Wer kennt das nicht? Ein Summen nahe am Gesicht, man schlägt mit der flachen Hand danach, aber zu spät! Die Mücke hat schon zugeschlagen. Mückenstiche sind lästig. Besonders unangenehm sind aber die der Tigermücke. Ihr Sekret verursacht schmerzhafte Entzündungen unter der Haut. Der biologische Name der auf Mallorca vorkommenden Tigermücke ist Aedes ­albopictus.

Sie stammt eigentlich aus Asien, wird deswegen auch ­Asiatische ­Tigermücke genannt. Nicht zu verwechseln ist sie mit der Aedes aegypti, der Ägyptischen Tigermücke. Diese ist für Gelbfieber- und Dengue-Epidemien in Lateinamerika oder Afrika verantwortlich. Die Asiatische Tigermücke hat noch keine dieser Krankheiten übertragen, ist dazu aber durchaus in der Lage. Deswegen ist die Weltgesundheitsorganisation (WHO) auch für Europa in Alarmstimmung.

Auf Mallorca ist die Asiatische Tigermücke seit 2012 verbreitet. Abgestandenes Wasser, warme Temperaturen und lange Sommertage begünstigen ihre Verbreitung. „Mittlerweile ist sie etwa auf der Hälfte der Insel anzutreffen", sagt der Insektologe Miguel Ángel Miranda von der Balearen-Universität UIB. Besonders häufig finde man sie in den Gemeinden im Westen der Insel. „Dort, in der Nähe von Bunyola, hat man sie 2012 auch zum ersten Mal gesichtet", sagt Miranda. Seither vermehre sich diese Mückenpopulation von Jahr zu Jahr.

Weiß gestreiftes Biest

Die Tigermücke hat eine prägnante Musterung: weiße Streifen an verschiedenen Stellen ihres bis zu einem Zentimeter großen Körpers. Die Weibchen legen an die 200 Eier. Brutstätte ist abgestandenes Wasser. Am wohlsten fühlen sich Tiger­mücken bei Temperaturen um die 25 Grad. Nach etwa 15 bis 20 Tagen schlüpft der Nachwuchs aus den Eiern, heißt es in einer Informationsbroschüre der Balearen-Regierung. Im Gegensatz zu anderen Mücken ist die Tigermücke am Tag aktiv.

Ihre Stiche sind eigentlich nicht gefährlich, meist jedoch schmerzhafter als die gewöhnlicher Mücken. Wie die Tigermücke aus Asien nach Europa kam, ist unklar. Wissenschaftler vermuten, dass sie mit Handelsware auf den Kontinent gelangt ist. In Spanien hat sie sich laut European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) neben den Balearen auch an der Küste von Barcelona bis nach Murcia angesiedelt.

Viren im Speichel

Wie andere Mückenarten der Gattung Aedes kann auch die Tigermücke Krankheiten übertragen, wenn sie zuvor eine bereits infizierte Person sticht. Sie trägt das Virus dann in einem Speichelsekret weiter zur nächsten Person, von der sie sich ernährt. Eine Übertragung des Zika-Virus oder anderer Krankheiten sei bisher nicht bekannt, so die Balearen-Regierung auf ihrer Internetseite.

Es ist aber davon auszugehen, dass sie ebenso wie die Ägyptische Tiger­mücke als sogenannter Vektor agiert und neben Zika auch Dengue, Chikungunya und das Gelbfieber­virus übertragen kann. Aedes aegypti ist bislang zum Beispiel auf Madeira und an der Schwarzmeerküste in Georgien und Russland zu finden, nicht aber auf Mallorca. Trotzdem warnt die WHO: Auch im Mittelmeerraum bestehe das Risiko einer Ansteckung durch die Asiatische Tigermücke, wenn nicht Vorkehrungen getroffen würden.

In Spanien gab es Anfang Juli den ersten Fall von Zika, der nicht aus einem anderen Land importiert war. Eine Frau hatte sich durch Geschlechtsverkehr bei ihrem Partner angesteckt, der zuvor nach Lateinamerika gereist war. „Auf den Balearen hat es bis dato vier Fälle von Zika gegeben", sagt UIB-Forscher Miranda. Alle vier Patienten haben sich auf ihren Reisen in Lateinamerika infiziert. Im Umfeld dieser Personen wird nun darauf geachtet, dass sich dort keine Tigermücken aufhalten, die das Virus in sich aufnehmen könnten.

Das machen die Gemeinden

Die Gemeinden der Insel haben bereits im April mit Maßnahmen zur Eindämmung begonnen. Momentan arbeitet das balearische Gesundheitsministerium ­zusammen mit Forschern der UIB an einer aktualisierten Karte, die zeigen soll, wo die Tigermücke auf den Inseln besonders verbreitet ist. „Sie soll im September veröffentlicht werden", sagt Insektologe Miranda. Außerdem werden Informationen darüber zusammengetragen, auf welche Mittel die Gemeinden zurückgreifen können, um die Plage einzudämmen.

Dazu gehört neben der Schädlingsbekämpfung auch die Aufklärung der Bevölkerung. Denn die meisten Larven schlüpfen auf Privatgrundstücken. Warum? Weil Tigermücken-Weibchen ihre Eier gerne in stehende und vor allem begrenzte Gewässer legen, sprich in Eimer, Blumentöpfe und ähnliche Behälter mit abgestandenem Wasser. Um das zu vermeiden, sollte man regelmäßig die Untertöpfe seiner Pflanzen ausleeren oder sie mit Sand füllen, der das Wasser aufsaugt.

Die Gemeinden setzen zur Bekämpfung der Tigermücken punktuell biologische Insektizide ein, die den Larven auf den Leib rücken. Möglich seien auch chemische ­Insektizide, die bereits ausgewachsene Tiere töten. Diese seien aber weniger effektiv und könnten nur großflächig eingesetzt werden. Sie seien schädlicher für Umwelt und Gesundheit und würden nur in Ausnahmefällen zum Einsatz kommen. Zur Durchführung werden speziell darauf ausgerichtete Unternehmen beauftragt.

In Palma und Calvià gehe man regelmäßig gegen die Tigermücke vor, in anderen Gemeinden nur sporadisch, sagt Miranda. Das Problem sei, dass ein einheitliches Konzept für die gesamte Insel fehle. Außerdem müsse die Bevölkerung noch besser informiert werden.

Mücken melden per App

Bürger können auch noch auf einem anderen Weg helfen. Das Forschungszentrum Ceab (Centro de Estudios Avanzados de Blanes) in der Nähe von Barcelona hat eine App entwickelt, mit der die Bürger Standorte von Tigermücken auf der ganzen Welt melden können. Die App heißt „Atrapa el Tigre" - Fang den Tiger. Mit ihr kann man Fotos von Stichen, von toten Tieren oder von Larven an das Forschungsteam schicken.

Die Wissenschaftler bewerten, ob es sich um eine Art der Tigermücke handelt, und zeichnen den Fundort auf einer Karte ein. Für die Balearen sind in diesem Jahr mehr als 40 Meldungen eingegangen. Auf der Website www.mosquitoalert.com wird das Projekt ausführlicher erklärt.