleppten Tigermücke aus - Aedes albopictus (die MZ berichtete). Die möglicherweise in Schiffs­containern nach Mallorca gelangten Insekten mit dem schwarz-weiß gestreiften Körper, die den ganzen Tag über und auch nachts stechen, können gefährliche Tropenkrankheiten wie das Gelb-, das Dengue- und das Chikungunya-Fieber übertragen, sofern sie zuvor eine damit infizierte Person gestochen haben.

„In Frankreich und Italien gab es schon solche Fälle", sagt Biologe Miranda, der das Risiko, sich diese Krankheiten auch auf Mallorca einzufangen, dennoch für gering hält. Doch man weiß nie, und deswegen stellen Schädlingsbekämpfer den zwei bis zehn Millimeter großen Insekten, die vor allem im Großraum Palma verbreitet sind, derzeit mit Fallen und dem Einsatz von Spezial-­Giften nach. Wer Tigermücken sieht, sollte dies der 24-Stunden-Hotline 112 melden.

Dass die Stiche von Exemplaren gewisser Mückenarten größer, lang anhaltender und schmerzhafter als die von anderen sind, ist übrigens eine Legende. „Wie groß die Schwellung wird und wie sehr es juckt, hängt von den einzelnen Menschen ab", sagt Miranda. Die chemische Zusammensetzung des Schweißes und der ausgeatmeten Luft bestimmen Größe, Dauer und Intensität eines Stichs. Davon hängt auch ab, ob Mücken den einen Körper verschmähen und sich auf einen anderen geradezu stürzen. „Wir riechen eben nicht alle gleich."