Paula bellt aufgebracht, als wir uns der Tür zum Hundehaus nähern, in dem die Mischlingsdame wohnt. Sie beschützt ihre fünf Welpen, die mit geschlossenen Augen in einem Körbchen liegen. Paula wurde auf einem Parkplatz ausgesetzt, da war sie schon schwanger. Der Zufall und das Glück brachten die Hündin ins Refugifina, einem Rückzugsort für misshandelte und verlassene Tiere in Pollença im Nordwesten von Mallorca.

Josefina Vivancos Cabanellas (71) gründete das Tierasyl Refugifina vor über 30 Jahren - mehr aus Zufall, wie sie sagt. Mit Anfang 20 kaufte sie mit ihrem Mann eine Finca im Wald. Sie bauten ein Haus und ein Apartment darauf, legten einen schönen Garten an. Eines Tages lief ein herrenloser Hund auf ihr Grundstück, der von den anderen Nachbarn verscheucht worden war. Sie hatte Mitleid mit dem Tier und nahm es bei sich auf. Kurz darauf wurde ein anderer kranker Hund bei ihr abgegeben, auch hier fühlte sich die Mallorquinerin aus Pollença für das hilflose Wesen verantwortlich. Sie beschloss, eine Tierpension zu gründen, obwohl ihr Mann anfangs dagegen war. Um wenigstens die Tierarztkosten zahlen zu können, übernahm sie kurz entschlossen eine Gartenpflege, den Job gab sie erst vor einigen Jahren auf.

Zurzeit lebt sie mit 40 Hunden auf dem 20.000 Quadratmeter großen Anwesen, es waren auch schon mal 80 bis 90 Hunde. Alle Tiere, die zu Josefina kommen, werden vom Tierarzt untersucht, gechipt und kastriert, um die Population nicht noch zu vergrößern. Die meisten Hunde bewegen sich frei auf der Finca, nur die aggressiven Tiere müssen in einem umzäunten Patio leben. Oft kommen auch kranke Hunde bei ihr an, die sie medizinisch aufpäppelt, bis sie ein neues Zuhause finden. Eher selten vermittelt sie (über Facebook) ein Tier auf der Insel, weil sie die Erfahrung gemacht hat, dass der Hund ein Jahr später ein zweites Mal vor ihrem Tor steht. „Am liebsten arbeite ich mit Deutschland und der Schweiz zusammen, weil die Menschen dort verantwortungsbewusst sind", so Josefina. Ihre Schützlinge leben aber auch in Holland, Schweden, Dänemark, Neuseeland und New York.

Um das Tierasyl zu finanzieren, gründeten Freundinnen von Josefina den Verein Refugifina. Private Zuwendungen, Spenden für die Adoption oder Geld, das beim jährlich auf der Finca stattfindenden Flohmarkt eingenommen wird (Termin 27. Mai), gehen direkt auf ein Vereinskonto. Gegen einen Beleg bekommt Josefina die Tierarzt- und Futterkosten erstattet. „Wir sind altmodisch und bezahlen überall noch mit Schecks, unterschrieben von der Vereinspräsidentin", erzählt sie. Von Beginn an war ihr wichtig, seriös und transparent zu arbeiten, was sich ausgezahlt hat: „Mein Hunde-asyl genießt Ansehen, ich bekomme viel Hilfe."

Die ältesten Vierbeiner leben mit ihr im Haus, die Sessel und Sofas tragen Hussen aus waschbarem Stoff. Zwei Hunde dürfen nachts bei ihr im Schlafzimmer schlafen, drei weitere bei ihrer Tochter Eva, die im Apartment nebenan wohnt. Gefüttert werden alle immer draußen auf der

Terrasse vor dem großen Hundehaus - ein geräumiges Apartment, das Josefina auch ganz leicht an Urlauber vermieten könnte. Dort lagern Futter und Medikamente säuberlich in Regalen. Hygiene muss schon aus Gründen der Tiergesundheit sein. Manche Streuner, die zu ihr gebracht werden, müssen zuerst in Quarantäne. Gibt der Tierarzt sein Einverständnis, dürfen sie mit den anderen zusammenleben.

Das ganze Gelände ist ausgesprochen sauber, Josefina entschuldigt sich sogar für das hohe Gras, das von einem Gärtner, der ihr stundenweise auf der Finca hilft, gemäht werden muss. Jeden Morgen reinigt sie das ganze Gelände, das Hundeapartment, sechs weitere Hundehäuser unter schattenspendenden Bäumen, den 1.300 Quadratmeter großen Hunde-Patio und das Katzenhaus. Entweder allein oder zusammen mit ihren Töchtern, wenn die berufstätigen Frauen Zeit finden. Oder mit freiwilligen Helferinnen wie Petra. Die Deutsche zog vor zwei Jahren auf die Insel und kommt seither zwei Mal in der Woche ins Refugifina, um mit anzupacken.

Um die Hunde zu versorgen, braucht Josefina aber auch Geld. Sie freut sich daher über Unterstützung von Vereinen wie Anireo in Frankfurt, einer Gruppe von Tierschützern aus Deutschland und Spanien, oder Tierfreunde Spanien. Der Verein bei Hannover sucht für Josefinas Schützlinge nach einem neuen Zuhause in Deutschland.

Es gibt Hunde, die für immer im Refugifina bleiben. Weil man es ihnen nicht antun könnte, dass sie ein weiteres Mal verlassen werden, erklärt Josefina. Mittlerweile nimmt sie keine großen Hunde mehr auf, denen fühlt sie sich körperlich nicht mehr gewachsen. Mental kriegt sie jeden Hund in den Griff, aufgegeben hat sie noch nie. „Ich habe ein starkes Gemüt", so Josefina. Die Hunde wüssten, dass sie die Chefin ist. Die Menschen denken, dass sie das alles tut, weil sie Hunde liebt. „Quatsch", erklärt die kleine Frau mit der robusten Statur. „Ich fühle vor allem eine moralische Verpflichtung." Ökonomisch sei Mallorca in den letzten Jahrzehnten zwar gewachsen, im Umwelt- und Tierschutz aber nicht, so Josefina.

Ihr größter Wunsch: Den Laden für ein paar Tage zusperren und verreisen. In all den Jahren ist sie nie weggefahren, denn wer sollte sonst die Hunde versorgen? Zu organisieren wäre das wohl, gibt sie zu, mit ihren Töchtern und den freiwilligen Helferinnen. Doch nach einem Tag ohne ihre Hunde wäre Josefinas Heimweh vermutlich riesengroß.

Mehr Infos unter www.refugifina.org