Die Bilder der Insekten, die auf den Balearen Blüten bestäuben, haben jetzt den Elfenbeinturm der Wissenschaft verlassen und sind für alle zugänglich, die sich dafür interessieren. Die in drei Sprachen - Spanisch, Katalanisch, Englisch - verfasste Website (http://polinib.info) stellte Anna Traveset kürzlich der Presse vor. „Nur Insekten, die wir kennen, können wir schützen", sagt die Leiterin des Laboratorio Terrestre des Forschungsinstituts Imedea und des spanischen Wissen­schaftsrates CSIC.

In Zusammenarbeit mit der Universität der Balearen (UIB) werden im Rahmen des Projekts „Polinizadores" seit 20 Jahren Blütenbesuche von Insekten dokumentiert. Die Datenbank umfasst mittlerweile an die 8.000 Einträge. Außen vor blieb bei den Studien die Honigbiene Apis mellifera, die einzige Spezies der vielen Bienenarten, die von Imkern betreut wird. Diese Bienen sind, so Anna Traveset, schon genügend erforscht worden. Ebenso die Hummelart Bombus terrestris, die eigens für Gewächshäuser gezüchtet wird, weil Honig- und Wildbienen innerhalb von Glas- oder Plastikwänden nicht aktiv werden.Die Bedrohung

Die BedrohungWenn vom Bienensterben die Rede ist und Zahlen auf den Tisch kommen, ist meist von Honigbienen die Rede. Über die Bestände der wild lebenden Bestäuber gibt es wenig Information. Manche Forscher vermuten, dass polini­zadores wie Schmetterlinge, Falter, Schwebefliegen, Ameisen und einige Käferarten robuster sind als die Spezies der Honigbiene. Doch auch die wilden Bestäuber sind, wie auf der neuen Website nachzulesen, vom Artensterben betroffen: Bebauung und Intensivlandwirtschaft zerstören ihre Habitate, Herbizide und Pestizide töten sie, invasive Pflanzen und Tiere ­bringen sie in Bedrängnis. Zudem wirkt sich auch der noch nicht in all seinen Konsequenzen absehbare Klimawandel auf die Symbiose von Pflanze und Insekt aus, diesem wesentlichen Bestandteil der Ökosysteme. Ist eine Pflanze vom Aussterben bedroht, fehlt dem auf sie ­spezialisierten Insekt die Nahrungsquelle.

Die Website

Die WebsiteDie Bildergalerie der Website enthält an die 300 Fotos von blühenden Pflanzen und Insektenbesuchern. Bildunterschriften geben Auskunft über die botanischen Namen von Insekt und Pflanze sowie den Ort, an dem das Foto entstanden ist. Der Nutzer kann bei seiner Suche den Namen eines Insekts eingeben und erfährt dann, auf welche Pflanzenarten dieses spezialisiert ist. Man kann aber auch erfahren, wo überall auf den Inseln der Bestäuber vorkommt. Wird ein Pflanzenname eingegeben, so erfährt man die Insektenart, die auf das Gewächs spezialisiert ist.

Die Mitarbeit von Hobby-Entomologen oder Gartenliebhabern soll die Website bereichern. Unter „Colabora" können Fotos von bestäubenden Insekten per Mail an das Institut gesendet werden.Die Forschung

Die ForschungDer Puig Major, Mallorcas höchster Berg, ist dafür bekannt, viele seltene Pflanzenarten zu beherbergen und entsprechend gut erforscht. Dass auch Insekten ihren Weg zu diesen Blüten finden, beweist eine stattliche Anzahl von Fotos auf der Website. Insekten und Pflanzen, die auf sandigen Untergründen vorkommen, beobachteten die Wissenschaftler hingegen in Cala Mesquida. Der Naturpark s'Albufera dient für Studien von Pflanzen in Feuchtgebieten wie auch das nahe gelegene Son Bosc bei Muro.

Son Bosc ist laut Anna Traveset nicht nur für Orchideen und Vögel ein wichtiger Lebensraum, sondern auch für Insekten. 2010 begann man hier, einen Golfplatz zu bauen und richtete damit viel Zerstörung an. Nachdem das Bauvorhaben 2011 auf Druck der Umweltgruppe Gob eingestellt wurde, erholt sich das Gebiet nach und nach. Heute lässt sich hier wegen des großen Insektenangebots zuweilen sogar der schillernd bunte Bienenfresser (Merops apiaster) blicken.

„Wir beobachten die Bestäuber aus einem Abstand von einem halben Meter", berichtet die Biologin. Nur wenn eine Insektenfamilie in großer Zahl auftritt, fangen die Forscher ein männliches und ein weibliches Exemplar. Das Insektenpaar wird in ein mit Chloroform gefülltes Eppendorf-Röhrchen gesteckt und in den Schaukästen aufbewahrt.

Um zuverlässige Aussagen über das Vorkommen oder das Verschwinden der Bestäuber treffen zu können, wären aufwendige Zählungen notwendig. Aber nur auf Menorca werden momentan innerhalb eines internationalen Programms regelmäßig Schmetterlingszählungen durchgeführt.

Die Wildbienen

Die WildbienenDie wilden Verwandten der Honigbiene sind die zahlreichste Gruppe unter den Bestäubern. Die Körper der zu den Hautflüglern (Himenópteros) zählenden Insekten sind mit feinen Härchen ausgestattet. Beim Blütenbesuch verhaken sich darin Pollen, die bei der nächsten Blüte teilweise wieder abgestreift werden - das ermöglicht die sexuelle Vermehrung der Pflanze.

Mit dem proteinreichen Blütenstaub füttern die Tiere ihre Larven. Ein kräftiger Unterkiefer macht es möglich, Nektar zu schlürfen. Die Länge der Zunge entscheidet da­rüber, aus welchem Blütentyp der Nektar gewonnen werden kann. Wildbienen leben entweder allein als Solitärbienen oder in Völkern mit Sozialsystemen, die dem der Honigbienen ähnlich sind.Das Plakat

Das PlakatAls der Grafiker und Buchautor Xavier Canyelles die Zeichnungen für die Website ablieferte, kam man im Institut auf die Idee, dass ein Poster eine gute Ergänzung sein könnte. Es ist den Wildbienen gewidmet und kann als PDF auf der Website heruntergeladen werden.

Weltweit gibt es 20.000 Bienenarten, in Spanien kommen 1.100 vor, auf den Balearen 200. Von denen suchte sich Canyelles 66 Arten aus, zeichnete sie nach dem Vorbild in den Schaukästen und versah sie mit ihren botanischen Namen. Er zeichnete auch die Honigbiene und Hummel sowie einige kuriose Bienenarten, die Wespen imitieren, um aggressiver zu wirken, sowie endemische Arten, die nur auf den Balearen vorkommen. Dies sind beispielsweise die Balearische Mauerbiene (Osmia baleárica) oder die zu den Langhornbienen zählende Eucera numica baleárica.

Das Plakat finanzierte das Umweltministerium der Balearen. Es soll Lehrer im Biologieunterricht visuell unterstützen und so bei den Schülern Interesse für die vielen Unbekannten unter den Insekten wecken.

http://polinib.info